Thema: Kulturgutschutzgesetz: Für den Erhalt des privaten Sammelns
Francysk Skaryna Am: 14.03.2016 09:32:50 Gelesen: 35363# 70@  
Moin,

zwischen 2004 und 2013 hat sich der weltweite Handel mit Kulturgütern verdoppelt. Der globalen Rezession zum Trotz stieg der Wert der exportierten Güter auf 212,8 Milliarden Dollar ( 193 Milliarden Euro). Beim globalisierten Handel mit Kulturgütern hat China mittlerweile die USA bei Kulturgutexport abgehängt. Während die Rolle der Industriestaaten beim Kulturgüterexport abnimmt steigt dagegen der Anteil einkommensschwächerer Volkswirtschaften. Indien, Malaysia aber auch die Türkei zählen inzwischen zu den zehn wichtigsten Exporteuren von Kulturgut. Während Goldschmuck die wichtigste Rolle im Kunstmarkt einnimmt spielt das Kunsthandwerk eine entschiedene Rolle: Es gibt eine tendenzielle Zunahme des Handels mit Statün, Statütte, und Gemälden. Dies geht aus einem aktuellen Bericht der UNESCO hervor [1].

Nun haben die Museen seit dem Schwabinger Kunstfund [2] ihre Provenienzforschung intensiviert. In der Nachkriegszeit fragte niemand groß nach, wenn Kunsthändler moderne Werke zum Verkauf anboten. Die Museen waren froh, ihre gerupften Bestände wieder komplettieren zu können. Selbst nach der Washingtoner Erklärung, in der sich die Unterzeichner freiwillig verpflichteten, nach einer gütlichen Einigung mit den Erben jüdischer Vorbesitzer zu suchen, kamen die Recherchen nur langsam voran. Hier denkt man mittlerweile anders. Provenienzrecherche nimmt neben der Raubkunst künftig auch Beutekunst sowie archäologische und ethnologische Objekte in den Blick [4].

Die Forderung Namibias nach rückführung der Familienbibel seines Nationalhelden Hendrik Witbooi [5] wird man anerkennen müssen, da ihr eine völkerrechtswidrige Aktion im Rahmen kolonialen Eroberungsstrategien - also eine in jeder Hinsicht illegitime Erwerbssituation - voraus ging.

Und hier können wir auch eine Brücke zur Philatelie schlagen, die Wolfgang Maassen in seinem Artikel "Beutekunst - ein Thema für die Philatelie?" bereits ansprach. In der Zeit Dezember 2014 bis März 2015 fand in der Sammlung des Museums für Kommunikation in Berlin und im Archiv für Philatelie in Bonn eine Provenienzrecherche statt. Ziel des Projektes war es, die Helgoland-Druckstöcke, -platten und -Marken der jüdischen Briefmarkenhändler Familie Goldner aus Hamburg in den Sammlungen in Berlin und Bonn zu identifizieren und neu zu deklarieren [7]. Die Frage, wie die eine oder andere Sammlung in den Handel gelangte, wir sich stelle - es ist keine Frage des ob sondern nur des wann.

Der Verband ist vielleicht nicht schlecht beraten, das Thema nicht weiter auszusitzen. Es könnte alle schneller einholen, als manche denken. Und mit der neuen Gesetzgebung wird so manches einfacher.

Gruss

[1] https://www.unesco.de/kultur/2016/handel-mit-kulturgütern-zentral-für-weltwirtschaft.html
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Schwabinger_Kunstfund
[3] http://www.museumsbund.de/fileadmin/geschäfts/presse/2015/2015__April_PM_Jahrestagung_Essen.pdf
[4] http://www.kontextwochenzeitung.de/kultur/258/geraubte-kunst-3492.html
[5] http://www.swr.de/swr2/kultur-info/namibia-fordert-kulturgut-von-stuttgarter-museum-zurück/-/id=9597116/did=16464770/nid=9597116/1l1c1x7/index.html
[6] Philatelie Nr. 443, Mai 2014, Seite 21 ff.
[7] http://www.kulturgutverluste.de/de/component/k2/item/347-museum-für-kommunikation-berlin
 
Quelle: www.philaseiten.de
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