Thema: Kulturgutschutzgesetz: Für den Erhalt des privaten Sammelns
0nickyet Am: 24.07.2015 07:40:29 Gelesen: 42892# 9@  
Guten Morgen,

der Referentenentwurf der Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes bringt eine Beweislastumkehr für Güter mit einem Wert von mehr als 150.000 EUR und einem Alter von mehr als 50 Jahren ins Spiel. In diesen Fällen könnte in Zukunft eine Ausfuhrgenehmigung fällig werden, und zwar auch innerhalb der EU. Bislang ist es so, dass ein Kulturgut auf einer Liste verzeichnet sein muss, damit die Ausfuhrbeschränkung greift. Diese ist nicht nur schwierig zu handhaben - man stelle sich ein jüngst ausgegrabenes Gut der römischen Antike und den bürokratischen Prozess bis zur Aufnahme in die Liste vor, sowie die Gefahr durch die kapitalstarke Sammelwut eines "Investors" - sondern entspricht auch nicht der Auslegung europäischer Verträge.

Da es sich um einen Referentenentwurf handelt - also eine Idee, die noch innerhalb des Bundeskabinetts diskutiert werden muss, bevor sie überhaupt den Bundestagsfraktionen zur Umsetzung in einen Gesetzentwurf übergeben wird - ist er öffentlich überhaupt nicht verfügbar. Alles, was es gibt, sind offizielle Äußerungen der Ministerin, wie etwa hier [1].

Generell sollte betont werden, dass es hierbei um die Zielsetzung geht, öffentliches Kulturgut vor dem Verschwinden in private Sammlungen zu bewahren, und es damit für die demokratische Öffentlichkeit zugänglich zu halten. Briefmarken und Münzen würden zum "öffentlichen Kulturgut" überhaupt erst, wenn jemand seine Sammlung stiftet (z.B. einem Museum vermacht) oder ein übergeordnetes Interesse der allgemeinen Öffentlichkeit ausgemacht wird. Privatbesitz kann nicht beliebig in öffentliches Kulturgut umgewandelt werden, hier stehen Rechte gemäß Art. 14 Abs.1 Grundgesetz gegen Art. 73 Abs. 5a Grundgesetz.

Es ist ja gut, wenn öffentliche Wachsamkeit hinsichtlich geplanter Gesetze herrscht. Einfluss auf eine solche Diskussion erhält man aber nur, wenn man ernsthaft und sachlich diskutiert, und geeignete Verfahren wählt. Wenn ein bedenklicher Gesetzentwurf vorliegt, kann es sich lohnen, die eigenen Argumente den zuständigen Bundestagsabgeordneten zukommen zu lassen, oder durch Leserbriefe eine öffentliche Diskussion anzuregen. Vorher gibt es gar keinen Text, an dem zu debattieren wäre - weshalb auch jede/r alles behaupten kann ("Betroffen sind alle, die sich auf traditionelle Sammelgebiete wie zum Beispiel Bücher, Briefmarken, Möbel, Keramik, Münzen, Oldtimer oder Bilder spezialisiert haben" - dieser Satz des Dokuments ist "phantasievoll").

Zudem erlaube ich mir den Hinweis, dass es sich bei "openPetition" um nichts weiter als eine digitale Unterschriftenliste handelt, deren Verwendung des Begriffs "Petition" mindestens irreführend ist. Man kann dort auch gegen die Farbe des Gartenzauns seines Nachbarn protestieren, und dafür Unterschriften aus Uruguay und den Philippinen sammeln.

Mit sommerlöchrigen Grüßen
Jürgen

[1] http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/07/2015-07-15-statement-novelle-kulturgutschutzgesetz.html
 
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