Thema: USA: Über Grossbriefe, Buntfrankaturen und Aufbrauch alter Briefmarken
Carolina Pegleg Am: 04.07.2017 00:21:12 Gelesen: 7211# 1@  
Der Hauptgrund für der sehr häufigen Buntfrankaturen aus USA, insbesondere auf Grossbriefen, ist das alle Marken, selbst noch aus dem 19. Jahrhundert noch postgültig sind. Aus dem Nachlass vieler Sammler, bei denen die Familie kein Interesse hat, drängen Unmengen postfrischer Marken auf den Markt. Das wird z. T. auch dadurch verstärkt, dass in den 50er/60er/70er Jahren auch das Sammeln der Viererblocks mit Plattenummern populär war, also in vielen Sammlung alles vierfach und mehrfach vorhanden war. Das Porto war damals auch billig, und viele haben sich die jeweils neuen Sondermarken bogenweise hingelegt.

Gleichzeitig gibt es für diese postfrische Nominale immer weniger Verwendung. Ich habe hier vor 10 Jahren noch alles mit Scheck per Post bezahlt, jetzt ist alles mit Kreditkarte. Ich hatte vor zwei Monaten ein prägendes Erlebnis als ich mich mit ein paar "Millennials" zu einer Briefschreib-Aktion (Werbemassnahme, Massenmailing) getroffen habe. Die wussten nicht, nicht mehr, oder noch nicht, in welcher Reihenfolge eine Adresse auf den Umschlag geschrieben wird. Die haben gesagt sie hätten in ihrem Leben noch keinen Brief geschrieben.

Wenn ich mal einen großen Umschlag verwende, dann freue ich mich auch, dass ich mal eine handvoll von 5-Cent Marken verwenden kann. Der Begriff hier für die ganzen alten Marken ist "bargain postage;" es wird mit wenigstens 20% unter Postwert gehandelt. Händler kaufen es zumeist noch nicht einmal zu 50% Frankaturwert an, weil sie es eben auch nicht los werden.

Dass die USPS seit ein paar Jahren ein krasses Problem damit hat grossformatige Sendung zu entwerten, macht die Sache auch nicht besser. Auch im Inlandsverkehr sind grossformatige Sendungen 50/50 nicht entwertet. Wiederverwendung kommt vor. Als Sammler sind wir ja imstande das leicht zu erkennen, ist m.M. aber nicht so häufig.

Wenn bei der Euro-Einführung die DM Marken nicht außer Kraft gesetzt worden wären, dann würde auch in Deutschland jetzt immer schön bunt frankiert.

Noch was, betreffend Auswirkungen/Schaden für die Post -- also, die Wiederverwendung ist ein Problem, aber das viel größere Problem ist die unbegrenzte Verwendbarkeit. In der Bilanz der USPS stehen Briefmarken die verkauft, aber noch nicht werwendet worden sind, als "Postage in the Hands of the Public (PIHOP)." Das ist eine Milliardenverbindlichkeit der Post, da die Leistung vorausbezahlt, aber noch nicht erbracht worden ist. Solange bis die Leistung erbracht wurde, können die verkauften Briefmarken nicht als Umsatz gebucht werden. Jedes Jahr muss geschätzt werden, wie viele von den verkauften, aber nicht benutzten Marken durch Verlust, Beschädigung, oder Sammelei, nicht mehr benutzt werden. Diese "breakage" kann die Post dann auch noch als Umsatz buchen. Die mathematischen/statistischen Methoden das zu schätzen, kann ich mir kaum ermessen.

Das Problem mit der Schätzung der PIHOP Verbindlichkeit ist seit Einführung der "Forever" Marken schon im allgemeinen gestiegen. Wenn ich mir angucke, was bei mir oft auf den Briefen ist, zugegeben, ich bin Sammler, dann sind das Marken die Jahrzehnte alt sind. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die USPS ernsthaft gedacht hat, sie müsste für Marken, die in den 60er Jahren verkauft wurden, jetzt noch Leistungen bringen. Der Betrag in PIHOP müsste dann ggf. (radikal?) nach oben korrigiert werden, wenn Millionen von als breakage positiv verbuchten Marken jetzt auf einmal doch noch verwendet werden. In diesem Sinne, wer buntfrankierte Briefe aus den USA definitiv nicht schön finden kann, ist die USPS. :)

Arno
 
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