Thema: Belege aus der Zeit von 1945-1949, die eine Geschichte erzählen
mumpipuck Am: 21.02.2016 15:51:42 Gelesen: 99764# 54@  
Ich habe in ebay per Zufall eine zeitgeschichtlich interessante Karte für mein Sammelgebiet Kreis Herzogtum Lauenburg gefunden:



Sie wurde am 07.12.1945 in dem sehr kleinen Dörfchen Strenglin bei Pronstorf in Holstein abgesandt. Absender ist ein adliger Herr aus der Familie von Bronsart, der an seinen Vetter aus der ebenfalls adligen Familie von Rège schreibt. Von Bronsart ist bei einem Bauern untergekommen, während sich von Rège offensichtlich in Stintenburger Hütte (Post Lassahn) auffhielt, wohin die Karte auch adressiert ist.

Per 27./28.11.1945 tauschten die britische und die sowjetische Zone einige Gebiete aus (Barber-Ljaschtschenko-Abkommen). Grund war, dass mit der Sektorengrenze die lauenburgischen Orte (Britische Zone)östlich des Schaalsees nur noch über diesen zu erreichen waren, da die mecklenburgischen Orte mit den Zufahrtstraßen nördlich und südlich des Sees zur SBZ gehörten. Die Einwohner der an die SBZ abgegebenen Ort hatten einige Tage Zeit, diese mit ihrem beweglichen Vermögen in Richtung Westen zu verlassen.

Das geschah somit wenige Tage vor der Absendung der Karte und war dem Absender wohl nicht bekannt. Der Zielort Stintenburger Hütte gehörte zu den lauenburgischen Orten, die seitdem in Mecklenburg und damit der SBZ lagen. Folglich wurde die Postgebietsleitzahl auch richtig von 24 (für Leitpostamt Ratzeburg (Lauenb.)) auf 3 (für Zarrentin (Meckl.)) geändert.

Drei Gründe deuten darauf hin, dass die Karte tatsächlich nach Stintenburger Hütte / Lassahn gelangt ist:

- Die Änderung der Postgebietsleitzahl. Hätte kein Postverkehr bestanden und die Karte wäre bereits in Ratzeburg angehalten worden, wäre das überflüssig gewesen.

- Der rote Stempel “Empfänger verzogen neue Adr. nicht bekannt” . In Ratzeburg hätte man sicherlich einen anderen Text “zur Zeit kein Postverkehr” oder ähnliches verwendet, wenn dieses erforderlich gewesen wäre. Für die Poststelle I in Lassahn oder das LPA Zarrentin macht dagegen der offensichtlich aus dem Setzkasten erstellte Stempel Sinn, da fast die gesamte Bevölkerung die Orte Richtung Westen verlassen hatte.(Diese wurden 1946, z.B. durch ganze Dorfgemeinschaften aus dem Sudetenland, wieder bezogen).

- Die Rücksendung erfolgte erst einen ganzen Monat nach Aufgabe. Auch das deutet darauf hin, dass die Karte tatsächlich in der SBZ war.

Es ist unwahrscheinlich, dass der adlige Empfänger nach dem Gebietsaustausch in der SBZ bleiben wollte. So hatte er wohl Ende November seine Koffer gepackt und ist gen Westen gezogen. Ich habe nichts über ihn herausfinden können.

Nun meine Frage: Gibt es eventuell zum Vergleich weitere Belege in die im Rahmen des Barber-Ljaschtschenko-Abkommens an die SBZ gegebenen Orte* kurz nach dem Austausch ? Ich würde gerne meine Vermutung erhärten, dass die roten Stempel aus Lassahn oder dem LPA Zarrentin stammen.

Herzliche Grüße
Burkhard

* Bernstorf, Boize, Dechow, Groß Thurow, Hakendorf, Klein Thurow, Lassahn, Stintenburg, Stintenburger Hütte, Techin, Thurow(er) Horst.
 
Quelle: www.philaseiten.de
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