Thema: Mikroskopie in der Philatelie
Thilo Nagler Am: 01.02.2017 13:33:21 Gelesen: 8527# 2@  
@ Ben 11 [#1]

Auch wenn wir gleich mit dem schwierigsten Thema im Bereich der philatelistischen Mikroskopie anfangen. ;-)

Ja, ich mikroskopiere bestimmte Farben oder (eher selten) Stempel der SBZ unter Fluoreszenz. Dafür nutze ich das sog. „Große Forschungsmikroskop universal“ von Zeiss. Jedoch musste das Mikroskop zur philatelistischen Nutzung umgebaut werden. Mein Mentor Prof. Dr. Udo Klein hatte mich dabei unterstützt und ich konnte fast 20 Jahre von ihm lernen. In meinem Büro habe ich zwei Arbeitsplätze zum Prüfen. Einer davon ist u.a. mit dem Mikroskop ausgestattet.



Am Ende des Mikroskops finden sich zwei Lampenhäuser. Das untere und kleinere Lampenhaus beinhaltet eine 250 Watt Halogen-Lampe. Damit mikroskopiere ich im Durchlicht, das ca. 90% meiner Mikroskoparbeit ausmacht. Ein Hitzefilter ist sehr wichtig! Das obere runde Lampenhaus (sog. Melone) beinhaltet eine 250 Watt HBO-Lampe (Quecksilberdampfdrucklampe). Das Licht wird sehr hell und sie strahlt ein sehr breites Spektrum (Wellenlänge) aus. Im gleichen Prinzip arbeitet die rechts zu sehende Hanau Fluotest. Das Licht läuft im Mikroskop vor zur Optik. Dort durchläuft es den UV-Filter. Der Filter wurde speziell eingebaut, damit ein sehr breites Spektrum an Fluoreszenz (Wellenlänge in Nanometer) abgedeckt bzw. angeregt werden kann. Fluoreszenz teilt sich in UV-A (320-400 nm), UV-B (280-320 nm) und UV-C (100-280 nm). Die meisten philatelistischen UV-Prüfgeräte arbeiten mit UV-A-Licht. Weil es jedoch sein kann, dass eine Anregung im Spektrum des UV-B-Lichtes liegt, wurde der Filter im Mikroskop über diese zwei Längenbereichte (UV-A und UV-B) ergänzt. Nach dem Filter durchläuft das gefilterte Licht ein Prisma und läuft durch das Objektiv auf das zu mikroskopierende Objekt. Die passive Reaktion des Objekts nimmt man dann als Fluoreszenz wahr.

Ein kleiner Exkurs zur Fluoreszenz:

Wie ich oben schreib, sieht man eine passive Reaktion. Fluoreszenz ist eine Anregung von Elektronen, die durch einfließende (Licht-)Energie auf eine höhere Schale (Umlaufbahn um den Atomkern) gelangen. Wegen der jetzigen Unvollkommenheit der unteren Schale (vollständig mit 2 und jeweils weiter mit 4 Elektronen), fällt das Elektron im selben Moment auf seine Ursprungsumlaufbahn zurück. Dabei gibt das Elektron Energie ab, welche wir als Fluoreszenzreaktion wahrnehmen. (Alles sehr vereinfacht beschrieben.) Wenn man das verstanden hat, kann man nachvollziehen, dass sich bestimmte Elektronen nur von einer bestimmten Wellenlänge anregen lassen. Man könnte fast von Schlüssel-Schloss-Prinzip sprechen.



gif-Datei: Zur Animierung bitte anklicken.

Quelle: http://www.mikroskopie.de/kurse/navigation/fluoreszenz/kurs.htm

Von diesem Punkt aus habe ich begonnen, Briefmarkenfarben in ihrer UV-Reaktion versucht zu verändern. Die Versuche lieferten so gute Ergebnisse, dass mancher Sammler sich an meinen „Raritäten“ erfreute und Prüfer auf meine Veränderungen hereinfielen. Aufklärung gab es den betreffenden Sammlern und Prüfern auch von mir. So konnte ich beispielsweise auf recht einfache Art eine gestempelte Michel-Nr. 97 AX at in eine 97 AX bat verändern.




Jetzt stand ich vor dem Problem, wie diese Verfälschung erkennen? Da kam mir mein Fluoreszenzmikroskop zu passe. Manipulationen konnten vollständig erkannt werden. Daher prüfe ich im Bereich der SBZ die Michel-Nummern 97 AX bat, bav, baw sowie den Block 4 y d (ehemalige Fehlfarbe) ausschließlich mittels Fluoreszenzmikroskopie.

Beste Grüße

Thilo
 
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