Thema: Baldwin's Coins & Stanley Gibbons in der Strand Collectibles Group vereinigt
0nickyet Am: 02.09.2015 11:18:51 Gelesen: 75831# 84@  
@ Richard [#83]

Lieber Richard,

deine Skepsis hinsichtlich der Versprechungen von Mindestverzinsungen teile ich vollauf (wobei 10 Prozent in 10 Jahren deutlich unterhalb der durchschnittlichen Inflationsrate Großbritanniens im letzten Jahrzehnt liegt).

Der eigentliche Unsinn liegt aber in der Berechnung des Index: Für gewöhnlich beziehen sich Indizes auf Wertpapiere, die in sehr großer Stückzahl vorhanden sind und permanent gehandelt werden, dass heißt, ihr Preis realisiert sich fortlaufend, und der jeweilige Index hat eine sichere Berechnungsgrundlage.

Das ist beim Rarity Index nun aber ganz anders. Zu Grunde liegt ihm der Verkaufswert relativ seltener Marken, die nicht besonders häufig zum Verkauf stehen. Das Interesse an ihnen kann plötzlich ansteigen und genauso schnell verschwinden. Auch könnte sich der Handel verlagern, weg von Stanley Gibbons (hin zu dem, was man im Finanzsektor "Over-the-counter" nennt). Was passiert mit einem Index, dessen Grundlage der durchschnittliche Verkaufspreis dieser Raritäten auf einem sehr kleinen Markt mit nur ganz wenigen Händlern ist? Antwort: Er kann rasend schnell verfallen, sollte der Verkaufspreis auch nur einer einzigen der dreißig Marken verfallen (man denke hier an die kritischen Diskussionen um die Echtheit bzw. den philatelistischen Wert der 1 Cent British Guiana in Magenta). Sollte hingegen eine Flaute im Hochpreissektor des Philateliemarktes einsetzen - beispielsweise weil andere Investitionen interessanter sind - dann könnte sich sogar die Berechnungsgrundlage des Index insgesamt auflösen; wenn diese Marken nicht die Besitzer wechseln, gibt es nichts, worauf der Index spekulieren könnte; sein Preis würde schlichtweg vom Markt verschwinden.

Mit einem Wort: Der Stanley Gibbons Rarity Index ist ein Hochrisiko-Geschäft. Die Journalisten, die es hier anpreisen, sind mit Kompetenz gesegnet (eine komplette BRD-Sammlung sei "unter dem Ausgabepreis" zu haben), und wer ihnen folgt, hat's vermutlich auch nicht besser verdient.

Gruß,
Jürgen
 
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