Thema: Einfluß der Wirtschafts- und Finanzkrise auf die Philatelie
Francysk Skaryna Am: 11.12.2015 09:34:48 Gelesen: 10708# 20@  
Moin,

@ Briefmarkensammler [#1]

Neuheiten-Sammler haben weniger Geld in der Tasche und werden daher weniger Neuerscheinungen nachfragen.

In absoluten Zahlen mag das so stimmen. Aber im Detail wird es wohl eher darauf hinaus laufen, dass die breite Sammlerschaft gezielt kauft, sich spezialisiert. Aus philatelistischer wie auch aus praktischer Sicht gibt es weder für die Auflagehöhen wie auch für die vielen Parallelausgaben (nass- und selbstklebend) keinen wirklichen Bedarf. Baut man zum Beispiel seine Bund - Sammlung thematisch auf reicht es, nur die nassklebenden Marken in die Sammlung aufzunehmen. Damit schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen geringere Kosten und zum anderen geht man der Durchfettungsproblematik bei selbstklebendem Material elegant aus dem Weg. Das moderne Sammelgebiet Bund hat sich mehr oder weniger zu einem Scheichtum entwickelt.


@ Briefmarkensammler [#1]

Auch Händler werden weniger Lagerbestände modernen Materials aufbauen.

Oder genau das Gegenteil tun! Das hatte man in den 1980er Jahren erlebt, dass ein paar Werte aus modernen Dauerserien gezielt massenhaft aufgekauft wurden. Damit wurde das Material künstlich verknappt, was zu steigenden Preisen führte. Dann wurden die gehorteten Marken von den Aufkäufern wieder in den Markt geschmissen. Sammler, die komplett sein wollten, haben in jener Zeit unverhältnismäßig viel bezahlt, die Spekulanten haben jedoch zumindest über die Masse ihren Schnitt gemacht. Viele Sammler werden diese Phase sicher noch irgendwo im Hinterkopf haben.


@ Briefmarkensammler [#1]

Unter dem Aspekt "Flucht in die Sachwerte" vermute ich insbesondere im gehobenen Bereich der Philatelie eine konstant stabile Nachfrage, die der generellen Kaufzurückhaltung entgegenwirkt.

Ja, und die Spitzen setzen nach wie vor Akzente! Auch wenn die Erlöse zuweilen befremdlich wirken, so ist es doch auf der anderen Seite die beste Werbung für das Hobby Philatelie. Wie sonst kommt es derart breit in die Öffentlichkeit. Wir reden bei diesen Höhen aber von einer Spielart des Kapitalmarktes, den man auch auf dem Kunstmarkt beobachten kann. Man soll sich davon nicht abschrecken lassen.


@ Briefmarkensammler [#1]

Der Trend zu erstklassiger Qualität als "Normal-Qualität", wird sich wohl weiter beschleunigen.

Auf der Haben - Seite wird das der Fall sein. Dem steht aber auch eine Soll - Seite gegenüber! Niemand wird einen absolut einwandfreien Posthornsatz mit optimalster Gummierung, 120% perfekter Zähnung, allervollster Farbfrische, unsigniert mit aktuellstem Fotoatest Schlegel für 15% Michel anbieten.
Anders gesagt:

Gute Ware hat nach wie vor ihren Preis! Auch dann, wenn es Massenware ist. Der Knackpunkt wird sein, wie Sammler damit umgehen. Immer wieder sind Katalogmillionäre zu beobachten, die sich an den Michelpreisen reich rechnen. So dumm ist dann doch niemand, also liegen die Gründe ganz wo anders: Wie oft wird damit versucht, seine Ausgaben für das Hobby gegenüber der Familie zu rechtfertigen? Das böse erwachen kommt spätestens dann, wenn die Sammlung warum auch immer verwertet werden soll oder muß. Wer berät dann eigentlich die - oft unerfahrenen - Hinterbliebenen, wenn der Sammler nicht mehr da ist?


@ doktorstamp [#6]

Bei den Auktionshäusern hier merkt man, noch erzielen Spitzenstücke gutes Geld, alles andere beibt unverkauft oder geht zu Spottpreisen weg.

Hier sehe ich ein Risiko für den Ladenhandel. Der Kunde kommt mit der Erwartung, für 40% Michel seine Ware zu bekommen, zum Händler, erwartet dafür aber immer bessere Ware. Der Händler kann aber nur in einem gewissen Maße günstiger einkaufen, um den Preis zu halten. Irgendwann muß er entweder beim Aufkauf unredlich geringe Preise zahlen (wie sollen das eigentlich unerfahrene Erben beurteilen, ob sie gerade übervorteilt werden?) oder er ist irgendwann (zumindest aus kaufmännischer Sicht) Pleite, wenn er gutes und gesuchtes Material nicht mehr aufkaufen kann. Hier sollte man auch als Sammler seinem Händler gegenüber fair sein.


@ doktorstamp [#13]

Es ist auch hier interessant zu lesen, zumal die Werbung der Firma Stanley Gibbons für irreführend erklärt war, und auch nicht die Wahrheit entsprach.

So manche Beschreibung der heutigen Zeit ist nicht unwahr - aber blumig! Und leider denkt so manch einer nicht nach, dass er für 15% Michel eben nur Falzware bekommt. Hatte er etwas anderes zu erwarten? Und irgendwo verklausuliert stand es ja auch in der Angebotsbeschreibung. Lesen sollte man - und auch mal Mut zur Lücke haben!

Gruss
 
Quelle: www.philaseiten.de
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