Thema: Kulturgutschutzgesetz: Für den Erhalt des privaten Sammelns
mljpk Am: 23.09.2015 20:20:28 Gelesen: 40931# 28@  
Nachdem in den letzten Beiträgen der Frage nachgegangen wurde, ob durch die geplante Neuregelung des Kulturschutzgesetzes allgemein auch Briefmarkensammler betroffen sein können, und wie und warum das geplante Gesetz gegebenenfalls in seinen Auswirkungen noch beschränkt werden kann, nun eine kurze Zusammenfassung der möglichen Auswirkungen:

2. Auswirkungen für den Briefmarken- und Belegsammler ?

2.1. Bei der Ausfuhr

Nationales Kulturgut, also nur Briefmarken oder Sammlungen die in die Liste nationalen Kulturgutes aufgenommen sind oder sich in einer öffentlich oder öffentlich geförderten Sammlung befinden, bedürfen nach §§ 22 und 23 stets einer Ausfuhrgenehmigung.

Sonstige Briefmarken und Sammlungen bedürfen (wir erinnern uns an die gewollt weite Auslegung des Begriffes des Kulturgutes) nach § 24 Abs.1 i.V.m. den Alters- und Wertgrenzen der VO EG Nr.116/2009 für die Ausfuhr außerhalb und innerhalb der EU abhängig von verschiedenen Alters- und Wertgrenzen der Genehmigung.

Nach meiner Auffassung können Briefmarken unter „sonstige Antiquitäten“ nach Kategorie A Nr.15 des Anhanges I zur VO EG Nr.116/2009 fallen, womit nach außerhalb der EU ein Alter von über 100 Jahren und einem Wert von 50.000 EUR und nach innerhalb der EU ein Alter von 100 Jahren und ein Wert von 100.000 EUR maßgeblich wäre.

Der Referentenentwurf beantwortet, nach den Erläuterungen auf Seite 96 des Entwurfes wieder stark kunstmarktorientiert und damit einzelobjektbezogen zu den Wertgrenzen die Frage nicht, wie hinsichtlich einer Sammlung als Sachgesamtheit zu verfahren ist, bei der nur einzelne Objekte die Altersgrenze erreichen, und nur die Gesamtheit mit Objekten jüngeren Datums den Wert überschreitet. Kommt es hier auf den Zeitpunkt der Komposition der Sammlung an, die jeweils älteste Marke unbeachtet deren Wert, oder konsequent auf das Einzelobjekt abstellend, dass alle Einzelmarken mindestens 100 Jahre alt sein müssten, wenn nicht eine Marke für sich oder die Summe der 100 Jahre alten Marken die Wertgrenze erreichen? Hier besteht aus meiner Sicht noch Klarstellungsbedarf, bzw. bei der regelmäßig aus einer Vielzahl von Briefmarken bestehenden Sammlungen im internationalen Verkehr (hunderte oder sogar tausende Marken) einfach die Möglichkeit der Herausnahme der Briefmarken aus dem Anwendungsbereich solange sie nicht in Listen der nationalen Kulturgüter erfasst sind (insoweit Beibehaltung des alten Listenprinzips).

Bei der Wertermittlung ist der in den letzten drei Jahren gezahlte An- oder Verkaufspreis, also ein Marktpreis anzulegen. In Zweifelsfällen ist ein begründeter Schätzwert einzuholen. Nach meiner Auffassung dürften die Wertgrenzen im gewöhnlichen Sammlerverkehr nicht erreicht werden, soweit doch, dürfte die Einholung einer Genehmigung einen nur geringen Aufwand darstellen.

Jedoch stellt sich auch hier das Problem der Einschätzung z.B. bei einer Zollkontrolle einer Sendung ins Ausland, ob eine Sammlung etwa im privaten Tauschverkehr nun der Genehmigungspflicht unterliegt oder nicht. Wie bereits im letzten Beitrag angeführt müsste der Sammler für den Zweifelsfall Wertunterlagen und Katalogdaten bereit halten, was dann zu einem „faktischen Genehmigungsverfahren“ durch den Nachweis gegenüber dem Zoll über die fehlende Genehmigungspflicht trotz unterschreiten von Wertgrenzen führt. Bei gewerblichen Händlern oder einem Auktionshaus mag dies anders sein, da diese ja Kostenbelege und damit einen Marktwert nachweisen können. Bei einem Privatverkauf wird ggf. angezweifelt werden, ob Wertdeklarationen oder Kaufpreisangaben richtig oder dem Marktwert entsprechend sind. Bei einem Tausch liegt außer mühsam zu sichtenden Katalogangaben gar kein Geldwert als Ermittlungsgrundlage zu einer Genehmigungspflicht vor. Bezeichnenderweise schweigt sich der Entwurf in den Erläuterungen zur Wertermittlung auf Seite 98 völlig zu den Erwägungen und der gedachten Durchführung aus. In der Praxis wird es dann erst recht schwierig werden, in Zweifelsfällen anhand der Gesetzgebungsmaterialien eine Hilfestellung zu bekommen.

