Thema: Alliierte Besetzung SBZ 212-241: Die Köpfe (Fehl-)Katalogisierungen
Carsten Burkhardt Am: 02.10.2016 09:31:16 Gelesen: 38146# 10@  
Liebe Forummitglieder,

kommen wir doch mal zu den Fakten.

Karsten Ruscher schrieb: <<< 1. Farbbestimmungen der Forschungsgruppe (Herr Podien und Herr Burkhardt) sind fast ausschließlich an gestempelten Marken erfolgt, also Material, welches zuvor „gewässert“ wurde und potentiell als chemisch verändert angesehen werden muss. >>>

Mal ganz von Anfang an:

Ich lernte Paul im Februar 2005 kennen, als er in Cottbus einen Vortrag über die Neukatalogisierung der Köpfeserie hielt. Danach entwickelte sich eine jahrelange Zusammenarbeit zwischen ihm und mir. Ich habe ihn mehrmals in Berlin in seinem Prüfbüro und seiner Wohnung aufgesucht, er war mehrfach in meiner Praxis.

Das von Karsten angesprochene Problem der gewaschenen Marken war uns damals sehr bewusst, also kaufte ich für die Farbforschung zwischen 2005 und 2008 große Mengen postfrischen Materials auf Ebay und über Auktionen, es waren über 100 Sätze Köpfe 1 und 2 aus verschiedenen Quellen, dazu Tausende Einzelmarken aus Sammlungen und ein Bogenposten mit ca. 800 Bögen Köpfe 1 und 2. Gleichzeitig führte ich umfangreiche Papierstudien der Sondermarken mit Wz. 3 (SBZ 1948 bis DDR 1953) auf Grundlage der Publikation von Zempel durch. Es gelang uns nicht, alle Zempel-Papiere eindeutig zu belegen bzw. abzugrenzen, aber am Anfang der Forschung benutzte ich die Zempel-Klassifizierung. Wie gesagt, damals arbeiteten wir zu zweit, Paul und ich, und wir trafen uns regelmäßig, auch auf den ARGE-Treffen oder der Briefmarkenmesse in Berlin, wo wir das Material austauschten. Wir führten Hunderte Telefonate zur Abstimmung der Forschungsarbeit.

Anfang 2008 lernte ich Wolfram Podien kennen, er hatte Ahnung von Messtechnik und sich mit der Methodik vom Bernhöft befasst. Zur Intensivierung der Forschung berief Paul daraufhin eine Farbgruppe Köpfe, der neben Wolfram Podien und Peter Schultz auch noch Dr. Bernd Knackfuß und Günter Theile angehörten, die Paul dazu eingeladen hatte. Das erste Treffen fand im Mai 2008 in Pauls Wohnung statt, neben den genannten 6 war auch Joachim Bernhöft anwesend. Wir einigten uns auf eine Verfahrensweise und Bernhöft erklärte uns, wie wir zu messen hatten, dass alle Marken eine Nummer bekommen müssen und wie sie anschließend sortiert und gesteckt werden sollen, damit man sie visuell begutachten kann.

Insgesamt haben wir daraufhin 38.000 Marken vermessen und anschließend in großen Alben aufgesteckt. Ob der Anteil postfrischer Marken 10 oder 20% war, kann ich nicht sicher sagen, aber er war hoch. Für jede Wertstufe wurde ein großes 60-seitiges Album aufgesteckt. Die Marken wurden sortiert nach Papieren in den Gruppen p1, p2, p3 und Anfangs noch p4. Auf diese 4 Gruppen hatten wir uns gemeinsam geeinigt im Laufe der Forschung, weil die Zempel-Klassifizierung zu komplex war und die Grenzen bei postfrischen und gestempelten Marken nicht mit gleicher Sicherheit gezogen werden konnten.

Die Alben sind unverändert vorhanden. Karsten Ruscher hat sie auch schon selbst gesehen, als er zu einem Treffen der Köpfe-Gruppe bei mir war. Zu den Treffen der Farbgruppe habe ich sie auch immer mitgeschleppt. Paul hat sie auch immer gesehen, weil er ja mit am Tisch saß (und nicht nur Kaffee gekocht hat).

Analysieren wir also noch einmal die Aussagen von Karsten Ruscher:

<<<Forschungsgruppe (Herr Podien und Herr Burkhardt) >>>

ist nicht richtig. In Wahrheit Siegfried Paul, Günter Theile ...

