Thema: Schweiz Dauerserie Sitzende Helvetia Ausgabe 1854 ff (Strubel)
bayern klassisch Am: 01.06.2016 18:45:36 Gelesen: 135938# 100@  
@ hajo22 [#99]

Hallo hajo22,

ja, das ist richtig. Ich hatte die Kurzfassung gewählt, weil es hier ja um die Schweiz ging.

Ich will deine Frage auch auf die Schweiz beschränken, weil die Thematik sonst zu umfangreich und komplex wird.

1. Im DÖPV galt das Prinzip, dass der Aufgabepost das Franko bzw. Porto ALLEIN zustand.

2. Bei Briefen aus dem Postvereinsausland (Schweiz, Frankreich usw.) traf das Poststück auf die erste deutsche Postverwaltung. Also konnte man von der Schweiz aus z. B. einen Brief nach Baden, Württemberg oder Bayern schicken, egal wohin dieser denn lief (über Baden hinaus, über Württemberg hinaus oder über Bayern hinaus).

3. Je nachdem, wer ihn zukartiert bekam, hatte man dort die Funktion der Aufgabepost im Postverein und bezog demzufolge das gesamte Franko bzw. Porto im Postverein. Das waren bis 10 Meilen 3 Kreuzer, über 10-20 Meilen 6 Kr. und über 20 Meilen 9 Kr..

Die Problematik, die du ansprichst, war auch damals eine tatsächliche, weil z. B. frankierte Briefe aus der Schweiz über Baden nach Preußen 3 Kr. für die Schweiz und 9 Kr. für den Postverein kosteten, Baden also von der Schweiz 9 Kr. gutgeschrieben bekam.

Wurde dieser Brief in Preußen ausgeliefert, war alles in Butter. Konnte er nicht zugestellt werden, war das auch nicht tragisch, denn Preußen schickte ihn Baden zurück und Baden gab ihn der Schweiz wieder - an den bezahlten Gebühren (3 Kr. für die Schweiz und 9 Kr. für Baden( änderte sich nichts).

Anders verhielt es sich bei Portobriefen. Nehmen wir das obige Beispielt für einen Schweizer Portobrief, wollte die Schweiz 3 Kr. von Baden haben und Baden 9 Kr. von Preußen, wohin unser imaginärer Brief laufen sollte. Demnach wurde Preußen mit 12 Kr. belastet (postalisch waren dies 4 Silbergroschen (Sgr.)).

Zahlte der Empfänger diese 4 Sgr., musste Preußen diese an Baden überweisen und Baden behielt davon 3 Sgr. (9 Kr.) für sich und gab 1 Sgr. (3 Kr.) an die Schweiz weiter, so dass jeder zufrieden war.

Konnte aber dieser Portobrief in Preußen NICHT zugestellt werden, war er an die deutsche Aufgabepost (hier: Baden) zurück zu senden. Nun konnte Preußen keine 4 Sgr. kassieren und musste "entlastet" werden. Baden bekam den Brief von Preußen als "Retourbrief" zurück und war ja seinerseits von der Schweiz mit dem Schweizer Porto belastet worden. Also gab ihn Baden der Schweiz zurück, verlangte aber als Aufgabepost jetzt die Baden zustehenden 9 Kr..

Nun musste die Schweiz den Absender ausfindig machen und ihm den Brief für 40 Rappen = 12 Kreuzer = 4 Sgr. zurück geben. Von diesem Porto musste jetzt die Schweiz Baden mit 9 Kr. für ihren Dienst als Aufgabepost entschädigen. Preußen blieb außen vor, weil es eh nie etwas zu bekommen hatte.

Wäre der in Preußen aber nicht zustellbare Brief über Bayern in die Schweiz zurück gelaufen, hätte Bayern von der Schweiz später 9 Kr. ersetzt bekommen, denn die Schweiz hätte natürlich angenommen, dass Bayern (Lindau) Aufgabepost im Postvereins gewesen wäre und daher Bayern allein das Postvereinsporto zustünde. In Wirklichkeit hätte Bayern aber gar nichts zugestanden, sondern Baden.

Das gleiche Spiel kann man auch mit Württemberg treiben, für welches allein Friedrichshafen als Aufgabepost des Postvereins bei Schweizer Korrespondenzen fungierte. Es war also wichtig seitens der Abgabeposten zu erkennen, ob ein Schweizbrief über Baden, Württemberg oder Bayern in den Postverein geleitet worden war.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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