Thema: Vor 100 Jahren: Der 1. Weltkrieg aus philatelistischer Sicht
volkimal Am: 02.06.2015 18:58:40 Gelesen: 100650# 51@  
Hallo zusammen,

Der Austausch schwer verwundeter Gefangener zwischen Frankreich und Deutschland

Die Austauschstation Konstanz


Der Austausch schwer verwundeter Gefangener zwischen Frankreich und Deutschland wurde über die neutrale Schweiz abgewickelt. Die Gefangenen wurden in der Schweiz herzlich empfangen. Man brachte sie in Hotels oder Gaststätten unter, sofern keine Hospitalpflege notwendig war. Außerdem hatten die meisten Internierten in der Schweiz die Möglichkeit zu arbeiten. Notfalls wurden sie sogar in einem neuen Beruf ausgebildet.



Diesen Feldpostbrief schickte der Schmiedemeister Franz Korte an seinen Bruder „B. Korte“ in der Schweiz. Als Adresse gibt er das frühere Grand-Hotel auf der Burgfluh in Kerns an. Dort ist der Bruder aber nicht mehr, sondern er arbeitet inzwischen bei der Maschinenfabrik Schindler und Co. In Luzern. Der Brief wird dorthin nachgeschickt.

Weshalb der Feldpostbrief mit dem Auslandsporto von 20 Pfg. freigemacht wurde weiß ich nicht. Auf der Marke ein violetter Gummistempel „Aus dem Felde 5“. Zusätzlich der Stempel aus Kern, der beim Weiterleiten abgeschlagen wurde.

Interessant ist auch der Text:

„L. Bruder! Hoffe, daß diese Zeilen als eigenständiges Lebenszeichen endlich wieder zu Dir gelangen und Dich bei bester Gesundheit antreffen. Warlich eine geraume Zeit (seit Anfang _15) von wann unsere letzte Korrespondenz datiert ...“

Der Brief datiert vom 8.3.1917. Dementsprechend dürften die Brüder 2 Jahre lang keinen direkten Briefkontakt gehabt haben.



Die ersten deutschen Kriegsgefangenen kamen am 26. Januar 1916 in die Schweiz. Es handelte sich um den Austausch von je 100 an Tuberkulose erkrankten Gefangenen. In der Schweiz gab es während des Ersten Weltkrieges keine Postzensur. Deshalb richtete die deutsche Regierung bei der Austauschstation Konstanz eine Zensurstelle ein, die den Postverkehr der internierten Gefangenen in der Schweiz überwachte.

An welcher Krankheit oder Verwundung B. Korte litt, ist den drei Belegen nicht zu entnehmen. Diesen Brief schickte er in seine Heimat nach Lüchtringen bei Höxter. Er trägt den schweizerischen Zweizeiler „Kriegsgefangenen-Internierung / Luzern – Schweiz“ und einen schweizerischen Feldpoststempel vom 01.05.1917. Das Kriegsgefangenen-/Internierungslager in Luzern unterstand der Schweizer Armee (wie dies in anderen Ländern während der Weltkriege auch üblich war). Die Post von dort wurde somit auch von einer Schweizer Feldpoststelle abgewickelt. In Konstanz erhielt der Brief zusätzlich den blauen Briefstempel der Postprüfungsstelle Austauschstation.



Der dritte Brief ging von Marburg (Lahn) wieder nach Luzern. Obwohl der Ort bei der Anschrift fehlte kam er dort an. Nach dem Grand-Hotel Burgfluh in Kerns hat B. Korte wohl in der Brüggligasse 19 in Luzern gewohnt, denn auf dem letzten Brief hat er diese Adresse als Absender angegeben. Zusätzlich ging dieser Brief an diese Anschrift, wurde aber ebenfalls zu Firma Schindler und Co. weitergeleitet. Auch dieser Brief wurde in Konstanz geprüft.

Nach Kriegsende kehrten die Internierten aus der Schweiz bald nach Deutschland heim.

Wer mehr über die Internierung Verwundeter in der Schweiz und über die Austauschstation in Konstanz am Bodensee erfahren möchte, dem sein ein Artikel von Wolfgang Herterich im Gildebrief 158 (Seite 33 ff) empfohlen.

Viele Grüße
Volkmar
 
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