Thema: Berlin im Spiegel alter Ansichtskarten
Cantus Am: 15.08.2017 05:19:44 Gelesen: 85578# 97@  
Hallo,

viele interessante Karten aus Berlin wurden gezeigt, aber doch zumeist nur aus dem Zentrum Berlins. Ich habe daher beschlossen, euch ein paar Einblicke in meine Heimat zu geben. Ich bin zwar von Geburt her ganz allgemein Berliner, tatsächlich aber bin ich in Spandau aufgewachsen, dem westlichsten Berliner Bezirk. Spandau ist in wesentlichen Teilen durch die Havel, den größten Fluss, der durch Berlin fließt, vom Rest Berlins getrennt. Auf der östlichen Seite der Havel gehören noch die Ortsteile Siemensstadt, Haselhorst, Ruhleben, Tiefwerder und Pichelswerder zu Spandau, außerdem auch die Insel Eiswerder, die zwischen den Spandauer Ortsteilen Hakenfelde im Westen und Haselhorst auf der anderen Seite der Havel liegt.

Vom Selbstverständnis der Spandauer her war Spandau stets etwas Besonderes, daher kommt auch die Einteilung der Deutschen; danach gibt es Spandauer, Berliner, Bayern und sonstige Deutsche. Und wenn ein Spandauer sich aufmachte, in die Spandauer Altstadt zu fahren, dann fuhr man in die "Stadt“, wenn man dagegen ins Zentrum Berlins fuhr, dann fuhr man nach „Berlin“.

Mit diesem Denken bin ich aufgewachsen. Auch wenn ich nach insgesamt fünfzehn Umzügen im Laufe meines Lebens schließlich in Neutrebbin wohnhaft und heimisch geworden bin, so habe ich mir doch hinsichtlich der rund zwanzig ersten Jahre meines Lebens allerlei Erinnerungen an das Spandau meiner Jugend bewahrt.

Der Westteil von Spandau besteht aus den Ortsteilen Altstadt Spandau, Falkenhagener Feld, Staaken, Hakenfelde, Gatow mit Habichtswald, Kladow mit Glienicke, der Wilhelmstadt mit Alt Pichelsdorf und der Haveldüne sowie größeren Waldflächen und Feldern im Norden und Süden. Ich bin in der Wilhelmstadt an der Grenze zu Alt Pichelsdorf aufgewachsen, in einer Wohnung, die von mehreren Gewässern umgeben war, dem Grimnitzsee, dem Südparksee sowie der Scharfen Lanke, einer weiträumigen Verbreiterung der Havel.

Durch Zufall ist es mir vor kurzem gelungen, eine ungebrauchte Ansichtskarte zu finden, die das Umfeld meiner alten Wohngegend zeigt. Im Vordergrund sieht man einen „Schupo“, der auf der Kreuzung Heerstraße (heute B 5) / Pichelsdorfer Straße den Verkehr regelt. An der Kreuzung bog früher die Straßenbahn ab, die von der Altstadt Spandau bis zum Bahnhof Zoo fuhr; 1961 wurde der Straßenbahnverkehr eingestellt. Etwa zu dieser Zeit setzte die BVG (Berliner Verkehrsbetriebe) auch die ersten Busse ein, die nicht mehr, wie hier auf dem Bild zu sehen, vorne eine „Schnauze“ aufwiesen, in der sich der Motor befand, sondern bei denen nun die Vorderfront glatt von oben nach unten verlief.

Ich datiere daher die gezeigte Postkarte auf etwa die Mtte der 1950er Jahre.



Die Heerstraße war bis zur Wende in westlicher Richtung bis zum Grenzübergang Staaken befahrbar, der sich etwa 4 km entfernt befand. Kurz davor befindet sich in südlicher Richtung ein großes eingezäuntes Gelände, auf dem eine große Villa steht, die über Jahrzehnte vom Bezirksamt Spandau als Schullandheim genutzt wurde. Dort habe ich fast zehn Jahre lang einen großen Teil meiner Freizeit verbracht und nach dem Abitur auch meinen ersten Job als Gärtnergehilfe ausgeübt; auch heute noch verbindet mich eine enge Freundschaft mit der damaligen Leiterin des Schullandheimes. Heute befindet sich auf dem Gelände die „Swiss International School Berlin“, ein Internat, in dem Schuluniform und gehobene Lebensweise selbstverständlich sind.

Auf den folgenden ungebrauchten Karten ist das ehemalige Schullandheim im Sommer und im Winter zu sehen, so wie ich es auch aus dem 1960er Jahren in Erinnerung habe.





Viele Grüße
Ingo
 
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