Thema: Roland Meiners Vermögensverwaltung: Sammlungsaufbau mit werthaltigen Raritäten
Erdinger Am: 30.07.2017 11:46:31 Gelesen: 18585# 16@  
@ 22028 [#4]

Als Sammlungsaufbau möchte ich so etwas nicht betrachten, eher Ansammlung / Anhäufung von Raritäten.

Das war auch mein erster Gedanke, als ich die Anzeige gelesen habe. Aber, wie auch schon gesagt wurde, vielleicht fällt ja etwas für die Philatelie insgesamt ab. Betrachten wir es einmal so:

Wenn man die Auktionskataloge der großen "name sales" durchblättert, steht in den Vorworten zwar meistens etwas vom philatelistischen Sachverstand, von dem sich diese Sammler (oder ihre Berater) angeblich leiten ließen. In der Regel haben ihre Kollektionen aber nur eine philatelistische Spur hinterlassen: eben die genannten Auktionskataloge.

Selbst wenn man diesen Katalogen den Charakter von Referenzwerken zugesteht, haben sie dauerhaft wenig Erhellendes zu unserem Hobby beigetragen. John R. Boker hatte sich zwar systematisch eine Wunschliste für das Gebiet Altdeutschland zusammengestellt, und dann das Glück, dass er im bargeldhungrigen Nachkriegsdeutschland mit starkem Dollar einkaufen konnte. Dass er so zum "Kenner" wurde, möchte ich nicht bestreiten, aber wie viele Fachbeiträge hat er zu allen einzelnen altdeutschen Gebieten in deutschen philatelistischen Publikationen hinterlassen? Er besaß einige der schönsten altdeutschen Briefe, aber hätte er die Frankierung erklären können? (Was die deutschen Philatelisten zugegebenermaßen vielfach auch erst ab den Achtzigerjahren konnten.) In seinen Sammlungen steckten auch einzelne verfälschte Briefe, die von kundiger Hand noch etwas schöner gemacht wurden, als sie eigentlich waren.

Wenn wir schon von Materialanhäufung sprechen: Es gibt in meinem Sammelgebiet nur einen manischen Sammler, der mir absolute Bewunderung abnötigt, und das war Erich Stenger. Was Roland Meiners vor Jahren versteigerte, waren nur noch die Reste einstmals beeindruckender Bestände, aber sie waren imposant genug. Ebenso wie das Œuvre an philatelistischer Literatur, das Stenger hinterließ, und aus dem man noch heute schöpfen kann.

Die "großen Sammler" haben zwar in der Regel für die Schlagzeilen in der Philatelie gesorgt, aber auch dazu beigetragen, das Bild zu verzerren. Während sie den Glamourfaktor zu unserem Hobby beitrugen, blieb für das "Fußvolk" dauerhaft das Image des etwas verschrobenen, verspulten Eigenbrötlers übrig. Eigentlich etwas ungerecht, denn Philatelisten sind findig. Wenn ein paar Hechte im Karpfenteich die schönsten Brocken unter sich aufteilen, dann hat der kleine Fisch, sprich: einfache Sammler, ein wirksames Gegenmittel parat: die Spezialisierung und das Forschen. Selbst John R. Boker war auf einem Gebiet Experte, das er mit relativ geringem Finanzeinsatz und ganz klassisch, durch Tausch und Ausschlachten von Bedarfspost, zur Meisterschaft bringen konnte: Die Vorausentwertungen der USA. Auch so kann man Werte schaffen, vermeintlich Unbedeutendes neu bewerten und einen Markt kreieren. Der ist vielleicht nicht so "flashy", aber er funktioniert.

Ob die Philatelie zum Anlagemittel taugt, wird seit jeher diskutiert. Fritz Kirchner hat dem Vernehmen nach viel Geld verbrannt. Aber er hatte sicherlich seinen Spaß daran. Allemal besser als andere kostspielige Hobbys, wenn ihr mich fragt. Man muss halt auch gönnen können.

Viele Grüße aus Erding!
 
Quelle: www.philaseiten.de
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