Thema: Ausstellungen: Bewertungskriterien für elektronische Datenträger und Internetseiten
fdoell Am: 29.04.2017 23:10:14 Gelesen: 7432# 3@  
Ich bin Ersteller und Webmaster einer relativ neuen Internetpräsenz und habe vor, die auch einmal auszustellen. Die Bewertungskriterien und Hinweise für Juroren habe ich deshalb mit großem Interesse gelesen. Dabei habe ich mich angesichts einiger Formulierungen allerdings gefragt, ob die angeführten Kriterien denn das treffen, was für einen Intenetauftritt m.E. aktuell möglich und evtl. auch erstrebenswert ist. Einige Beispiele:

Der Juror sollte einen internetfähigen Rechner besitzen

Für Juroren kenne ich die Bestellungsvoraussetzung, dass sie selbst ausgestellt haben müssen und dabei gute Bewertungen erzielt haben müssen. Überträgt man das auf Webseiten, ist diese Bemerkung doch eigentlich komplett überflüssig. Wenn sie dennoch hier steht, lässt das bzgl. der Jurorenauswahl Schlimmes erahnen.

Bei der ersten Ausstellung von Internetseiten in Mainz wurde ein Aussteller von einem Juror gefragt „kann ich das mal ausgedruckt haben“???!!!

Die Darstellung der Übersichtsseite findet optimalerweise auf einer normalen Bildschirmseite platz

Was hier offensichtlich unterstellt wird, ist eine Anzeige auf einem Desktop-Monitor. Ob eine Seite responsiv gestaltet ist, also bei einem schmäleren Monitor bei z.B. einem Tablet oder einem Smartphone eine automatische Verschachtelung der Inhalte stattfindet (so dass die Texte lesbar bleiben) und nicht nur eine Verkleinerung, scheint gar kein Kriterium zu sein.

Auch oder gerade weil wenn die Masse an Webseiten für breite Monitore (über 800 Pixel Anzeige) gestaltet wurde, sollte ein responsives Design, welches das Medium Internet auf modernen Geräten optimal nutzt, positiv in die Bewertung eingehen.

Um Internetseiten leichter bewerten zu können, ist der Aufbau einer Favoritenliste von Seiten sehr empfehlenswert. Eine Sortierung von gleichartigen Seiten erleichtert später das Wiederfinden von bestimmten Seiten

Wird hier bewertet, ob für den individuellen Webseitenbesucher eine individuelle Favoritenleiste interaktiv erzeugt wird? Oder was sollte anders sortiert sein als es ein einem verständlichen Menü dargestellt sein kann? Diese Vorgabe verstehe ich nicht. Versteht sie ein Juror?

Es ist empfehlenswert, die zu beurteilende Seite mindestens mit zwei gebräuchlichen Internetbrowsern anzusehen. Damit wird geprüft, ob die Darstellung im Internet nicht browserabhängig ist und handwerkliche Mängel enthält.

Siehe Anmerkungen oben. Die Seite sollte auch für Tablets und Smartphone funktionieren, was man durch eine Verkleinerung des Browserfensters leicht simulieren kann (man braucht dazu also keine eigenen Geräte). Natürlich kann man aber bei einer Mausbedienung die Touch-Funktionen eines Webs nicht testen…

Externe Bewertungen via Internetseiten wie http://www.seitwert.de können interessante Indikationen zur Einbindung von Webseiten ins Internet geben.

Hmm. Ob das für die Beurteilung einer philatelistischen Seite sinnvoll ist? Dort wird z.B. bewertet:

- Externe Wertungen der Site durch „Alexa“. Alexa ist ein Dienst von Amazon, der die Zugriffszahlen von Webseiten misst. Berücksichtigt werden dabei nur Nutzer, die die Alexa-Toolbar (sowie einige andere Tools) auf ihrem Rechner installiert haben (Information von seitwert.de). Relevanz der Amazon-Toolbar-Benutzer für die Philatelie ?

- Bewertet wird die Anzahl Shares, Likes und Comments in sozialen Netzwerken wie Facebook und Google+. Na denn man voran, wenn die Existenz eines Rechners beim Juror nur vorhanden sein „sollte“! Wie wir alle wissen, ist ja die Anzahl Likes ein echtes Indiz für hochwertige philatelistische Ergebnisse…

- wenn die Website noch nicht lange existiert, wird dies negativ gesehen. Ist das ein Kriterium?

- eine nicht vorhandene Referenzierung bei Wikipedia wird negativ bewertet. Welcher Verein und welche Arbeitsgemeinschaft steht denn bitteschön in Wikipedia?

Die technische Qualität der Seiten im Vergleich untereinander lässt sich ebenfalls vergleichen

Es fehlen m.E. eindeutig Kriterien, anhand derer der Juror die technische Qualität überhaupt beurteilen sollte. Die Angaben bei seitwert.de scheinen mir da wenig geeignet.

