Thema: (?) (7) Luxemburg: Die Wappenmarken von 1859 bis 1882
Olivier Nosbaum Am: 29.09.2017 22:22:31 Gelesen: 8350# 4@  
Nach der Veröffentlichung des Buches "Essais - Retouches - Réimpressions" im Juni 2014, gemeinsam verfasst mit Herrn Müller, kam der Verantwortliche von POST Philatelie auf mich zu, und zeigte mir die Korrespondenz zwischen der luxemburger Postverwaltung und den verschiedenen Akteuren, betreffend der Produktion der luxemburger Briefmarken zwischen 1856 und 1863; also genau die Epoche der Entstehung der Wappenmarken.

Nach Durchsicht dieser Akten, und nach einigen Monaten, konnte ich die Geschichte der Entstehung der Wappenmarken von Luxemburg neu verfassen. Dies geschah in einem Artikel, der in Französich in der Broschüre zur 125. Jahrfeier meines Briefmarkenklubs "UTL" (Union des Timbrophiles de Luxembourg) im März 2015 veröffentlicht wurde.

Durch die Hilfe von Herrn Rasquin (Phila Dudelange), wurde der Artikel auf Deutsch übersetzt, den ich euch nicht vorenthalten möchte:

Die Entstehung der Briefmarken des Wappentyps

Vorgeschichte

Bis heute gibt es wenig Literatur zur Entstehung der Briefmarken des Wappentyps. Bekannt ist nur dass der Verzicht auf das Kupferstichverfahren hauptsächlich aus Kostengründen geschah. Herr Crustin erwähnt außerdem in seinem Artikel über die Wappenausgabe, der in der „Monographie des Timbres aux Armoiries“ von 1963 erschienen ist, einen Kontakt mit dem Herzogtum Oldenburg, um Erkundigungen über das Steindruckverfahren einzuziehen. Sonstige Veröffentlichungen über die Einführung der neuen Marken sind mir nicht bekannt.

Schließlich gibt es aber eine umfassende Dokumentation und Information über die Einführung der neuen Briefmarken im Luxemburger Nationalarchiv (ANL). Und dank einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit Post Philatélie konnte ich auch einen Großteil der alten Korrespondenz der Postverwaltung mit ausländischen Postverwaltungen sowie mit Druckern und Graveuren einsehen, was mir die Klärung der Sachlage erlaubte.

Diskussionen über die Einführung anderer Werte als die von 10 Centimes („Schwaarze Kapp“) und die von 1 Silbergros („Roude Kapp“)

Die erste Diskussion über die Einführung neuer Werte geht auf den 11. August 1855 zurück. Der Generaldirektor des Inneren schlägt dem Herrn Postdirektor vor, „die Frage der Einführung frankierter Umschläge für das Freimachen der Korrespondenz aufzuwerfen. Die Annahme dieses Systems hat den Vorteil, den mehrfachen Gebrauch eines solchen Umschlags auszuschalten, wie das für Briefmarken der Fall sein kann, da diese Umschläge den Stempel jedes Ausgangsamtes tragen… Damit zusammen hängt auch die Frage der Schaffung von 20 c-Marken, worüber in den letzten Tagen im Publikum anscheinend die Rede war und die vor allem der Handel im Hinblick auf die Verbindungen mit dem Ausland für notwendig darstellt. Preußen hat das doppelte System der frankierten Umschläge und der Briefmarken bewahrt, und ich denke auch bei uns wäre seine Einführung vorteilhaft…“ (ANL Akte H1228).

