Thema: Philatelie in der Presse
Richard Am: 27.04.2009 11:43:06 Gelesen: 1308616# 220@  
Köthener Postgeschichte: Kartenversand kostete 1 800 000 Mark

Von Stefanie Greiner

MZ-Web.de, Köthen/Mz. (24.04.09) - Mit der Eröffnung der Bahnlinien Magdeburg-Köthen-Leipzig und Berlin-Dessau-Köthen brach in der Bachstadt ein neues Zeitalter der Postbeförderung an. Welche Veränderungen die Bahn mit sich brachte, erläuterte Historikerin Gisela Wesselly jüngst in einem Vortrag über die Köthener Postgeschichte von 1840 bis 1990. "Von Bahnpostwagen zur Postagentur - Geschehnisse und Entwicklungen" lautete das Thema ihrer anderthalbstündigen Ausführungen.

Der Exkurs in die Geschichte war Teil der Veranstaltungsreihe "Historische Streifzüge durch das alte Anhalt", die von der Kreisvolkshochschule angeboten wird. "Die Post ist ein Seismograph der Ereignisse, die seit mehr als hundert Jahren in Deutschland über die Bühne gehen", begann Gisela Wesselly. Sowohl der Ausbau der Bahnlinien als auch die Inflation brachten Veränderungen im Postwesen mit sich.

Bevor sich die Historikerin der Zeit nach 1840 widmete, gab sie einige Erläuterungen hinsichtlich der Beförderung von Briefen und Paketen mit Pferdekutschen. Zu den widrigen Bedingungen der Postbeförderung mit Kutschen kam hinzu, dass die Postillione ein sattes Trinkgeld verlangten. Das wachsende Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung brachte eine Revolution des Postwesens mit sich. Die Eröffnung der Bahnlinien Magdeburg-Köthen-Leipzig und Berlin-Dessau-Köthen am 1. September 1840 ebnete den Weg für ein effizientes Transportsystem der Post. "Köthen lag schon immer im Zentrum bedeutender Postverbindungen", bemerkte die Historikerin. 1841 kamen die ersten Bahnpostwagen zum Einsatz. In der Nähe des Bahnhofes - dort, wo heute das Hotel "Stadt Köthen" ansässig ist - wurde ein Postamt eingerichtet. Im Stadtgebiet gab es mittlerweile sechs Briefkästen. Das Aufgabenfeld der Angestellten wuchs. Ein neues Postgebäude musste her. Nach dem Tod des Kaufmanns Eduard Zeising verkauften dessen Erben das Grundstück, auf dem sich heute noch immer das Gebäude der Post befindet. Nach etlichen bürokratischen Querelen wurde die neue Post am 1. Oktober 1884 eröffnet.

Doch nicht nur in Köthen gab es bedeutende Veränderungen. Bis 1840 war die Zustellung der Briefe auf den Dörfern äußerst mangelhaft. Die Post wurde Bewohnern der jeweiligen Ortschaften mitgegeben, welche die Dokumente dann an die Adressaten weiterleiten sollten. Verloren gegangene Briefe waren keine Seltenheit.

Auf den Dörfern entstanden Postagenturen, so zum Beispiel im damaligen Gasthaus "Zum Adler" in Großpaschleben. Anhand einer historischen Abbildung erklärte Gisela Wesselly, dass solche Postämter mit einem schwarzen Adler gekennzeichnet wurden. Dieses Symbol wurde im Namen der Lokalität, heute bekannt als Gaststätte "Zum schwarzen Adler", übernommen. 1902 gab es 16 Postämter im Kreis Köthen. Mit der Briefmarke setzte sich ein anerkanntes Postwertzeichen durch.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde ein Teil der Postangestellten rekrutiert. Um das Brief- und Paketwesen weiter aufrecht zu erhalten, wurden erstmals Frauen im Postdienst eingesetzt. In Folge der Inflationsmaßnahmen wurden die Postkosten für Einschreibebriefe und Stadtpostbriefe erhöht. Der Versand einer Karte kostete 1 800 000 Mark. 1939 wurde ein Zweigpostamt auf dem Militärflugplatz eingerichtet. Die verhängte Nachrichtensperre nach dem Zweiten Weltkrieg führte zum Erliegen des Köthener Postwesens.

Als die Dienstleistungen im Juli 1945 wieder aufgenommen werden sollten, fehlten Poststempel und Briefmarken, die vermutlich von den US-Einheiten entwendet worden waren. Ein Stempel zur Kennzeichnung von Eiern leistete vorerst Abhilfe. Neue Marken und Stempel wurden hergestellt. 1965 wurden Postleitzahlen eingeführt. Köthen hatte die Nummer 1211. Auf dem Gelände der Ingenieurhochschule entstand einige Jahre später ein zusätzliches Postamt.

Gisela Wesselly bebilderte ihre Ausführungen mit historischen Zeichnungen und Fotografien. Ein Teil davon wurde ihr vom Briefmarkenverein zur Verfügung gestellt. Die Philatelisten sind im Besitz der Postwertzeichen des verstorbenen Johannes Elze, der in Form seiner Sammlung wichtige Zeugnisse der Briefmarkengeschichte für die Nachwelt aufbewahrte.



Die Historikerin Gisela Wesselly (vorn links) sprach in einem Vortrag über die Geschichte des Postwesens. (Foto: Gens)

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