Thema: Deutsche Besetzung des 1. Weltkrieges 1914/18: Amtliche Ganzsachen
sentawau Am: 21.07.2015 12:06:53 Gelesen: 47198# 39@  
@ hajo22 [#39]

Deine Bemerkung zu den Kreidepostkarten finde ich recht orginell, aber wenig glaubwürdig. Ich halte das - bitte nicht böse sein - für Unfug. Wo hast Du das gelesen?

Das ist eine interessante Frage und keinesfalls Unfug!

Sog. Kreidekarton wurde für amtliche Sonderpostkarten in Deutschland gelegentlich verwendet, erstmals bei DR P 100 – 103, dann für P 241, P 243, Danzig P 62. Warum, ist unbekannt. Kreidekarton gibt Mehrfarbendruck sehr gut wieder, lässt sich aber schlecht mit Tinte beschriften. Wer einer häufigen Unsitte folgend die Katalognummern mit Bleistift auf die Karten schreibt, sollte einmal versuchen, sie wieder auszuradieren. Er wird sich wundern. Mit Geheimtinten zu schreiben, habe ich noch nicht versucht. Aber das würde sicherlich auch Spuren hinterlassen.

Diese Empfindlichkeit mag der Grund gewesen sein, die Zivilarbeiterkarten P 7 – 9 auf Kreidekarton zu drucken. Das Beispiel wurde bei ähnlichen Anlässen wiederholt. Um bei Belgien zu bleiben: während des 2. Weltkriegs die merkwürdige Fremdarbeiterkarte aus dem Bereich des Luftgaukommandos Brüssel. Zu nennen sind ferner aus Vichy-Frankreich zwei gewöhnliche Karten (P 94 – 95), ferner eine Sonderkarte für die Weihnachtskorrespondenz mit den Kriegsgefangenen in Deutschland (P 93). Schließlich gehören dazu aus Großbritannien die vielen Formulare für die Post deutscher Kriegsgefangener. Den Amerikanern genügte für solche Korrespondenz der gekreidete Schreibgrund noch nicht. Deshalb verwendeten sie imprägniertes Material, das sich beim Befeuchten blaugrün verfärbt.

Die Verwendung des Kreidekartons zu Sicherheitszwecken ist mir seit langem geläufig. Aber ich kann diese These jetzt auch kompetent belegen. Sie wird mit offenem Ergebnis diskutiert bei Hanspeter Frech: Philatelistisch-historisches Ganzsachen-Handbuch des „Dritten Reiches“. 2014, S. 91 im Zusammenhang mit den Doppelkarten für Fremdarbeiter im Bereich des Luftgaus Brüssel.

Eine als Feldpostkarte bedarfsmäßig verwendete Zivilarbeiterkarte besitze ich auch. Eigentlich ist sie überfrankiert, denn als Feldpostkarte wäre sie portofrei. Aber die Verwendung gewöhnlicher Ganzsachen-Postkarten als Feldpostkarten kommt recht häufig vor und nicht immer waren Philatelisten die Urheber. Warum die Absender diese Versendungsart wählten, ist mir unbekannt.

Abschließend noch einmal zurück zum Dezember 2013 zu Deinem ersten Beitrag. Du hattest nach Unterscheidungsmöglichkeiten von P 10 und P 14 gefragt. Hält man die beiden Karten schräg, so erkennt man bei P 14 (und P 15) deutlich, dass die beiden Aufdruckzeilen von zwei verschiedenen Druckgängen herrühren. Die zweite Zeile glänzt, die erste ist tiefschwarz und glänzt nicht. Die Stellung der beiden Zeilen zueinander variiert und sollte daher besser außer Betracht bleiben.

Die P 14 besitze ich auch bedarfsverwendet als Feldpostkarte, ohne Truppen- oder Zensurstempel, aber mit einem sehr dünn abgeschlagenen Rollstempel Brüssel 4. VII.1918. Vom Zielort Berlin-Zehlendorf wurde die Karte nach Templin weiter geschickt.

Nachfolgend zeige ich zwei P 14 (ungebraucht/gebraucht, verschiedene Stellung des Aufdrucks!) und eine P 15 ungebraucht.


 
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