Thema: Fälschungsbekämpfung: Anbieter bei Ebay auf Dummenfang
Cantus Am: 24.05.2017 01:52:16 Gelesen: 47462# 15@  
Hallo zusammen,

einige von euch gehen immer noch davon aus, dass sich der Durchschnittssammler Fachliteratur zulegen und diese dann auch tatsächlich lesen sollte, bevor er Briefmarken erwirbt. Ich halte das für weltfremd, denn der Durchschnittssammler sammelt das, was ihm vor die Nase kommt, und wenn das dann zufällig auch einmal ein paar Marken von Thurn und Taxis sind, dann wird er da vermutlich zugreifen, ohne vorher Literaturstudien zu betreiben. Und dann kommt dann noch hinzu, dass üblicherweise nicht nur so ein kleines Sammelgebiet wie Altdeutschland oder Deutsches Reich gesammelt wird, sondern mindestens jedes und alles, was im Michel-Deutschland-Katalog aufgeführt ist. Ich kannte früher aber auch viele Sammler, die darüber hinaus noch diverse andere Staaten der Erde gesammelt haben, ich war auch so einer.

Ich will das Problem einmal anhand meiner letzten Briefmarkensammelgebiete verdeutlichen, die ich gepflegt hatte, bevor mich 1984 das Ganzsachenfieber endgültig packte. Dabei gab es Sammelgebiete, denen mein Hauptinteresse galt, und andere, die noch so nebenbei mitgeführt wurden.

Hauptinteresse

Bund, postfrisch und gestempelt
Berlin, gestempelt
Österreich gestempelt
Großbritannien gestempelt ab Nr. 1, in der Klassik nach Plattennummern
Frankreich gestempelt ab Nr. 1, in der Klassik nach Farbvarianten und zusätzlich nach Stempeltypen
Schweden gestempelt ab Nr. 1
Gibraltar gestempelt ab Nr. 1
Malta gestempelt ab Nr. 1
Schweiz postfrisch und gestempelt, etwa ab 1880
Elfenbeinküste / Côte d'Ivoire postfrisch/ungebraucht und gestempelt ab Nr. 1

Nebeninteresse

Spanien nach 1945 gestempelt
Ägypten gestempelt
Israel gestempelt
Malaysia und Teilstaaten gestempelt
USA gestempelt
DDR gestempelt
Deutsches Reich gestempelt

Natürlich hatte ich auch Kataloge und einzelne Fachliteratur dazu, ich war aber auch berufstätig und dafür rund elf Stunden außer Haus, meine Fremdsprachenkenntnisse beschränken sich auf Schulfranzösisch und Schulenglisch, was das Lesen fremdsprachiger Literatur problematisch gestaltet, und Familie und Garten und einige andere Hobbies mussten auch noch mit ausreichend Zeit versorgt werden. Und zusätzlich gab es damals weder Computer für jedermann noch Handys, sondern nur die Informationsweitergabe über die Stadtbücherei (Berlin) und über Briefmarkenzeitungen wie die DBZ oder die "Briefmarke", wo man aber mit Sicherheit keine Antworten auf gerade aktuelle Fragestellungen fand. In einem Verein war ich damals nicht, da mich die Überheblichkeit der überwiegend älteren Sammler abgeschreckt hatte.

Inzwischen gibt es zwar Computer und das stets bereite Internet, wenn man denn nicht an abgelegenen Orten in Deutschland wohnt (ich kenne Gegenden in Mecklenburg-Vorpommern, wo es heute noch nicht einmal einen einfachen 1000er DSL-Anschluss gibt), aber die Zeit, die man am PC verbringt, fehlt dann woanders, so z.Bsp. beim Studium von philatelistischer Fachliteratur. Wie soll nun heute ein Sammler, der nicht nur ein eng begrenztes Sammelgebiet pflegt oder der einfach nur wenig Zeit hat, dem aber mal eben 70 Euro als Ebaykauf nicht wehtun, sich im gegebenen Fall fachkundig kurzfristig so (fort-)bilden, dass er nicht auf getürkte Angebote hereinfällt? Hinzu kommt die Tatsache, dass das Sprichwort "Gier frisst Hirn" nur allzuoft zutrifft. Und ebenso auch die Freude vieler Katalogsammler, die sich gerne reich rechnen.

Hinzu kommt noch der Irrglaube Einzelner, man könte das Problem vermeiden, indem man sich z.B. Altdeutschland unter der Lupe zulegt. Einmal ganz davon abgesehen, dass es fraglich ist, ob man das Buch tatsächlich kurzfristig erwerben kann, wenn z.Bsp. hundert Personen gleichzeitig danach suchen, und wenn man es tatsächlich innerhalb der Ebay-Auktionszeit kaufen und tatsächlich auch in Besitz nehmen kann, dann muss es schließlich auch noch gelesen und verstanden werden.

Viele Grüße
Ingo
 
Quelle: www.philaseiten.de
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