Thema: Neuheiten sammeln - warum ich aufgehört habe
jueshire Am: 14.03.2017 07:36:49 Gelesen: 11691# 15@  
Hier geht es ja mittlerweile um das Eingemachte der Philatelie: Handelt es sich dabei um die Befriedigung der "Idealvorstellung" von Katalogmachern und "der Philatelie des 19. und 20. Jahrhunderts", d.h. um die lückenlose Sammlung aller verausgabten Marken, und zwar mit zentral aufgesetzten Stempeln ohne Wellenlinien und Werbebanner? Oder handelt es sich bei "Philatelie" um die Erforschung der Brief- und Postkultur? Wenn es nämlich letzteres ist, dann gehören die Ausgabeflut moderner Postanstalten, die nachlässige oder völlig ausbleibende Abstempelung und so weiter zum Phänomen selbst dazu.

Um nicht missverstanden zu werden: Selbstverständlich sind Ort und Datum der Abstempelung wesentliche philatelistische Informationen, um überhaupt etwas über die Sendung herausfinden zu können. Aber zum Untersuchungsgegenstand Philatelie gehört meiner Ansicht nach der Umstand, dass die Entwertung der Marken nicht mehr wichtig ist. Briefmarken werden auch kaum noch als Geldersatz akzeptiert. Postlabel beschleunigen nicht nur die Automatisierung der Zustellung, sondern liegen auch im Rationalisierungsinteresse vieler Kunden. Und die Ausgabenflut der Postanstalten dient in Zeiten des Print-on-demand mit ihren rasch wechselnden Motiven primär darauf ab, die Aufmerksamkeit der Kunden zu gewinnen. Völlig unverkäufliche Kleinauflagen sind kein Beinbruch für die Postanstalten, solange der Shareholder Value nicht darunter leidet.

Wenn man hingegen Marken am Empfängeramt sauber und zentriert abstempeln lässt - womöglich noch Ausgaben, die sich weitestgehend als unverkäuflich erweisen - hat man da nicht ein Phantasieprodukt geschaffen?

Vielleicht gehört die Dokumentation der Häufigkeit von Abstempelungen, der Seltenheit von Ortsstempeln, und ein Katalog der "unverkauften Neuausgaben" zur Philatelie des 21. Jahrhunderts?
 
Quelle: www.philaseiten.de
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