Thema: Altdeutschland Bayern Eingehende Briefe
bayern klassisch Am: 18.04.2016 08:32:32 Gelesen: 254084# 65@  
Liebe Freunde,

der folgende Brief hat leider keinen Inhalt, aber das soll mich nicht abhalten, ihn zu beschreiben.



In Strausstown Pa (Pennsylvania) geschrieben, war er gerichtet war er an "Herrn Abraham Jonson Bürgermeister in Dirmstein Kanton Grünstadt Rheinkreis Bayern Deutschland" und versehen mit dem Vermerk "Paquetboot Newyork über Havre de Grace". Hier ein Link [1] zu dieser Großstadt, die 2010 satte 342 Einwohner hatte!

Man wünschte also die Versendung mit einer französischen Linie, was für die Pfalzbriefe aus den Staaten damals, wir reden hier vom 20. März 1846, üblich war. Oben rechts stehen die bezahlten 12 1/2 Cents (endlich habe ich mal einen Brief mit Bruch - Cents nach Bayern, es hat ja nur 25 Jahre gedauert!) und "Paid", weil bis zum Ausschiffungshafen in Frankreich frankiert wurde.

Nach "Understanding Transatlantic Mail Vol. 1" von "Dick" Winter fiel er damit in die Periode 20.1.1846 bis 2.7.1848. Leider passt kein Schiff bzw. keine Linie, die mir bekannt ist, zu diesen Daten, denn er kam ausweislich des roten Stempels "OUTRE MER LE HAVRE" dort am 26.4.1846 an.

Siegelseitig könnte es sich um einen schwachen Abschlag des blauen Paris - Stempels handeln, aber das ist unsicher. Die Schwarze Notierung kann ich aber aus Farbe, Form und Duktus eindeutig Homburg zuordnen. 1 f 6 = 1 Gulden 6 Kreuzer hatte man Frankreich gut geschrieben und 18 Kr. wollte man für Bayern von Forbach nach Grünstadt kassieren, zusammen also 1 Gulden 24 Kr..

Wie man auf 18 Kr. kommt, ist mir schleierhaft, denn von Forbach bis Grünstadt waren es 100 km, also über 12 bis 18 Meilen, so dass ein einfacher Brief bis 8,75g für Bayern 6 Kr. gekostet hätte. Bis 1 Loth 9 Kr., bis 1,5 Loth 12 Kr., bis 2 Loth 15 Kr. und über 2 bis 1 1/2 Loth 18 Kr.. Aber wog der so viel?

1 Gulden 6 Kr. für Frankreich entsprachen aber aus Le Havre, dem 4. Rayon, 22 Kr. je 7,5g - hier also über 15 bis 22,5g 66 Kr. = 1 Gulden 6 Kr.. In Anbetracht des Portos für die Pfalz lägen wir dann aber im Bereich von bis 1 Loth bzw. bis 1 1/2 Loth, also bei 9 Kr. oder 12 Kr.. Evtl. hat man hier pauschal 3 Kr. Transit für Preußen gerechnet pro halbes Loth, weil er ja von Forbach über Saarbrücken (Preußen) ins pfälzische Homburg lief. Dann wäre bei über 1 bis 1 1/2 Loth tatsächlich ein 18 Kr. Porto dabei heraus gekommen, aber das ist vorerst noch Spekulation (aber ich bin dran).

Hochinteressant ist die Siegelseite mit 1 f 24 und 4 gleich 1 f 28 Kr., wodurch belegt wird, dass der Kantonsbote hier 4 Kr. für seinen Gang von Grünstadt nach Dirmstein bekommen hatte. Üblich waren 2 Kr., ohne Verdoppelung weges des Gewichts, aber wer weiß, wie man das dort ausgehandelt hatte ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Strausstown,_Pennsylvania
 
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