Für regelmäßige Auslandsaussteller deren Sammlungen die Wert- und Altergrenzen überschreiten können, kann nach § 26 für die Dauer von fünf Jahren eine Dauergenehmigung eingeholt werden. Dies bedeutet zwar einen gewissen bürokratischen Aufwand, müsste aber für den betroffenen Sammler machbar sein.

Gemäß § 21 Abs.4 ist eine Ausfuhrgenehmigung zu erteilen, wenn die Marken oder die Sammlung nicht in einem Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes aufgenommen ist, oder kein Eintragungsverfahren läuft und keine sonstigen Ausfuhrverbote bestehen, die hier nicht erläutert werden können. Das Verfahren soll maximal 10 Tage dauern.

Nach meinem Verständnis ist das Verfahren zur Ausfuhrgenehmigung damit nur ein Kontrollinstrument zur Überwachung ob national wertvolles Kulturgut des eigenen oder eines fremden Staates ausgeführt wird. Dies wird durch die Erläuterungen auf Seite 97 des Referentenentwurfes bestätigt. Im Rahmen der Erforderlichkeit zu dieser Zielerreichung nach der UNESCO-Konvention sehe ich kein in die Sammlerinteressen minder eingreifendes Mittel so man denn unbedingt Briefmarken und Sammlungen derer als mögliche national wertvolle Kulturgüter ansehen möchte, die durch Genehmigungsverfahren identifiziert werden müssen.

2.2. Bei der Einfuhr

Spiegelbildlich zur Ausfuhrgenehmigung darf kein nationales Kulturgut eines anderen Staates bzw. welches unter Verstoß gegen die EG-VO oder andere Rechtsvorschriften von dort ausgeführt wurde, eingeführt werden. Ausgenommen sind solche nationalen Kulturgüter die sich gem. § 29 bereits in Deutschland befinden.

Äußerst problematisch ist § 30, der vom Einführenden das Mitführen geeigneter Unterlagen für den Nachweis der Rechtmäßigkeit der Einfuhr von jeglichem Kulturgut verlangt, also nicht nur von „nationalem“ Kulturgut.

Als geeignet werden insbesondere Ausfuhrgenehmigungen des Herkunftsstaates angesehen, die nach der UNESCO-Konvention von jedem Mitgliedsstaat fordert. In der Praxis kann dies tatsächlich zur Vermeidung nachträglichen Nachweisaufwandes bedeuten, jeweils im Vorfeld unabhängig von Werten und Altersgrenzen zumindest bei der Einfuhr von Marken von außerhalb der EU die nicht eindeutig nach Katalogen usw. gewöhnliche Massenware sind, eine Einfuhrerlaubnis des entsprechenden Staates einzuholen bzw. vom Versender zu fordern, was für diesen natürlich wiederum einen erheblichen Aufwand fordert, und so den internationalen privaten Kauf und Tausch erschweren kann (was nebenbei bemerkt dem Gedanken der Förderung der – geschwollen ausgedrückt – Völkerfreundschaft und der Vermittlung anderer Kulturen durch die Philatelie zuwider läuft). Ungelöst bleibt wiederum die Frage, wie ohne größeren Ermitllungsaufwand festgestellt werden kann, ob der andere für das einzuführende Objekt überhaupt eine Ausfuhrgenehmigungspflicht besteht. Der Referentenentwurf verweist hier auf die Bereitstellung grundlegender Informationen zu den Regeln anderer Staaten auf dem einzurichtenden Internetportal. Wird dies bei der Einfuhrkontrolle vergleichbar mit der Ausfuhrkontrolle ausreichen, um längere Liegezeiten bei Klärungsfällen zu vermeiden? Es wird abzuwarten sein, wie detailliert die Datenbank sein wird.

Die Nachweislast hat auch Auswirkungen auf eventuell angeordnete Sicherstellungen und Einziehungen nach § 33 zumindest was die Verfahrensdauer angeht. Ich vermag zwar nicht zu erkennen, dass im Entwurf die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtmäßigkeit der Einfuhr insgesamt dem Einführenden auferlegt wird, was aus rechtsstaatlichen Gründen bereits schwer möglich sein wird, allerdings reichen die fehlenden Bescheinigungen zumindest für eine Sicherstellung bis zur Klärung der rechtmäßigen Einfuhr durch die Behörden aus. Zur Klarstellung der letztendlichen Darlegungs- und Beweislast für eine unrechtmäßige Einfuhr usw. beim Staat könnte etwa in § 35 Abs.1 Ziff.1 eingefügt werden, „… der hinreichende Verdacht nach § 33 Abs.1 Nr.1 nach Ermittlungen der Behörde über die anstehende unrechtmäßige Ausfuhr oder die unrechtmäßige Einfuhr entfallen ist….“ Entsprechend bei den anderen Regelungen.

Weitere Analysen zu den Rechtsfolgen bei Verstößen bzw. während Klärungsphasen bei Unsicherheiten folgen.

Mit abendlichen Philagrüßen ! Euer MLJPK
 
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