Thema: Philatelie in der Presse - Auktionen (Sammelbeitrag)
Richard Am: 14.05.2009 14:12:35 Gelesen: 132361# 41@  
Sensationelles Tagebuch: Ulrich Felzmann bringt einen postgeschichtlichen Schatz von Rudolf Lang in Essen unter den Hammer

Von Rüdiger Fritz

Mitteldeutsche Zeitung, Halle (08.05.09) - Der Inhalt von Tagebüchern bleibt der Öffentlichkeit gewöhnlich verborgen. Intime Gedanken oder persönliche Beschreibungen sind nicht für die Nachwelt gedacht. Die Aufzeichnungen mit zeitgeschichtlicher Brisanz, um die es hier geht, waren auch lange unter Verschluss - sechs Jahrzehnte hatte nur ein enger Personenkreis davon Kenntnis.

Doch heute bringt der renommierte Düsseldorfer Briefmarken-Auktionator Ulrich Felzmann das Tagebuch des Rudolf Lang auf der Internationalen Briefmarkenausstellung (IBRA) in Essen unter den Hammer. Der 60-jährige Geschäftsmann, der schon etwa 130 Versteigerungen veranstaltet hat, erhielt mit der Wahl zum IBRA-Auktionator nun auch den internationalen Ritterschlag. "Ich war natürlich auf der Suche nach philatelistischen Knüllern für dieses Ereignis. Ein Zufall hat dabei auch geholfen", erzählt Ulrich Felzmann.

Alles fing harmlos an, mit einer E-Mail im Dezember 2008 von einem Hartmut Lang aus Österreich mit der Anfrage, ob im Hause Felzmann Interesse bestünde, eine DDR-Briefmarkensammlung zu kaufen. Solche Sammlungen sind nicht unbedingt der Renner bei Versteigerungen. Aber als einige Scans von den angebotenen Marken eintrafen, rieben sich die Philatelie-Experten die Augen. So etwas hatten sie noch nicht gesehen. Es waren Marken von 1946 bis 1949 der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der frühen DDR in Farben und Ausführungen, die bisher unbekannt waren, weil sie nie an Postschaltern erschienen sind. Die Entwürfe, versehen mit interessanten Bemerkungen, waren in ein Buch eingeklebt worden - das Tagebuch des Rudolf Lang.

Reflexartig ging die Hand von Felzmann-Mitarbeiter Axel Dörrenbach zum Telefon, um sich die Unikate schicken zu lassen, was umgehend geschah. "Das ist eine sensationelle, einmalige postgeschichtliche Dokumentation", meint Ulrich Felzmann. Diese enthält Mark-Werte der Köpfe-Serie mit den Porträts von Karl Marx, Friedrich Engels, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, die nicht zur Ausführung gelangten wie auch "Zweijahrplan"-Marken.

Ulrich Felzmann war sich gleich darüber im Klaren, "dass dieses private Dokument mit Hunderten Markenentwürfen, Druckproben in diversen Farben und Schilderungen persönlicher Erlebnisse nur von einem Insider der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR-Post stammen konnte".

Wer war dieser Rudolf Lang, der Vater des Anbieters Hartmut Lang? "Ich war Leiter der Hauptabteilung 1 (Post) im Ministerium für Post und Fernmeldewesen. Zu meinem Aufgabengebiet gehörte Postbetrieb, Postbeförderung, Postscheck, Postsparkasse, Auslandspostdienst, Kraftfahrwesen, ferner Recht und Postzeitungsvertrieb. Außerdem war ich Vorsitzender des Aufsichtsrates der Postreklame", schreibt Rudolf Lang in seinem Tagebuch.

Der 1909 in Berlin geborene Lang, der 1950 vom damals im amerikanischen Sektor gelegenen Berlin-Tempelhof nach Berlin-Treptow in den sowjetisch besetzten Sektor umzog, wollte im damaligen Postkrieg zwischen Ost und West vermitteln. Er war fortan ein Dorn im Auge der Besatzungsmacht. Ende 1950 wurde er von seinem Posten entbunden. Unmittelbar danach ging der promovierte Jurist nach Westberlin. Er konnte wegen seiner ehemals hochrangigen Position als Flüchtling die geteilte Stadt nicht verlassen. Er wäre verhaftet worden. Erst 1980 konnte Lang nach Österreich ziehen, wo er elf Jahre später starb.

Sein postgeschichtlicher Nachlass wird mit einem Anfangsgebot von 10 000 Euro versteigert. Museen und Privatpersonen sind hinter dem Tagebuch her.



Der Düsseldorfer Auktionator Ulrich Felzmann in Aktion. Viele Raritäten bietet er heute auf der IBRA an (Foto: Archiv)

(Quelle: http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1237373787037&openMenu=1013083806405&calledPageId=1013083806405&listid=0)
 
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