Thema: ? (34-35) Stenographie: Kurzschriften wie DEK, Gabelsberger, Stolze-Schrey u Co.
zackigerPitter Am: 19.08.2016 08:58:45 Gelesen: 36408# 16@  
@ Pilatus [#14]

Ich habe einige philatelistische Belege, auf denen sich Vermerke in Kurzschrift befinden; sie tragen u.a. zur Bewertung bei sowie zur Klärung/Bestimmung firmentechnischer Daten, welche für die Einschätzung einiger philatelistischer Bereiche entscheidend sein können.

Die Entwicklung der deutschen Kurzschriften war wohl maßgeblich von der industriellen Entwicklung abhängig, wie andere Fachbereiche, z.B. der Weiterentwicklung der Eisenbahnen, alle das gleiche Ziel hatten, eben eine effizientere Arbeitsweise, so daß ich - wenn ich eine Analogie aufbaue - sich Ende des 19. Jhds. die Vereinheitlichung schon abgeschlossen hatte und es nur noch um Details geht, welche z.B. bei der Decodierung obigen Beleges keine Rolle mehr spielen sollte.

Ich denke, daß die deutsche Kurzschrift in die "Sütterlin"-Handschrift eingeflossen ist, es sich bei "Sütterlin" um eine Modeerscheinung handelt, ich vllt. von 1000 Belegen - in der Anwendungszeit - einen in Sütterlin aufweisen kann; die "Deutsche Normschrift" war mehr verbreitet. Bei der Kurzschrift handelt es sich aber nicht (nur) um eine Modeerscheinung, sondern sie kam eben u.a. in Deutschen Büros in Einsatz.

Bzgl. der Philatelie habe ich drei Varianten anzubieten:

1. kurze Vermerke
2. Kommunikation zwischen Büros
3. Private Kommunikation

2. und 3. nutzten den knappen Platz von Post- und Ansichtskarten aus.

1924 wurde die Einheitskurzschrift eingeführt, wobei es sich nur um Details handeln kann, welche sich von den vorangegangenen, maßgeblichen Schriften unterscheiden. Das ist vllt. mit der Entwicklung der Programmiersprachen zu vergleichen, bei denen es auch Modeerscheinungen gibt und andere den Anforderungen nicht mehr gerecht waren und vom Markt verschwunden waren.

Parallel zur modernen Kurzschrift gab es noch eine Sprache, welche sich langsam etabliert hatte und auch heute noch ihre Liebhaber findet: Esperanto. Also auch hier sind Belege - aus Deutschland u.a. in die Ferne - zu finden. Ich möchte auch hier wieder auf das Postwesen hinweisen, welches dafür, eben den Austausch mit Gleichgesinnten, eine Grundlage gebildet hatte.

Ich selbst hatte 3 Jahre lang Stenographie gelernt, wobei der Einsatz im Beruf spärlich war:

1. Diktat beim Kompaniechef mit einem Fahnenflüchtigen, was ich nicht einmal tippen mußte.
2. Mitschriften der Vorlesungen, die meine Kommilitonen nicht lesen konnten.

Das Sterben der Kurzschrift war wohl das Diktaphon und die Entwicklung der Computer im Bürowesen. Neben der Stenographie hatte ich natürlich auch das Maschinenschreiben erlernt, welche für die Bedienung der Rechner sinnvoll war; Lochkartenschreibmaschne, Teletype und zuletzt das Keyboard.

Insofern habe ich Stenographie fast 40 Jahren nicht mehr betrieben und müßte mir bei obigen Text schon eine Hilfe nehmen, also eines der Kurzschrift-Lehrhefte, welche bei mir vorliegen.

Für meine Belege fertige ich wohl eine Übertragung an, aber ich denke, daß es für jeden andern ungleich mehr Aufwand sein wird, so daß ich diesen Mut zu spreche. :-)

Zum obigen Text möchte ich noch Folgendes erwähnen.

Die Kurzschriften, welche ich bislang gelesen hatte, setzen darauf, daß es für Vokale keine Zeichen gibt, sondern daß die Position der folgenden Zeichen darüber Auskunft gibt. Es ist also entscheidend, ob der folgende Konsonant in der gleichen Linie steht, hoch- oder tiefgestellt oder/und einen entfernteren Abstand hat. Damit kommt man aber nicht aus, so daß der folgende Buchstabe noch verstärkt wird.

Eben diese Verstärkungen sind im einleitenden Text - in meinen Augen - ungewöhnlich! Vllt. versuche ich es bei Gelegenheit mal mit der 1. Zeile. Ein Scan läßt den Betrachter manchmal etwas vermuten, was nicht da ist; die Schrift sieht so aus, als wäre sie mit einem Tintenschreiber geschrieben worden, wobei ich weiß, daß es solche Schreiber gab, aber ich bislang nur mit einem Bleistift geschrieben hatte und fremde - auch ältere - Texte hauptsächlich mit Bleistift geschrieben wurden. Wenn die mit Tinte geschrieben wurden, dann mit einer Feder, die sich bei (mehr) Druck ausbreitet, so daß es fett aussieht.

Bzgl. der vergangenen Stenogramme sind mir hier zu viele Verstärkungen enthalten. Wenn es sich also um eine spezielle Kurzschrift handelt, dann ist dies Merkmal dieser Schrift.
 
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