Thema: (?) (31) Österreich Ganzsachen
bayern klassisch Am: 23.04.2017 10:15:58 Gelesen: 22308# 9@  
Lieber Ingo,

damit du mit deinen Ganzsachen nicht gar so allein da stehst, will ich dir meinen gestrigen Auktionsfang nicht vorenthalten, auch wenn hier die Ganzsache mit ihrer netten Zusatzfrankatur nur der Mittel zum Zweck waren, was ich dich mir nachzusehen bitte.

Liebe Freunde,



wenn man Post seiner beiden Lieblingsländer Österreich und Frankreich (die beiden anderen sind die Schweiz und England) historisch und brieflich miteinander verbinden kann, sollte man es tun. Dass dabei das zugrunde liegende Material schöner aussehen sollte, als dieses Entlein, versteht sich von selbst und so bin ich gerne bereit, ihn gegen einen besseren auszutauschen, wenn der dasselbe bieten kann, wie dieser hier.

Eine 15 Neukreuzer Ganzsache aus Triest wurde, um alles passend zu machen, mit einer 10 Nkr. Marke am 17.7.1870 auffrankiert, denn der Zielort war Paris. Absender war die Filiale der Union - Bank in Triest - ein Inhalt ist leider nicht mehr vorhanden, wie bei den allermeisten Ganzsachen.

Empfänger war I. E. Kann, 14 rue de Gramont.

Erinnern wir uns: Frankreich erklärte Preußen den Krieg am 19.7.1870 und Bayern am selben Tag den Franzosen, wie die Preussen auch. Bereits am 15.7.1870 erfolgte in Bayern die Mobilmachung, einen Tag später in Preussen und Baden, am 17.7.1870 war auch Württemberg an der Reihe. Der Brief fällt also genau in die Zeitspanne zwischen Mobilmachung und Kriegserklärung und diese betrug ja nur 2 bis 4 Tage.

Selbstverständlich hatte Österreich Frankreich nicht den Krieg erklärt et vice versa ebenso wenig. Doch standen nun für die Sendungen aus Österreich keine Leitungsmöglichkeiten mehr über deutsches Gebiet offen und ab dem 19.7.1870 hatte Bayern verfügt, dass es keine gemeinsame Postgrenze mehr zu Frankreich geben würde und Briefe nach/über dorthin via München und die Schweiz zu leiten waren.

Da Strasbourg und Forbach demnach ausfielen, blieb nur der Serienleitweg über Italien, mit dem man sich österreichischerseites kurz zuvor bekriegt hatte, also quer durch Venetien und die Lombardei Richtung Culoz, welches südlich der Schweiz liegt. Es waren daher ca. 800 km Wegstrecke zurück zu legen in westliche Richtung.

Vorne weist der blaue Stempel "AUTRICHE 3 CULOZ" den genommenen Grenzübergang aus, auch wenn dieser Stempel der Ankunftsstempel von Paris war und NICHT in Culoz abgeschlagen worden war.

Siegelseitig erkennen wir den Stempel "PARIS POSTE RESTANTE", den wir hauptsächlich auf Bankbriefen an Rothschild kennen, wo er zig-tausendfach vorkommt.

Wie man an der geringen Laufzeit von nur 3 Tagen erkennen kann, gab es wohl noch keine merklichen Auswirkungen des bevorstehenden Krieges - noch funktionierte alles bestens. Aber es sollte alles anders kommen ...

Liebe Grüsse,
Ralph
 
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