Thema: Briefmarken-fair-tauschen
drmoeller_neuss Am: 10.02.2009 18:20:16 Gelesen: 53837# 14@  
<Richard>Es handelt sich um eine rein kommerzielle Seite. Wie bei Ebay und anderen Anbietern werden Kosten für die Kontoeröffnung und/oder Einstellung und Handel genommen mit dem Zweck der Erzielung von Gewinnen. Das ist alles ganz legal !

Einverstanden, solange auf die Kosten unmissverständlich hingewiesen wird.

<Richard>Unklar ist mir, wie bei dem hohen Aufwand und den Minikosten/erträgen überhaupt etwas verdient werden kann, dafür halte ich die Einnahmen für viel zu klein.

Das ist ein potentielles Risiko, dass die Seiten von heute auf morgen abgeschaltet werden können. Damit kann ich aber leben.
Tausch ist immer ein Risiko, dass man keinen Gegenwert bekommt, oder der Tauschpartner in der Zwischenzeit einfach stirbt (kommt beim Altersdurchschnitt der Briefmarkensammler leider immer wieder vor). Ich hatte auch schon zweimal statt der Antwortsendung eine Trauerkarte im Briefkasten. :-(

<Richard>Für mich stellt es sich als eine Täuschung dar, wenn sich der Anbieter als Tauschplattform bezeichnet. Es wird nicht eins zu eins getauscht, sondern kostenpflichtig Kauf- und Verkauf vermittelt.

Generell beruht jeder Tausch auf Leistung- und Gegenleistung, ist damit ein Leistungsaustausch, der dem Schuldrecht (BGB) oder auch verschiedenen Verkehrssteuern unterliegt. Dabei muss nicht unbedingt Geld fliessen. Geld hat aber den Vorteil, dass es als allgemeines Tauschmittel anerkannt ist. Man kann aber auch mit Tauschpunkten handeln. Du kannst den Wert auch in Pokémonen festsetzen. Es müssen nur beide Seiten akzeptieren. Rechtlich ändert sich die Situation dadurch nicht.

<Richard>Dazu kommt, dass in den Bedingungen klar festgehalten wird, dass ein Guthaben nicht ausbezahlt wird. Was ist denn, wenn Pilatus kurzfristig nicht mehr tauschen kann, gleich aus welchem Grund ? Das Guthaben von aktuell 320 Euro verfällt wertlos. Man könnte das auch als Enteignung bezeichnen, denn wie Pilatus schreibt, ist dieses Angebot überwiegend für ältere und nicht mehr ganz mobile Sammler geeignet.

Wie schon oben geschrieben, ist das das allgemeine Risiko beim Briefmarkentausch, dass ich keine für mich gleichwertige Gegenleistung bekomme. Der Begriff "Enteignung" ist völlig unangebracht. Aus Deiner Sichtweise werde ich fast jeden Tag enteignet: von der Deutschen Bahn, die meine S-Bahn einfach ausfallen lässt und damit meine Freizeit enteignet, der Wirt, der mir ein schales Bier hinstellt, der Zeitungsverleger mit der Tageszeitung, die nach einem Tag schon den Wert Null hat. :-)

Meine Meinung: wer in eine solche Platform gleich mehrere 1000 EUR einstellt, ist selber schuld. Es bleibt aber jedem selbst überlassen, was er mit seinem Geld macht. Ich kann es auch dem Diamantenhändler aus Sierra Leone zukommen lassen, der mir 20% Provision verspricht und immer so nette Emails in holprigen Deutsch schreibt. Nur soll ich nicht hinterher jammern, wie ungerecht die Welt doch ist.

<Richard>Schliesslich kommen noch rechtliche Fragen dazu. Ich bin zwar kein Jurist, habe aber in meiner Ausbildung und beruflichen Tätigkeit einiges gelernt. Daher meine Abschlussfragen:

(1) Ist die Verwaltung der Guthaben, wie der 320 Euro von Pilatus, durch Bafin oder Bakred ein genehmigungspflichtiges Einlagengeschäft ? Wurde der Sachverhalt rechtlich überprüft ? Wenn ja, wurde diese Genehmigung erteilt ?

(2) Wenn die Genehmigung notwendig sein sollte und Bafin / Bakred die unerlaubt tätige Firma zwangsweise abwickelt, ist dann sichergestellt, dass die Guthaben ausgezahlt werden können ? 100 x 320 Euro sind schliesslich 32.000 Euro. Auch der Abwickler wird in der Regel gut bezahlt.


Richard, hier schiesst Du über das Ziel hinaus. Im ersten Abschnitt unterstellst Du noch den Betreibern, damit kein Geld verdienen zu können. Jetzt machst Du die Webmaster gleich zu Privatbankiers !?

P.s. Werde ich deswegen zur Bank mit Einlagengeschäft, nur weil ein paar Tauschkumpel bei mir Tauschguthaben haben?

Oder der Nachbarschaftskegelklub, der ein paar 1000 EUR Einlagen für die jährliche Sauftour verwaltet, braucht jetzt eine Genehmigung von der Bafin?

<Richard>(3) Wie sind die Einlagen gegen eine Veruntreuung oder einen Konkurs geschützt ? Wurden entsprechende Versicherungen abgeschlossen ?