<<< fast ausschließlich an gestempelten Marken>>>

ist nicht richtig. Wir haben von Anfang an großen Wert auf einen hohen Anteil postfrischer Marken gelegt.

<<<„gewässert“ wurde und potentiell als chemisch verändert angesehen werden muss.>>>

ist sachlich nicht zutreffend. Wir haben speziell Wert auf verfärbte und offensichtlich ausgewaschene Marken gelegt und während der Messereihen herausgefunden, dass sich die Kurven in den meisten Fällen überhaupt nicht verändern. In wenigen Fällen zeigen chemische oder physikalische Veränderungen charakteristische Abweichungen im Kurvenverlauf, aber die Grundkurve bleibt immer erkennbar, und man kann niemals aus einer Forschungsfarbe mit ihrer typischen Kurve eine andere machen. Dieser Punkt war Teil der Forschungen und während der Treffen wurden immer wieder verfärbte oder chemisch veränderte Marken vorgeführt. Auch Paul hat sie gesehen.

<<<2. Bestimmte Farbvarianten sind durch Licht manipulierbar. >>>

Dazu gab es gesonderte Untersuchungen, sie sind teilweise nach Beendigung der Arbeit der Farbgruppe (5/2009) im Sommer 2009 durchgeführt worden, die Ergebnisse wurden publiziert.

<<<3. Die Messreihen und das publizierte Datenmaterial einschliesslich deren Interpretation sind schlicht und ergreifend undurchsichtig bzw. nicht nachvollziehbar. >>>

Wie man's nimmt. Es ist und bleibt eine komplexe Materie. Über den richtigen Weg gibt es keinen Konsens.

<<<4. Papiervarianten sind überhaupt nicht beachtet worden. >>>

siehe Punkt 1, das ist schlicht unwahr.

Man fragt sich natürlich, wie kommt ein Karsten Ruscher darauf, hier derartige Unwahrheiten zu schreiben. Er war nicht dabei, kam erst viele Jahre später als Nachfolger von Paul überhaupt zur ARGE. Offensichtlich hat er alles so von Paul erzählt bekommen. Er sollte vielleicht mal seinen Lehrmeister fragen, warum er so etwas verbreitet. Schließlich war Paul immer dabei, und dafür gibt es jede Menge Zeugen.

Ich glaube auch nicht an Vergessen (Amnesie oder Demenz) in diesem Falle. Wird hier etwas absichtlich verfälscht, um die Arbeit der anderen in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen? Will hier jemand als der einzig Wissende dastehen? Wird deshalb mit allen Mitteln versucht, die Kritiker mundtot zu machen?

Richard schrieb: <<<Anscheinend gibt es in der entsprechenden DDR Arge einen heftige ausgetragenen Streit >>>

Ja, so ist es.

<<<Stellv. Vorsitzender der ARGE DDR Spezial. >>>

Auch das ist nicht wahr. Der Verein heißt Philatelistenclub Berlin-Mitte e.V.

<<<Was ist der Einfluss von Papiersorten auf die Messung von Farben? >>>

Im Falle der Köpfeserie fast Null.

<<<Welche Unterschiede bestehen zwischen gewaschenen und postfrischen Marken? >>>

Die einen habe Gummi, die anderen nicht, ansonsten Null.

Muss ich zu den anderen Punkten von Karsten Ruscher auch noch Stellung beziehen? Die Typengeschichte Köpfe II hat soooooo einen langen Bart. Ich möchte hier niemand langweilen. Der Wahrheitsgehalt ist ähnlich hoch.

Schönen Feiertag allesamt.

Carsten (übrigens nicht ex VPEX, sondern VPEX, wir sehen uns auf der Briefmarkenmesse in Berlin! Da haben wir wieder einen eigenen Stand.)

P.S. Kennt jemand die Fabel vom Fuchs und den Trauben?

„Der Fuchs biss die Zähne zusammen, rümpfte die Nase und meinte hochmütig: „Sie sind mir noch nicht reif genug, ich mag keine sauren Trauben.“ Mit erhobenem Haupt stolzierte er in den Wald zurück.“

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[Redaktionelle Ergänzung: Paul = Siegfried Paul, Prüfer BPP / Bernhöft = Joachim Bernhöft, Farbbestimmer im Auftrag der Arge Kontrollrat]
 
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