Welcher Juror beurteilt z.B. die Alternativtexte zu Bildern, damit sich Sehbehinderte den Inhalt einer Abbildung vorlesend beschreiben lassen können?
Oder die Verschlüsselung einer Mailadresse mit Javascript-Fuktionen zur Vermeidung von SPAM?

Oder die saubere Definition von Formatierungsanweisungen in CSS-Stylesheets. per Javascript oder ähnlichen Tools?

Klarheit/Übersichtlichkeit: Der Anwender sollte den Inhalt der Internetseite bzw. das Thema schnell erfassen können.

Nicht nur die Menüführung sollte m.E. Beachtung finden, auch das gesamte Webdesign, die Typographie, das Farbkonzept usw.

Originalität: Unterscheidung zwischen Veröffentlichung von originärer Forschungsarbeit oder Wiederveröffentlichung eines bereits erschienen Werkes auf einer Internetseite.

Hier wird offensichtlich ein Kriterium von geduckter Literatur, nämlich die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen, als primärer Zweck eines Internetauftritts angesehen.

Die Bewertungskriterien sprechen zum Glück noch von Werbung für die Philatelie, Organisationsfragen und Dokumentationszielen.

Internetauftritts könnten m.E. eine viel größere Bandbreite von möglichen Zwecken erfüllen, z.B.

- Vorstellung von Sammelgebieten, räumlich und zeitlich gegliedert, evtl. mehrsprachig

- Informationen über Neuausgaben (ähnlich Katalogangaben, z.B. mit FDC- und Stempeldarstellungen und evtl. Zusatzinformationen zum abgebildeten Motiv usw., auch wenn das erfahrungsgemäß SEHR arbeitsintensiv ist)

- katalogähnliche Vorstellung von philatelistischen Sammelobjekten

- Ansprache neuer, junger potentieller Sammler (Mitgliedergewinnung, auch dazu responsives Design!)

- Vorstellung der Länder und Regionen in Form von Reiseberichten oder externen Links (viele neue Sammler kommen bei länderbezogenen Sammelgebieten über die Schiene Tourismus)

- Informationen zur Organisation und zu den „Machern“ eines Vereins oder einer ArGe, zu Prüfern und Partnerorganisationen

- Zurverfügungstellung vorhandener Informationen und Veröffentlichungen wie Mitteilungsblättern als digitales Archiv (z.B. als PDF-Dateien)

- Internetforen, öffentlicher Austausch zu philatelistischen Themen

- Nutzung von Medien, die in gedruckter Form gar nicht zur Verfügung stehen (z.B. 360°-Rundumbilder, Videos, akustische Informationen – nicht unbedingt Musik, aber vielleicht die Aussprache eines Fremdwortes?)

- Übersetzungshilfen bei fremdsprachigen Sammelgebieten u.a.m.

Bei stark interaktiven Internetseiten kann die Anzahl der Mitglieder und die Menge der Beiträge ein Indiz für eine – zumindest vom Nutzer – wahrgenommene hohe Bedeutung sein .

Auch bei eher statischen Seiten kann die Anzahl und Vielfalt der Beiträge den Nutzen für die Besucher erhöhen und könnte damit in die Bewertung eingehen.

Technische Gestaltung (30 Punkte)

Die nachfolgenden Themen befassen sich m.E. nur indirekt mit der verwendeten Technik wie z.B. der Verwendung von Codesprachen (HTML, XML usw.), Content Management Systemen, Datenbanken und deren Einbindung mit PHP etc.

Es geht um Gestaltung, Aufbau und Inhalte. Die einzige technische Frage, die aber nur im Ergebnis bewertet werden, ist die (relative) Antwortzeit (Ladezeit), wobei das erstmalige Laden z.B. von Schriftendateien aus dem Internet (die werden verwendet, damit das Ergebnis auf allen Browsern gleich aussieht) separat zu zählen ist; danach stehen die üblicherweise im Browser.

Lange Menüleisten, die den Betrachter zum Scrollen zwingen, sollten vermieden werden.

Bei breiten Monitoren würde ich dem zustimmen, bei Tablets und Smartphones lässt sich das auch bei responsivem Design nicht vermeiden (wie soll man denn ein umfangreiches Menü in lesbarere Schrift sonst auf so einem relativ kleinen Bildschirmbereich darstellen?).

Bedienerfreundlichkeit: Die Seite sollte möglichst mit mehreren neueren Browsern betrachtet werden

Siehe oben. Responsivität sollte zusätzlich zum Funktionieren mit verschiedenen Browsern ein Thema sein und die Bedienung für Menschen mit Behinderungen ist ein aktuelles Thema, das auch in der Philatelie ein Krierium sein sollte.

Gruß
Friedhelm
 
Quelle: www.philaseiten.de
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