Thema: Rumänien: Postrouten und Transportwege
Heinz 7 Am: 29.04.2016 22:27:07 Gelesen: 123424# 99@  
@ 10Parale [#98]

Lieber 10 Parale,

da zeigst Du uns aber einen schönen Brief!

Wenn ich heute in "Via Michelin" einen Distanzrechner mit den Daten "Manchester" und "Galati" (= Galatz) füttere, erhalte ich als Ergebnis "3022 Kilometer" (für Autostrassen). Wie die beiliegende Karte zeigt ist die Strecke ziemlich zielgerichtet, ohne grosse Umwege.



Wie waren wohl die Verhältnisse 160 Jahre früher (1856), als Dein Brief auf die Reise geschickt wurde?

Anbei zeige ich einen ähnlichen Brief aus dem Jahr 1859. Aufgabestelle des Briefes war auch Manchester und zwar die Firma "Theologo Manchester", wie der blaue ovale Firmenstempel zeigt! Theologo hatte mehrere Niederlassungen in Europa.

Mein Brief ist dem Deinen sehr ähnlich. Unleserliche Portovermerke, handschriftlicher Vermerk "paid", aber auch höchst interessante Stempel zieren den Brief, der (ebenfalls!) gekennzeichnet wurde "via Ostend". (Ostende ist eine Hafenstadt und ein Seebad an der belgischen Nordseeküste in der Provinz Westflandern).



Auch mein Brief trägt den orangeroten Stempel "AUS ENGLAND PER AACHEN FRANCO"; einmal mehr ist dieser Stempel kaum lesbar (sehr ölig). Dennoch kann man das Datum erkennen.

Dein Brief wurde in "HERMANNSTADT" Transit-gestempelt, meiner aber in "TEMESVAR"! Das würde also genau zu Deiner oben genannten Route passen!

"MANCHESTER AP26 59" also 26. April
"LONDON AP27 59"
"AUS ENGLAND VIA AACHEN FRANCO; 28 / 4" also 2 Tage später
"TEMESVAR 1/5"
"GALLATZ 7/5" (sehr schwach abgeschlagen, aber klar lesbar, fig. 743 Tchilinghirian/Stephen (1966))

Mein Brief benötigte offenbar 11 Tage für die rund 3000 Kilometer. Der Ankunftsstempel auf Deinem Brief "Gallatz 6. JUL." (fig. 741 Tchilinghirian/Stephen (1966)) wirft Fragen auf, vielleicht fehlt hier die "2" von "26"?? (Dann hätte Dein Brief ebenfalls 11 Tage benötigt).

Grossmeister Gmach kann uns bezüglich der Tarife sicher weiterhelfen! Ich freue mich auf die nächste Begegnung mit ihm! Sein Brief (Band II, Seite 312) ging ja offenbar den Weg: "Manchester - Aachen - Bahnpost Berlin-Breslau - Szegedin - Semlin - Temesvar - Hermannstadt - Sereth - Galatz". Der von ihm angesprochene Umweg (nach Sereth) war wohl nicht die Regel; sein Brief benötigte offenbar volle 23 Tage (6.11.1851 - 29.11.1851). Bis Temesvar waren es 10 Tage (bei mir: nur 5). Sein Brief wurde im Jahr 1851 befördert, meiner acht Jahre später.

Schönes Wochenende!

Heinz
 
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