Thema: Estland: Belege
fdoell Am: 11.07.2015 23:35:54 Gelesen: 29328# 16@  
Hallo zusammen,

da ich im Wesentlichen Republik Estland sammle (Briefe, Postkarten, Ganzsachen, besondere Abstempelungen usw.) und auch die Sprache leidlich kann, hier ein paar Anmerkungen zu den obigen Beiträgen:

@ zockerpeppi [#6]

Der Brief der Linna pank (= Stadtbank) kann als Inlandsbrief oder auch zum Versand nach Lettland oder Litauen verwendet sein – die Gebühren betrugen dort überallhin bis 20 g 10 Senti im Zeitraum 1.2.1925–28.2.1940.

@ Mondorff [#7]

Der zweite gezeigte Beleg zeigt keine estnische Marke, sondern eine sowjetische Gs. mit 5 Kopeken, einen estnischen Maschinenfreistempel aus Tartu mit 15 Kopeken in roter Farbe und eine sowjetische Marke zu 12 Kopeken, abgestempelt am 21.08.91 (nicht 1.10. wie angegeben).

Seit 1.1.1991 hatte sich die estnische Post selbst aus dem sowjetischen Postgefüge herausgenommen, da sie die sowjetischen Postgebühren als nicht ausreichend bezeichnete. Als Noch-Sowjetrepublik konnte sie weder eigene Marken herausgeben noch konnten mehr aus Moskau angefordert werden. Daher entschied man sich zu Nebenstempeln, die es in vielen Ausführungen gibt.

Die Inlandsgebühr für einfache Briefe betrug seit 1.7.91 20 Kopeken, deshalb wurden die Umschläge mit Nebenstempel in Gesamtfrankatur 20 Kopeken auf dem Postamt verkauft. Die Marke wurde zur Erhöhung auf das Auslandsporto zugeklebt, das seit 1.4.91 für Auslandsbriefe bis 20 g 30 Kopeken betrug – der Beleg ist also mit 2 Kopeken überfrankiert.

Der dritte Beleg mit dem Rechteckstempel P.P.E für 1 Rubel Inlandsbriefgebühr ist ein Ersttagsbrief dieses Zudrucks (Portoerhöhung für einfache Inlandsbriefe erfolgte am 16.3.92 von 60 Kopeken auf 1 Rubel). Der sowjetische Gs.-Eindruck war – wie alle sowjetischen Postwertzeichen – seit dem 1.1.92 ungültig: Estland hatte am 20.8.091 seine Unabhängigkeit wiederhergestellt.

Der vierte Beleg zeigt stolz die unabhängige estnische Postleitzahl (vor der Einführung 5-stelliger PLZ im Jahr 1993), nämlich EE2400 anstelle der zu Sowjetzeiten zu benutzenden 202400.

Der fünfte gezeigte Beleg weist die nur bis zu diesem Tag noch gültige Luftpost-Frankatur Ausland für einfachen Brief von 1,50 Rubel aus – am 1.3. stieg dieses Porto auf 40 (!) Rubel an.

@ Kontrollratjunkie [#8]

Das Aufkleben von Ganzsachenausschnitten auf andere Belege war in Estland zulässig. Das Porto scheint jedoch nicht ganz zu stimmen. Auch wenn man den Stempelabdruck nicht genau lesen kann, die beiden roten Stempel (achteckiger Metall-Maschinenstempel und achteckiger Gummi-Handstempel) wurden am 15.1.92 eingeführt. Allein die Einschreibgebühr ins Ausland betrug jedoch bereits seit dem 15.12.91 3,60 Rubel, das reguläre Porto nochmals 90 Kopeken, insgesamt also 4,50 Rubel. Zu sehen sind nur 3,00 Rubel – gibt es evtl. auf der Rückseite noch Frankaturen?

@ Mondorff [#9]

Die Lochstreifen wurden auf einem Drucker der Sternwarte Tartu produziert und mit dem – nur für die Lochstreifengültigmachung verwendeten, eigentlich als Reservestempel vorgesehenen – roten Tagesstempel Tartu f mit Datum 19129100 über dem Komma zwischen Rubel- und Kopekenwert zu amtlichen Postwertzeichen. Es gibt sie in weiß, hellblau und dunkelblau. Arthur Gübeli aus der Schweiz (Mitglied der ArGe Estland) hat ein ganzes Büchlein darüber geschrieben (122 Seiten farbig geringelt, 25 €), woraus ich zitieren kann (ist in meinem Besitz); auch die Adresse für einen Bezug kann ich besorgen.

@ Heinrich3 [#11]

Die Frankatur ist eine gemischte: Der Wertstempeleindruck von 90 Kopeken wurde durch 10 Kopeken Barfrankatur zum Inlandsporto von 1 Rubel ergänzt, was durch den „Taxe percue“-Stempel und den handschriftlichen Eintrag belegt wird.

@ Mondorf [#12]

Wenn bei Dir Estland-Belege „rumliegen“ und Du nicht dazu kommst, Dich damit zu beschäftigen, nehme ich Dir auch gerne etwas ab.

@ Journalist [#14]

KaraBenNemsi hat das meiste schon ausgeführt. Der Umschlag wird für alle möglichen Postsachen der estnischen Post verwendet; die genaue versendende Stelle ist oft nur am Stempel erkenntlich. Der Abonnementsversand beispielsweise verwendet einen kleinen Rundstempel „Eesti Postmarke Tallinn – AS Eesti Post“; wobei die Fa. „Estnische Postmarke“ das Tochterunternehmen der AS Eesti Post ist, das neue Marken entwerfen und produzieren lässt sowie das Marketing und den Sammlerservice übernimmt.

Wenn jemand Belege aus Estland abzugeben hat (je sonderlicher die Frankatur, umso lieber) oder Fragen zur Beschriftung hat, mag er mich gerne kontaktieren.

Gruß
Friedhelm
 
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