Thema: Zurück und nachgeschickt
bayern klassisch Am: 02.03.2016 10:09:20 Gelesen: 529887# 350@  
@ Heinz 7 [#346]

Lieber Heinz,

eben erst gesehen, daher verspätete Antwort:

Der Brief hätte bis 20g mit 20 Pfg. in Bayern (Neuburg an der Donau, nicht "Neuenburg" wie du gelesen hast) frankiert werden müssen. Da nur 10 Pfg. geklebt waren, wurden die fehlenden 10 Pfg. verdoppelt und mit 20 Pfg. angeschrieben, die Bayern von der Schweiz haben wollte. Der "T" - Stempel wies auf die Nach - Taxe hin.

Die Schweiz reduzierte diese in heimische Währung und verlangte, links neben der großen blauen "20" nun "25" Rappen/Centimes vom Empfänger. Da dieser nicht erreichbar war und auch keiner den Brief auslösen wollte, musste man ihn nach Bayern zurück schicken.

Weil in Bayern das Schweizer Porto von 25 Rappen/Centimes nicht gelten konnte, waren die Portomarken zu annullieren.

Nun kam er wieder mit Porto belastet in Bayern an, konnte aber nicht in Neuburg an der Donau zugestellt werden, weil:

1. Die Schrift des Absenders unbekannt war,
2. das Siegel, wenn es eines gab, keinem auf der Post etwas sagte und
3. eine Absenderangabe per Text oder Stempel fehlte.

In diesen Fällen war der Brief dem vorgesetzten Oberpostamt (bitte nicht Oberpostdirektion, die gab es erst ab 1907) mit der Dienstpost zuzuleiten. Neuburg a. d. D. gehörte zu Schwaben und das Oberpostamt (OPA) für Schwarben und Neuburg residierte in Augsburg. Dort wurde er der Retourbriefkommission übergeben, doppelt vereidigte Beamte, die ihn nur zur Feststellung des Absenders öffnen durften.

Nach Öffnung schrieben sie den Namen des Absenders, wenn er ersichtlich war, mit roter Tinte auf die Siegelseite des Briefes und verschlossen ihn mit der schön zu sehenden Oblate (Verschlusszettel), weil sie ihn seitlich geöffnet hatten.

Mit der Dienstpost oder der gewöhnlichen Post, ich kenne beide Fälle, ging er dann zur Post des Absenders (das musste ja nicht zwingend Neuburg a. d. D. sein, denn es konnte ja auch ein Münchner dort Station gemacht haben und bei dieser Gelegenheit den unterfrankierten Brief verschickt haben), wo er gegen Entrichtung von 20 Pfg. remittiert wurde.

Wäre der Absender nicht ermittelbar gewesen, wäre er nach Ablauf eines Jahres verbrannt worden. Die Tatsache, dass er sich erhalten hat, spricht stark für die Annahme, dass man den Absender doch noch gefunden hatte.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
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