Thema: (?) (382) Deutsches Reich Germania: Spezial
Stefan Am: 04.03.2016 19:40:40 Gelesen: 288175# 339@  
Beim Stöbern in älteren Ausgaben der „Deutschen Briefmarken Zeitung“ (DBZ) fiel mir ein Artikel in die Hände, welcher mich zu den nachfolgenden Zeilen veranlasst, da im Internet lediglich wenige Angaben - diese dann auch etwas versteckt ohne Angabe der Mi-Nr. [3] - über diese seltene Abart zu finden sind. Es handelt sich dabei um die Mi-Nr. Deutsches Reich 89 I x Y, Friedensdruck mit liegendem anstelle stehendem Wasserzeichen Rauten (Wasserzeichen 1).

Die DBZ schreibt in der Ausgabe Nr. 8 vom 25. August 1938 auf der Seite 364 in der Rubrik „Kurznachrichten für Deutschlandsammler“, dass während einer Sitzung des Vereins Infla-Berlin ein Exemplar der Mi-Nr. 89 vorgelegt wurde, welches ein liegendes Wasserzeichen anstelle dem normalen Wasserzeichen 1 (Rauten) aufweist. Diese Marke ist gebraucht und trägt die Firmenlochung „M B“. Die Entwertung ist kaum lesbar und die Firmenlochung wurde in dem Artikel dem Absender „Magistrat Berlin“ zugeordnet.

Die Verwendung dieser Marke wird in dem Artikel für die Jahre 1920-1922 vermutet, als seinerzeit aufgrund neuer Portostufen (Postkarte im Orts- und Fernverkehr) ab Mai 1920 diese Marke erneut in größerem Umfang gedruckt und postalisch verwendet wurde. Es ist durchaus überraschend, das diese Wasserzeichenbart erst mehrere Jahre nach ihrer Verausgabung (ab 1905) bzw. Ablauf der Gültigkeit (31.10.1922) entdeckt wurde. Eine mögliche Begründung zu diesem Fakt folgt ebenfalls in dieser Zeitungsmeldung: „Bei der Abneigung der Sammler gegen gelochte Marken muss man allerdings vermuten, daß von den Marken wenig erhalten geblieben ist.“

Der Autor Herr Jäschke-Lantelme schreibt zu dieser Wasserzeichenabart in seinem Buch "100 Jahre Germania", erschienen 1999, auf der Seite 60 als Fußnote:

"Bereits im Jahre 1938 wird in der Fachpresse ein erstes Exemplar erwähnt, welches jedoch bis heute nicht wieder aufgetaucht ist. Es zeigt neben einem schwer lesbaren Datum (27.1.?) die Durchlochung "MB" ("Magistrat Berlin"). Die beiden anderen bisher bekannt gewordenen Stücke zeigen eine Abstempelung von Stuttgart vom 25.7.10. ..."

Es ist aufgrund der Jahresangabe 1938 anzunehmen, dass sich Herr Jäschke-Lantelme in seiner Fußnote auf den o.g. Artikel der DBZ bezieht.

Demnach wurden bisher drei Exemplare dieser Abart gefunden, allesamt gebraucht. Die dritte mir vorliegende Quelle veröffentlicht in [3] eine Abbildung dieser Marken. Hierbei handelt es sich um eines der beiden Exemplare aus Stuttgart. Der Ortsname „Stuttgart“ ist gut zu lesen. Bei der Jahreszahl in dem Stempelabschlag könnte man m.E. nach diskutieren, ob es sich um die Jahresangabe 1910 oder 1919 handelt. Herr Jäschke-Lantelme bestätigt in seinen Ausführungen [2] allerdings explizit die Jahreszahl 1910 und damit die Ausgabe dieser Wasserzeichenabart als Friedensdruck.

Das erste aufgefundene Exemplar der Mi-Nr. 89IxY gilt nach [3] seit dem zweiten Weltkrieg als verschollen, dennoch scheint mir zumindest eine Abbildung hiervon existieren. Ansonsten hätte Herr Jäschke-Lantelme diese Marke bzw. den Stempelabschlag meinem Eindruck nach nicht näher beschreiben können. In dem o.g. DBZ-Artikel wird explizit darauf verwiesen, dass „leider der Stempel zu undeutlich ist“ und es werden darin keine weiteren Angaben zur Stempelentwertung gemacht.

Man kann nun spekulieren, wie diese Wasserzeichenabart zustande gekommen ist. Der Autor Herr Jäschke-Lantelme vermutet aufgrund der Produktionsweise in der Reichsdruckerei Berlin die Herstellung von Druckbogen (= Schalterbogen) zu 100 Marken im Plattendruck. Dabei sei es aufgrund eines ähnlichen Formats zu einer Verwechslung bei der Einlage des Druckbogens kurz Beginn des Druckvorgangs gekommen. Dies würde zumindest für einen Teil der Druckauflage der Mi-Nr. 89 gelten. Allgemein wurden die Germanias auf Maschinen produziert, welche vier bis acht Schalterbögen in einem Druckbogen (Plattendruck) aufwiesen (siehe [2] auf Seite 174). Ein Teil der Produktion erfolgte (zusätzlich) auch im Walzendruck.

Wer sich ein liegendes Rauten-Wasserzeichen in natura ansehen möchte, findet dieses als reguläre Ausgabe bei den Mi-Nrn. Deutsches Reich 203 und 204 von 1922. Alternativ kann man natürlich ein Exemplar mit normal stehendem Wasserzeichen Rauten um 90 Grad drehen.



Deutsches Reich Nr. 203-204 mit dem liegenden Wasserzeichen Rauten

Fazit:

Es wäre nicht verkehrt, alle Marken der Mi-Nr. 89 (im Friedensdruck) einer näheren Wasserzeichenüberprüfung zu unterziehen, wenn diese die Firmenlochung „D B“ oder eine Entwertung aus Stuttgart (von 1910) aufweisen. Sollte ein viertes Exemplar mit einem liegenden Wasserzeichen auftauchen, wird sich der Finder freuen. Der Michel-Deutschland-Spezial-Katalog Band 1 (2012) bewertet diese Marke mit 40.000 Micheleuro (kursive Angabe).

Gruß
Pete

[1] Artikel der DBZ Nr. 8/1938, Seite 364
[2] Michael Jäschke-Lantelme: "100 Jahre Germania"
[3] http://philadb.com/?site=list&catid=&catuid=483&id=501 (Rubrik „30 Pfennig Friedensdruck mit liegendem Wasserzeichen“)
 
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