Thema: Gedanken zur Zukunft der organisierten Philatelie
DL8AAM Am: 22.04.2017 19:37:51 Gelesen: 6322# 6@  
@ Cantus [#5]

Ingo,

vielen Dank für Deine beiden Beiträge, denen ich, mit einer Ausnahme (Ausstellungswesen), vollkommen zustimme.

Ich mit meinen 52 Jahren bin zwar noch ein typischer Vereinstyp, aber ich sehe das aber auch so, dass die "Sache" in dieser Form durch ist, zumindest für Hobbys, bei denen ich die Tätigkeit nicht nötigerweise extern vor Ort betreiben muss. D.h. Sportvereine mit ihren Sportstätten werden sich länger halten, aber auch hier sehe ich die Tendenz, dass die Sporttreibenden eher die in viel teurere Fitnessstudios gehen, als in den günstigen Verein um die Ecke. Ein Verein erwartet/benötigt um zu funktionieren, eben noch "Rahmentätigkeiten", die mit der eigentliche gewünschten "Tätigkeit" wenig bis nichts zu tun haben. Man geht, wann man persönlich will und kann (viele Studios hier [Unistadt] haben inzwischen sogar 24/7 geöffnet. Wer geht denn um 3 Uhr zum "Fahrradfahren" ins Studio? Egal, wer es möchte, kann es eben). Auch sind Vereine in Strukturen eingebunden, die mir in meinem Tun "Vorschriften" machen, gerade das ist heutzutage wenig "beliebt". Deshalb leiden auch Sportvereine unter diesen Entwicklungen. Viele Fußballklubs haben hier im Umland inzwischen "zu machen" müssen bzw. sich zu neuen größeren Sammelvereinen zusammen geschlossen, um überhaupt noch eine Mannschaft auf die Beine stellen zu können.

Diese Tendenz trifft unsere philatelistischen Ortsvereine mit doppelter "Härte", dessen Treffen im weitesten Sinne inzwischen häufig eher an ein geselliges "Kumpelsehen" beim gemütlichen Bier erinnern. Ich mag sowas noch. Aber das sind nur Nebenefekte.

Aus genau dem Grund, den Ingo oben beschrieben hat, hat "mein" Schützenverein auch das werben um Kinder/Jugendliche/Junge Erwachsene vollkommen eingestellt und man konzentriert sich jetzt auf den Mann (Frau) ab Mitte 40. Der (die) ist beruflich situiert bzw. örtlicher gebunden, die Kinder sind langsam aus dem Gröbsten raus, man ist zu alt fürs aktive Fußballspielen und sucht gerade eine passende Freizeitbeschäftigung.

Bis auf meinen lokalen Sportverein, bin ich inzwischen vereinlich nur noch überregional und international organisiert, nämlich da, wo ich für meine Interessen "Interessantes" und Hilfreiches finde. Was die Philatelie betrifft, habe ich mich, nach einer längeren Abwägungszeit, vorerst gegen den örtlichen Verein entschieden, a) weil die monatlichen Treffzeiten (einfach zu früh am Abend) nicht zu meinen Arbeitszeiten passen und [hätte in den letzten 1,5 Jahren genau 1x hingekonnt] b) weil es mir (als moderner Postgeschichtler) in meinen persönlichen Themenbereichen einfach nichts bringt, keine Gleichgesinnten, alles traditionelle Zackenzähler alter Schule. ;-) Das ist nicht negativ gemeint, passt aber nicht zu mir. Ich habe mich deshalb einer internationalen ARGE in den USA angeschlossen. Die haben eine gute Webseite, eine interessantes Email-Magazin und einen passenden Email-Verteiler bzw. eine (Email-) Gesprächsplattform, dabei decken sie mein Hauptgebiet, auch international, gut ab. Da gibts mehr zu FRANKITs, DV- und Label-Frankaturen und Co. als hier vor Ort. Da ich die "Philatelie" trotzdem beziehen will, werde ich demnächst wohl auch in eine für mich passende deutsche ARGE eintreten, auch um so dem BDPh anzugehören (da ich die Idee der internationalen Dachverbandsvernetzung, u.a. auch wegen dem internationalen Ausstellungswesen) unterstützen möchte. Wichtig für das Überleben der internationalen Philatelie ist der Organisationsgrad, wie ich organisiert bin, ist da vollkommen unerheblich, ob als Direktmitglied, als ARGE-Mitglied oder über einen traditionellen Ortsverein. Jeder muss da gleichberechtigt abgeholt werden, wo ist steht oder wo er sich wohl fühlt. Da hat dann auch der gute alte OV wieder seine Chance. Der OV ist aber sicherlich nicht mehr Basis der organisierten Philatelie der Zukunft. Nur sehen wohl viele Verbandsführer (hier eher auf der OV- und LV-Schiene) nicht, dass man sich als Bundesverband vollkommen neu und diverser aufstellen muss, um für die Zukunft eine möglichst breite Basis und eine Chance zu haben. Hier liegen wohl auch etliche der aktuellen Probleme mit der organisisierten Philatelie begründet. Vielen wollen einfach weitermachen wie bisher... Das sieht man auch schon in der (fehlenden) "IT-Vernetzung" der Vereine und der "IT-Durchnetzung" der einzelnen Mitglieder. Häufig habe ich den Eindruck, dass die digitale Welt bei 70jährigen Philatelisten, viel weniger aufgenommen wird, als im Rest der ("vergleichbaren 70jährigen") Bevölkerung. Es sieht oft so aus, als ob eine "geistig innovative" Beweglichkeit bei vielen, auch bei (auch höheren) Funktionären, vollkommen abgängig ist. Augen zu, und durch, wird schon gutgehen, ging ja immer gut.

Wo das nicht so recht zusammen passt, da hat "22028" vollkommen Recht, dass ein Ausstellungswesen nicht ohne "physisch anwesende" Manpower machbar ist. Und ohne die "kleine Ausstellung" vor Ort, auch keine internationalen Weltklasseshows. Und diese sind für die Philatelie essentiell wichtig. Für mich haben New York und Taipei letztes Jahr wieder so einen richtigen Motivationsschub gebracht, auch wenn dort nichts gezeigt wurde, was direkt meine Gebiete betrifft.

Gruß
Thomas
 
Quelle: www.philaseiten.de
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