Die Haftung hängt von der Unternehmensform ab. Ich unterstelle den Betreibern eine GbR, d.h. sie haften mit ihrem gesamten Privatvermögen.

Und nun meine Kritik an diesem Konzept: Wie die Verantwortlichen schon schreiben, "Fortgeschrittene Philatelisten und Philaforscher die Ihre Exponate auf Rang I und Rang II-Ausstellungen zeigen, werden hier sicher kaum fündig werden."

Genau das ist der Schwachpunkt des Konzeptes. Die meisten Marken bewegen sich im untersten Wertbereich. Um auf dieser Platform aktiv zu werden, muss ich meine ganzen Groschenmarken einzeln einscannen und einstellen, und pro Marke 3 cent zahlen. Für mich lohnt sich jedenfalls dieser Aufwand nicht. Aus dem Groschenbuch eines besseren Flohmarkthändlers bekomme ich die Marken schneller und für 5 cent.

Leider fehlt eine Suchefunktion z.B. nach Michel-Katalognummern, so dass ich meine Fehlliste mühsam zusammenklicken muss.

Dann muss ich noch Porto aufbringen, um Sendungen von verschiedenen Anbietern zusammenstellen zu lassen. Dies ist die Sicht eines mobilen Stadtmenschens.
Trotzdem: wo ist der Unterschied zum Ebay-Kauf? Die meisten Marken bekomme ich steckkartenweise bei Ebay, der Kontakt läuft auf der gleichen Ebene ab, oft nur Überweisung mit den hinterlegten Kontendaten und dann kommt die Ware ohne jegliche persönliche Mitteilung - jeder Einkauf bei ALDI ist kommunikativer, da die Kassiererin wenigstens die Tageszeit wüscht. Ich sehe nicht den Vorteil der Tauschplatform.

Was wäre mein Konzept für gute Tauschseiten?

a) Der Benutzer stellt seine Bestandlisten ein. Das muss einfach möglich sein, z.B. durch automatisches Hochladen in einem gängigen Format (z.B. csv-Datei). Die Marken müssen mit wenigen Attributen beschreibbar sein (Gebiet, Katalognummer, Erhaltungszustand). Photos halte ich bei kleinpreisigem Material für überflüssig. Billige Marken müssen perfekt sein, sonst gehören sie in das Altpapier. Eine Beschreibung erübrigt sich.

b) Der Tauschinteressent lädt seine Fehllisten hoch. (im gleichen Format wie die Bestandslisten)

c) Das Software-Werkzeug listet die besten Tauschpartner auf, d.h. wo die meiste Übereinstimmung erzielt wird. Die Übereinstimmung kann anhand der Anzahl der marken oder des Wertes erfolgen. Ebenso sollte die Suche einschränkbar sein, z.B. auch bestimmte Postleitzahlengebiete.

(als Schmankerl für ein späteres Release kann das Software-Werkzeug gleich die druckfertigen Listen für den Tausch generieren, z.B. in csv, so dass man das in Excel o.ä. einlesen kann)

d) Alles weitere regeln die Tauschpartner selbst, ob ein Tausch zustande kommt, z.B. das Wertverhältnis, wer das Porto übernimmt (ich halte es immer so, dass jede Seite "ihr" Porto zahlt und philatelistisch frankiert) etc. Die Platform hat damit nichts zu tun.

e) Die Bestandslisten werden automatisch nach 28 Tagen gelöscht. Die Benutzer müssen rechtzeitig aktualisierte Listen einstellen. Möchte ein Benutzer Marken für einen Tausch reservieren, so kann er

- eine aktualisierte Bestandsliste ohne die Tauschmarken einstellen
- die Bestandsliste vorübergehend sperren

Die Datenbank sollte möglichst einfach sein. Die Eingabe eines Markenwertes sollte optional sein, bei billigen Marken wird die Datenbank für die Übereinstimmungssuche einen Durchschnittswert pro Marke unterstellen (z.B. gestempelt 0,50, postfrisch 1,00 EUR), wenn der Benutzer keine Eingabe gemacht hat.

Warum Bestandslisten: Halte ich für einfacher, da man viele Marken mehr als einmal doppelt hat. Bestandslisten müssen seltener aktualisiert werden als Fehllisten. Prinzipiell würde das Modell auch umgekehrt funktionieren: Fehllisten einstellen, und darauf Bestandslisten "loslassen".

Von der EDV-technischen Umsetzung halte ich das Modell für recht einfach, ich würde auf komplizierte Abgleichsalgoritmen verzichten:

- die Anzahl der Benutzer beschränkt sich auf einen relativ kleinen Kreis
- die Suchgeschwindigkeit ist nicht kritisch, einige Minuten ist akzeptabel, wenn man darauf hingewiesen wird.

Finanziell würde ich das über einen Mitgliedsbeitrag laufen lassen. Die ersten drei Monate sollten zum Kennenlernen umsonst sein, und damit die Datenbank auf eine "kritische Masse" an Material kommt.

<Richard>Ich wünschen allen Sammlern viel Spass bei unserem gemeinsamen Hobby - möge jeder kaufen, verkaufen, tauschen und schenken wo immer sie oder er dies für richtig hält.
 
Quelle: www.philaseiten.de
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