Thema: Altdeutschland Bayern Eingehende Briefe
bayern klassisch Am: 28.02.2016 09:58:49 Gelesen: 255686# 58@  
Liebe Freunde,

aus einer Mini - Korrespondenz abgegriffen zeige ich 2 Briefe aus Le Biot (angeblich der Ort in Frankreich, wo man sich schon immer sehr gesund ernährt hat) vom 7.1.1865 und einen aus Albi vom 13.4.1868 an die Firma Helmensdorfer & Compagnie ("Cie") in Lindau ("Lac de Constance" = Bodensee).



In Le Biot frankierte man die für einen Brief bis 10g notwendigen 40 Centimes mit 2 Marken zu 20 Centimes, während man später in Albi für uns Sammler etwas großzügiger war und 2 Marken à 10 Centimes und nur eine à 20 Centimes frankierte.

Der Absender Francois Namus in Le Biot blieb mir nach Netzrecherche leider unbekannt, während ich zum Absender Leon Talabot aus Saut Du Tarn bei Albi folgendes ergoogled habe (und ganz stolz auf diese einmalige Leistung bin):

https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&uact=8&ved=0ahUKEwi0gvSBhZrLAhUiQJoKHa2UAjkQFggcMAA&url=https%3A%2F%2Ffr.wikipedia.org%2Fwiki%2FSaut_du_Tarn&usg=AFQjCNGVWlYVEy81HBMECCcExl8eb0F5iw&sig2=VklNYRvpNvu1-MeFNUTODA&bvm=bv.115339255,d.bGs

Zum Empfänger glaube ich dies richtig gefunden zu haben (2. Großtat heute):

https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&uact=8&ved=0ahUKEwjBt7XqhZrLAhVmYZoKHRgwCTUQFggdMAA&url=http%3A%2F%2Fhttp://www.helmensdorfer-pfannen.de%2F&usg=AFQjCNGeFPNXOrz3lDOOVANKmMxOvQj_Mg&sig2=PflbCwlJvDQ3RF2csCav5w

1864 gegründet könnte ja passen, wenn man sich das Datum der Briefe anschaut und so häufig dürfte dieser Firmenname nicht in Lindau gewesen sein.

Nun zu den Leitwegen, die ja immer von besonderem Interesse sind:



1. Brief: Le Biot 7.1.1865 - Thonon 7.1.1865 28 km südlich des Genfer Sees bis an den Genfer See. Thonon - Paris 8.1.1865 bei nur 650 km im Januar in den Alpen - wie immer meinen größten Respekt an die Franzosen. Paris - Strasbourg 8.1.1865 (wenn sich mein Respekt für die Franzosen noch steigern ließe, wäre das jetzt der Fall - unglaubliche Leistung!). Neu - Ulm 9.11865 (man sieht hier sehr schön, ich konnte es noch nie beweisen, jetzt schon, die Leitung geschlossen über Badens und Württembergs Bahnpost, die in Ulm endete und nach der Übergabe des Postsacks in Neu-Ulm wurden alle ausländischen Poststücke eingangsgestempelt in Bayern - ein großes Dankeschön der Post). Lindau 9.1.1865, dank der bayerischen Bahnpost alles noch am selben Tag - phantastisch.

Sieht man sich den Lauf des Briefes an, fragt man sich zweierlei:

1. Warum nicht, da der Brief doch nur kurz hinter der Schweizergrenze in Thonon war, einfach der Schweiz übergeben, von wo aus es nach Lindau nur 390 km bis Lindau im Bodensee waren? Nun, das ging nicht, denn der PV Bayerns mit Frankreich vom 1.7.1858 sah dergleichen nicht vor und die Schweiz ließ keinen (offenen und geschlossenen) Transit durch ihr Territorium zu. Hätte sie es zugelassen, hätte sie sicher 6 Kr. (20 Rappen oder 2 Decimes) Transitporto verlangt.

2. Warum leitete ihn die vorzügliche französische Post vom Genfer See via Paris (Nordfrankreich) wieder in den Südosten nach Strasbourg? Ein Umweg von ca. 750 km? Nun, Frankreich war ein Zentralstaat und die Post ins Ausland, wenn sie nicht dirket kartiert werden musste (Elsaß, Lothringen) musste halt immer nach Paris gekarrt werden, ehe sie von dort aus weiter geleitet wurde und das können wir an diesem unscheinbaren Brief wundervoll nachvollziehen.

Kommen wir zum 2. Brief und seinem Laufweg:



Albi (Südfrankreich, nordöstlich von Toulouse) 13.4.1868 - per Bahnpost Bordeaux - Paris 14.4.1868. Dann aber (war er in Paris, oder hat man ihn erst gar nicht dorthin geschickt, sondern ihn gleich der Bahnpost Paris - Strasbourg am selben Tag übermacht?) Richtung Strasbourg, wo er wohl auch am 14.4.1868 angekommen sein dürfte, ehe er am 16.4.1868 in Lindau einschlug. Wegen des Wegfalls des DÖPV zum 1.1.1868 war das Stempeln und Verrechnen der inneren Postvereinstransite für Baden und Württemberg nicht mehr notwendig - eine Stempelung damit obsolet, wie sich hier schön zeigen lässt.

So können (mich) auch simple Briefe erfreuen, wenn man sich mit ihnen ein wenig näher befasst.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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