Thema: Altdeutschland Thurn und Taxis: Belege
bayern klassisch Am: 13.08.2015 14:14:33 Gelesen: 146868# 37@  
@ volkimal [#36]

Hallo Volkmar,

ich bin im doppelten Sinne kein Spezialist für diesen Brief, aber ein wenig zum Aufdröseln könnte ich doch beitragen:

Oben links steht: 7 1/2 Loth / 7 1/2 Loth. Der Brief wurde also bei der Aufgabe gewogen und nach der Umkartierung später (in Kassel vermute ich mal), nachgewogen.

Unten links steht: 60 Reichsthaler. Damit steht fest, dass er "beschwert" war mit einem Wert von 60 Reichsthalern, dem Jahresverdienst eines normalen Beamten übrigens. Es war also ein Wertbrief und Wertbriefe mussten mit der Fahrpost befördert werden, wie dieser hier auch.

Oben mittig steht: Numero 10. Das war eine Fahrpost - Manualnummer, unter der er im Laufe seines Transports erfasst worden war.

Oben rechts: 16 / 2 # - auch das waren Manualnummern, unter denen er im Laufe seines Transports in der ankommenden und dann abgehenden Briefkarte zu erfassen war.

Unten mittig: Das könnte ein Nota - Bene - Zeichen sein, das für die Recommandation stand.

Unten mittig: Hier wurden 28x = 28 rheinische Kreuzer notiert, vermutlich von Frankfurt, denn Kassel rechnete nicht in rheinischen Kreuzern, sondern in Groschen und Thalern. Eventuell waren es auch 28 Schillinge, wenn der Brief von da stammt, wie ich später vermuten werde.

Oben rechts: Hier lese ich als Teilporto für den Empfänger 1 f (= florin = Gulden) 24x (24 Kreuzer). Der Absender hatte also die Bezahlung der Gebühren nur bis Kassel entrichtet und das restliche Porto, die Versicherungsgebühr usw. dem Empfänger überlassen.

Leider wissen wir wohl nicht, woher der Brief kam. Ausweislich seiner Gebührenstruktur könnte er aus Hamburg / Lübeck kommen, wo auch Reichsthaler Courantgeld (also gangbare Münze) waren. Nördlicher (Skandinavien bzw. England) würde ich ausschließen, weil er sonst ganz anders aussähe.

Man könnte auch einmal versuchen, etwas im Netz zur Freifrau von Gemmingen heraus zu finden - ich hatte mehrere Belege an sie, die in die Zeit nach Napoleon reichten (1820er Jahre) und so ähnlich sehe ich den Brief auch hier.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
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