Thema: Philatelie in der Presse
Richard Am: 05.05.2009 14:38:08 Gelesen: 1307980# 227@  
Nampost ehrt deutschen Afrikapionier mit einer Briefmarke

Von Carsten Möhle, Bwana Tucke-Tucke

AZ Online, Namibia (28.04.09) - Würde Paul Graetz heute Afrika durchqueren, könnte er auf die Postkarte seine eigene Briefmarke kleben. Die namibische Post ehrt den deutschen Afrikapionier mit einer Briefmarke und einem Ersttagsbrief zum 100. Jubiläum seiner abenteuerlichen Afrikaquerung. Beides ist ab 1. Mai erhältlich.

Die erste Afrikadurchquerung mit einem Automobil gelang dem Deutschen „Indiana Jones" Paul Graetz (geb. Zittau 1875, gest. 1968 Travemünde). Am 12. März 1907 schrieb eine Berliner Zeitung: „Ein deutscher Offizier beabsichtigt, Afrika mit dem Automobil zu durchqueren. Er scheint nicht zu wissen, daß es im Hinterland des schwarzen Erdteils weder Benzin noch Öl noch Reifen zu kaufen gib. Der Plan dieses Herrn kommt auf dasselbe heraus, als wolle er eine Reise zum Mond unternehmen..."

Bei der süddeutschen Automobilfabrik in Gaggenau, einem Vorläufer der Mercedes Benz - Werke, gab er ein Spezialgefährt auf Omnibuschassis mit 35 cm Bodenfreiheit in Auftrag. Das erste zivile Geländefahrzeug. Dieses verschiffte Paul Graetz nach Daressalam im heutigen Tansania, wo er am 10. August 1907 seine Reise am Postamt begann. Mit Ochsenwagentransporten
wurde ein Tankstellennetz und 22 Ersatzteillager - zum Teil als Grab getarnt, um Diebstahl vorzubeugen - vorbereitet. Nach geplatzten Zylindern, abgerissenen Hinterachsen, aus Liebeskummer zu einer Löwenbändigerin geflüchteten Chauffeuren, aufgebrauchten Geldmitteln, Fieberträumen, verdunstetem Benzin, eingestürzten Brücken und oftmals dem Verdursten nahe erreichte Paul Graetz letztendlich nach 630 Tagen, am 01.05.1909, sein Ziel Swakopmund. Die Berliner Zeitung bekam eine Postkarte aus Swakopmund „Bin auf dem Mond angekommen, Paul Graetz".

„Als Bewohner von Namibia kann man bei vielen Institutionen Vorschläge einreichen. Das führt dazu, dass es jetzt zum Beispiel eine General Murtala Muhammed Avenue in Windhoek gibt und dass man im März 2008 in einem Gremium der Namibischen Post beschlossen hat, diese Briefmarke in Auftrag zu geben,"
erklärt der Initiator Carsten Möhle. Als Künstler wurde der renommierte namibische Allround-Künstler Koos van Ellinckhuizen ausgewählt, der schon zahlreiche namibische Briefmarken entworfen hatte. Da er einmal Mitglied im „Old Wheelers Club" von Namibia war, hatte er einen genügend großen Benzinfimmel für diesen Auftrag. Koos und Carsten setzten sich dann zusammen, um zuerst die Briefmarke und dann den Ersttagsbrief zu gestalten.

Aus verschiedenen Foto-Motiven der Graetztour wurde dann die Grundlage ausgewählt.Graetz hätte am liebsten das Afrikadurchquerungsautomobil am Strand von Swakopmund genommen, aber Graetz war Abenteurer und nicht Künstler. „Wir brauchen etwas mehr dynamisches, wir nehmen das hier, da fährt er direkt aus dem Bild auf uns zu," sagte Koos. Ja, das passte. Auf dem Photo waren Graetz am Steuer zu sehen, neben ihm der 23jährige australische Chauffeur Henry Gould aus Johannesburg und auf den hinteren Bänken Koch, Dolmetscher und Faktotum Mzee, Zeltaufsteller und Geschirrabwäscherboy Iti. Das war korrekt.

Bis auf die Flaggen. Auf dem Foto waren natürlich die Kolonialflaggen von England und Deutschland zu sehen. Historisch klar, aber heutzutage schwer vermittelbar. Also was anderes ausdenken. „Wie wäre es mit einem Apfel?", fragte ich Koos. „Ja, toll," sagte er, „Schiller hatte auch immer zur Inspiration einen Apfel in seiner Schublade, aber wie kommst Du darauf?"
„Nun ja, in Deutschland gibt es die antirassistische Deutsche Apfelfront (Deutsche Apfelfront Weltnetzseite http://www.apfelfront.de ) und Graetz war ja auch immer ein sehr fortschrittlicher Offizier. Wir können ihn dadurch in diese Tradition stellen. Die namibische Krebsvereinigung (http://www.can.org.na/ ) nutzt den Apfel auch für Ihre Aktionen und den Schweizern können wir dann erzählen, dass wir den Wilhelm Tell-Apfel mit in die Briefmarke eingebaut haben."

Namibianisiert wurde der Entwurf dann noch weiter durch die Spitzkoppe im Hintergrund mit Luftspiegelungen und den Einbau von Ochsenwagenspuren auf der Straße, denn 1909 gab es erst drei fahrbereite Automobile in Südwestafrika.

Als Rahmen baute Koos dann eine Straußenlederapplikation um das Motiv herum. Es wurde reichlich mit brauner Farbe getuscht, dann in das feuchte Farbgemisch ein paar kleine Kieselsteine gelegt und durch den Kappilareffekt kam es zu den straußentypischen Knoten. Fertig war die Briefmarke!

Als Sonderstempel, der nur am 1. Mai in Swakopmund genutzt wird, wählten wir das Gesicht des 80jährigen Graetz aus. In dem Alter wollte er Afrika ein drittes Mal durchqueren, was dann aus gesundheitlichen Gründen dann nicht geklappt hat.

Für den Ersttagsbrief nahmen wir uns dann die Reisestrecke der Graetzschen Afrikaquerung vor. Koos machte es sehr plastisch und farbig. Die Fahrtstrecke von Daressalam bis Swakopund wurde eingezeichnet und Namibia als Briefmarkenland deutlich herausgehoben.

Eine Abschlusspointe mussten wir noch setzen: Die Pyramiden wurden eingezeichnet. Sie sehen zufällig so aus wie Hauptmannsklappen. Paul Graetz hat es bis zum Oberleutnant gebracht. Da habe ich ihm etwas voraus.

Die komplette, bebilderte Geschichte der Entstehung der Briefmarke findet man auf http://www.paulgraetz.de/ind_nc.htm



Ab 1. Mai erhältlich: Die Briefmarke zu Ehren der 100jährigen Afrikadurchquerung von Paul Greatz. (Foto: Bwana Tucke -Tucke)

(Quelle: http://www.az.com.na/tourismus/land-und-leute/nampost-ehrt-deutschen-afrikapionier-mit-einer-breifmarke.84171.php)
 


 

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