Thema: Bleisulfidschäden: Die Folienproblematik in der Philatelie
mljpk Am: 04.02.2016 14:43:06 Gelesen: 169982# 77@  
@ Peter Feuser [#131]

Sehr geehrter Herr Feuser,

eine Produkthaftung scheint aus meiner Sicht durchaus möglich.

Problembereiche für den Anspruchssteller werden in einer Überlegung zu Ihren Schilderungen sein, die Kausalität zwischen fehlerhaftem Folienmaterial und Schaden zu beweisen, die Schadenshöhe zu beziffern (nötige Marktpreisermittlungen zu den geschädigten Marken vorher/nachher), was dann nach meiner Einschätzung auf einen Gutacherstreit hinauslaufen würde, mit gewissen Beweiserleichterungen bei der Ermittlung der Schadenshöhe, jedoch bei einem offenen Beweisergebnis (im Juristendeutsch "non liquet") dies zu Lasten des Anspruchsstellers gehen kann. Da die Diskussion auch schon länger schwelt, dürfte die Verjährung von Produkthaftungsansprüchen von drei Jahren ab Kenntnisnahme von Fehler, Schaden und Person des Herstellers eine zu beachtende Frage sein. Je länger man zuwartet, desto schwieriger wird es für den Geschädigten.

Die Hersteller könnten sich damit exkulpieren, dass bis zum Aufkommen der Diskussion um die Folienproblematik eine mögliche Schädigung nach dem Stand von Wissenschaft und Technik nicht erkannt / vorhergesehen werden konnte. Interessant ist die mir bisher nicht bekannte gewesene Tatsache, dass bei Weichfolien bereits in den 1970er Jahren eine Verfärbungsdiskussion vorlag. Man müsste mal tiefer einsteigen ob und inwieweit die aktuell relevante chemische Reaktion bereits damals bekannt war, was dann dem Hersteller den Einwand fehlender Kenntnis nach Stand der Technik abschneiden könnte, da er aus den damaligen Vorgängen zu den Weichfolien nach dem verhältnismäßig strengen Haftungsmaßstab des „Inbegriffs der Sachkunde, die im wissenschaftlichen und technischen Bereich vorhanden ist, also die Summe an Wissen und Technik, die allgemein anerkannt ist und allgemein zur Verfügung steht" hätte ableiten können, dass eine chemische Wechselwirkung und Schädigung von Marken auch bei Hartfolien auftreten kann.

Soweit mit bekannt ist, wurden doch bereits Prozesse geführt. Können Sie hier Einzelheiten zu den Anspruchsgrundlagen und dem Ausgang und den Hintergründen dazu schildern? War die Produkthaftung dabei ein Thema? Jedenfalls müsste ein Anspruchssteller mit einem konkrekten Verfärbungs- und Papierschaden vorteten, um überhaupt eine Klage versuchen zu können, da bekannterweise ohne Kläger kein Richter zu finden ist.

Dies nur einige kursorische Spontanüberlegungen. Mit Spannung Berichten zu ggf. bereits durchlaufenen Prozessen entgegensehend verbleibe ich mit besten Sammlergrüßen

Jens
 
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