Thema: Warum man den buntfrankierten USA-Brief nicht schön finden sollte
EdgarR Am: 04.07.2017 11:48:38 Gelesen: 9550# 21@  
@ Baber [#1]

Warum ich - ganz persönlich! - den buntfrankierten USA-Brief schön finde

Hallo Bernd!

Mal ganz abgesehen davon, dass ich schon als Schulbub vor Jahrzehnten aufsässig reagierte wenn irgendwer mir vorschrieb, was ich wie finden sollte - hier meine möglichst rationale Begründung dafür, warum ich Briefe wie den hier in Bezug genommenen nicht nur schön sondern auch sehr wohl sammelwürdig finde:

1) Es ist ganz augenscheinlich ein Bedarfsbrief. ["Bedarf" = es ist tatsächlich ein Poststück von X nach Y befördert worden weil es von X nach Y sollte - und nicht ausschließlich deshalb, weil jemand einen tollen Umschlag kre­ie­ren wollte] Klar, da sind die Abgrenzungen oft schwierig, aber es liegt hier ein hoher und noch dazu krummer Portobetrag vor, der nur über Barfreimachung, Schalterlabel oder AFS "glatt" herzustellen ist, nicht aber über EF oder simple MeF.

2) Ich hatte in der Diskussion auf die angesprochenen Infla-Briefe verwiesen. Na gut, wem diese zu "heilig" als Vergleich sind: in meiner - unserer? - Lebenszeit sind in Deutschland schon drei Mal solche Zeiträume vorgekommen, wo ähnliche Buntfrankaturen als bona fide Bedarf gehäuft auftraten: i) vom 02.07.1990 bis 02.10.1990 MiF mit DDR-Marken (also Nominale in Mark der deutschen Notenbank bzw. Mark der DDR) mit Deutsche Post-Marken (Nominale in DM) und Bundespost-Marken (Nominale in DM) sowie die letzteren beiden Markenarten in MiF bis Ende 1991; ii) Marken "Deutsche Bundespost Berlin" (ab 1969, jedenfalls) allein oder in beliebiger Mischung mit "Deutsche Bundespost", ebenfalls von 02.10.1990 bis Ende 1991, sowie iii) Marken "Deutsche Bundespost" in DM-Nominale in der Zeit zwischen Währungsumstelllung auf € und Ende Juni 2002. In allen diesen Fällen waren übrigens keineswegs "böse Betrüger", die unentwertet gebleibene Marken abgelöst haben die Verursacher, sondern sich verspekuliert habende Händler/Sammler, die sich einst hohe Posten postfrischer Marken zulegten und sehen mussten, dass die nur zu weit unter Nominalwert verkäuflich waren...! Und genau dies - und keineswegs die "bösen Betrüger" sind mMn auch die Verursacher bunter MiF in aus Ländern, deren Postverwaltungen die Marken mit unbegrenzter oder sehr langer Gültigkeit ausstatten.

3) Hohe und noch dazu "krumme" Portobeträge - im deutschen Inlandsverkehr übrigens nur noch relativ wenige, da die Entgelte für Sonderleistungen nicht mehr in allen Fällen über Markenfrankatur abgegolten werden - kommen heutzutage nur noch selten über Ef oder simple MeF zustande - nicht nur in D, auch in vielen anderen Ländern! - weil immer weniger Post"ämter" mit umfangreichem Markensortiment existieren. Der Regelfall sind Poststellen, die wenn überhaupt, dann gerade mal die gängigen drei oder vier Grundportostufen als Marken vorhalten. (Nur als Beispiel: 2015 habe ich in Spanien außerhalb von Madrid in zwei Monaten kein einziges Postamt gefunden, das "richtige" Marken für einfache 50 g- bzw. 100 g-Auslandsbriefe führte. Es wurde grundsätzlich bar freigemacht bzw., wenn wieder mal das zentralisierte DV-System muckte, eben gar nicht...). Kurz: es gibt halt Schalterlabel - oder Automatenmarken - oder AFS ----- und ansonsten gottlob immer mal bunte Mischfrankaturen!

Nichtdestoweniger braucht niemand "solche Briefe" zu sammeln noch sie "schön" zu finden. Jedem Tierchen sein Pläsierchen.

Phile Grüße
EdgarR
 
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