Thema: Rumänien: Belege nach 1945
10Parale Am: 27.10.2016 23:11:37 Gelesen: 183864# 2@  
@ Michael Mallien [#1]

Ich möchte die Frage gerne aus meiner Sicht beantworten, doch zuvor möchte ich auf den Beleg eingehen, den du vorstellt. Es ist ein sehr schöner Brief, den ich auch sammeln würde, nicht nur wegen der Marken, sondern auch wegen des 2-K-Stempels BUCURESCI-CARTARE-C81.

Der Brief lief in der Zeit nach der Revolution von 1989, in der sich die vom Kommunismus zerfetzte Währung, der Lei, stabilisieren musste. Wie konnte er dies? Natürlich nur mit einer Inflation, die eines Tages in einer Geldentwertung mündete.

Insofern ist das Porto (lt. Calin Marinescu´s Werk über die rumänischen Posttarife) in Höhe von 940 Lei (Gewicht war wohl zwischen 21 und 50 gramm) auch nur eine flüchtige Erscheinung, so ähnlich wie im Deutschen Reich 1923, nur nicht ganz so grass. Entweder wurde der Brief überfrankiert, weil es keine anderen Marken gab (was ich mir gut vorstellen kann) oder der senkrechte Dreierstreifen von 60 Lei führte einfach zur Überfrankierung.

Nun zu deiner Frage, wie steht es mit der rumänischen Philatelie nach 1945, also nach Ende des II. Weltkrieges:

Briefmarkensammeln bzw. Philatelie ist ein Hobby, dass sich die Rumänen kaum gönnen, will sagen, die Philatelie ist nicht in der Breite des Volkes angekommen. Hierin liegt ein Fluch und ein Segen. Der Segen ist wohl der, dass die rumänische Philatelie (schon früher als 1945) ein Nischendasein führte und nun langsam der Vorhang bei Seite geschoben wird. Briefmarken waren zum Export bestimmt, ähnlich wie Bärenfelle oder der Reichtum der Karpatenwälder, der zu teuren Devisen an den kapitalistischen Westen verscherbelt wurde.

Die Auflagenzahl der Briefmarken war zwar (glaubt man den offiziellen Angaben) im Durchschnitt nicht sehr hoch, jedoch gab es enorm viel Briefmarken. Und wie alle Länder, die im Umfeld des Sowjetreiches lebten, genießt diese Zeit und die Zeit nach den Umwälzungen wenig Beliebtheit im Westen. Der Westen wurde vom Westen gespeist, d.h. Coca-Cola und Micky-Mouse prägten Westeuropa, während alles jenseits der "Mauer" hinter einem nebulösen Vorhang schwebte.

Umso mehr gefallen heute Briefe wie dieser, den du zeigst. Ich zeige hier noch einen anderen Brief "nach 1945", ein Einschreiben, dass am 23.6.1972 von Cluj Napoca nach Basel lief (rückseitiger Ankunftsstempel von Basel vom 27.6.1972. Ein einfacher Brief bis 20 gramm musste in dieser Periode 2,10 Lei gekostet haben. Mir ist das höhere Gesamtporto für ein Einschreiben von 6,60 Lei jedoch noch nicht plausibel.

Liebe Grüße

10Parale
   
 
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