Thema: (?) (52/53) Wann ist eine Marke "Postfrisch"?
olli0816 Am: 03.03.2016 20:03:18 Gelesen: 34281# 46@  
Letztendlich steht ja in den Katalogen drin, was mit postfrisch gemeint ist. Kleine Haftspuren ist nicht mehr postfrisch. Wenn ich mir die Beschreibung des Prüfers in [#1] anschaue, hört sich das ein bisschen nach Gefälligkeit an. Nach dieser Beschreibung könnte man z.B. bei einer Falzmarke ähnlich schreiben: Marke hat einen Falzrest ansonsten ist die Marke postfrisch. Ich finde die Beschreibung des Prüfers nicht sonderlich gelungen.

Ob eine Marke mit Signatur noch postfrisch ist oder nicht, wird immer mehr gestritten und irgendwo wird die Definition immer strenger. Ich weiß nicht, woran das liegt. Über viele Jahrzehnte haben die Leute die Briefmarken geklebt. Am Anfang gabs sogar ganz wüste Sachen, wo man die Marken mit Knochenleim oder anderen Klebern ins Album befestigt hat oder sich einen Lampenschirm geklebt oder noch besser sein Zimmer mit Marken tapeziert hat. Bei Kolonialmarken oder Ausgaben vom Deutschen Reich gab es wohl eine Zeit zwischen 1880 und 1915 wo es popular war, die Ränder der Bögen als Falzersatz zu verwenden. Manche Marken haben natürlich den Besitzer gewechselt und es kamen dann noch zwei oder drei Falze dazu. Irgendwann haben die Leute halt festgestellt, das es nicht so chic ist, zehn Falze bei ungestempelten Marken hinten draufzukleben. Trotzdem zeigt es, dass in den ersten ca. 100 Jahren die Vorderseite vorrangig war.

Schaue ich heute in den Michel, dann gibt es die Postfrischbewertung ab 1920 und - es hat sich inzwischen stark verbessert - bekommt man bei Sätzen und Einzelmarken danach noch für eine gewisse Zeit Falzpreise. Gerade die Marken einwandfrei postfrisch zwischen 1920 und 1935 sind wesentlich höher, weil sie kein Normalzustand sind. Es ist ja OK, jeder kann so sammeln wie er will. Ich verkaufe einiges bei ebay und ich kann auch sehen, dass es viele gibt, die die wesentlich preisgünstigeren Falzmarken sehr gerne kaufen. Bildseitig ist es kaum ein Unterschied, aber natürlich fehlt die Preisentwicklung, worauf manche Leute so scharf sind.

Man kann sehr gut beobachten, dass gerade besonders gut aussehende Marken mit besonderen Stempeln oder eben einwandfrei postfrisch begehrt sind und man dafür trotz schwindender Sammlerzahl wirklich viel Geld hingelegt wird. Und obwohl die Leute bereit sind, viel Geld auszugeben, sind sie nicht in der Lage, nachgummierte oder falsche Marken zu erkennen. Ich denke da nicht einmal an die schwierigen Sachen, sondern an die nachgummierten, die beispielsweise vom Deutschen Reich oder frühe Ausgaben Bund/Berlin angeboten werden. Das heißt, es gibt viele Sammler, die einem Qualitätsmerkmal nachjagen, das sie nicht imstande sind zu erkennen. Vielleicht war der Auftraggeber des Attestes so ein Sammler und hat immer viel bei dem Prüfer eingeliefert. Der weiß, was sein Kunde hören möchte und schreibt dann so etwas zusammen. Ist aber nur eine Vermutung und muß nicht so gewesen sein.
 
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