Die Antwort des Direktors vom 27.August 1855 hebt hervor, dass „sicherlich, wer eine Sendung zu frankieren hat, einen frankierten Umschlag vorziehen wird, weil er den gratis erhält, d.h., nur das Porto des Briefes zu bezahlen braucht. Wenn das Benutzen von Umschlägen für das Publikum von Vorteil ist, wird dagegen die Staatskasse einen Verlust verbuchen. Denn das Benutzen frankierter Umschläge wird den Umfang der Korrespondenzen nicht erhöhen; die Staatskasse würde also verlieren, indem sie bei der königlichen Druckerei in Berlin die Umschläge herstellen ließe… Wenn der Gebrauch der Umschläge erlaubt würde, bräuchte man deren von 1, 2 und 3 Silbergros. Man bräuchte deren von 10 Centimes für das Inland des Großherzogtums und deren von 20, 30 und 40 Centimes für Belgien und Frankreich, im ganzen sieben Arten für deren jede eine Druckplatte nötig wäre. Die frankierten Umschläge würden nicht nur der Staatskasse neue Kosten aufbürden, sondern ihre Ausgabe würde den Verkauf der Briefmarken, die schon so teuer waren, lahmlegen, indem man diese nur noch für das Zusatzporto übergewichtiger Briefe verwenden würde.

Aus diesen Gründen glauben wir uns gegen die Einführung frankierter Umschläge aussprechen zu müssen, was niemanden hindern wird, sich gewöhnlicher Umschläge zu bedienen und diese wie bisher mit Briefmarken zu frankieren. Wir sind auch der Meinung, dass sich die Herstellung einer neuen Kategorie von Briefmarken aufdrängt, aber nicht von 20 c, sondern von 30c, da sie häufiger zur Anwendung kämen. Die Briefmarken zu 20 c könnten nur zum Freimachen der Korrespondenz für die belgische Provinz Luxemburg dienen, während die von 30 c für den ganzen Rest Belgiens Verwendung fänden und man nur eine 10 c-Marke hinzufügen müsste für das Porto nach Frankreich und den Niederlanden. Diese neuen Marken werden nicht so viel kosten wie die ersten, weil man sie mit dem galvano-plastischen Verfahren herstellen kann.“ (ANL H1228)

Am 10. November 1855 antwortet ihm der Generaldirektor des Inneren dass „… der Bedarf solcher Umschläge sich nur für gewichtige Briefe bemerkbar gemacht hat, die das Publikum zurzeit so mit zusätzlichen Briefmarken überladen muss, dass manchmal nicht genug Platz für die Adresse bleibt. Mein Vorhaben muss also entsprechend begrenzt werden.

Anstelle der Einführung von Marken zu 20 c sollte man also frankierte Umschläge à 30 c schaffen, für, wie Sie bemerken, Belgien und, mit einer zusätzlichen 10 c-Marke, für Frankreich und die Niederlande.“ (ANL H1228)

Die Postverwaltung wandte sich anschließend an den Graveur Liez aus der Stadt Luxemburg, um zu erfahren, ob er solche Umschläge herstellen könne und wenn ja zu welchem Preis.

Am 3. Juni 1856 teilte der Graveur Liez mit, dass er Umschläge gleicher Größe wie die Preußens liefern könne. Er bot auch an, Briefmarken zu liefern zum selben Preis, wie ihn die preußische Verwaltung zahle, d.h. 6 Franken 51 Centimes für hundert Blatt, jedes 150 Marken umfassend.

Am 5. Juni 1856 informiert der Postdirektor den Generaldirektor des Inneren wie folgt über dieses Angebot: „… Außer den Gründen, die wir in unserm vorerwähnten Bericht vom 27. August 1855 gegen die Verwendung von frankierten Umschlägen vorgebracht haben, gibt es noch einen weiteren, der es verdient, erwähnt zu werden. Das ist der große Preisunterschied zwischen den Umschlägen und den Briefmarken. Laut dem Kostenvoranschlag des Graveurs Liez würden 100 Umschläge 1.50 Franken kosten, was für die etwa 30.000, die wir im Jahr für die Frankierung der Briefe nach Belgien, Frankreich und die Niederlande bräuchten, eine Summe von 450 Franken ausmachen würde. Dagegen würden Briefmarken für ein Jahr nur 22,79 Franken kosten, für zehn Jahre 227,90 Franken, also nicht einmal die Hälfte dessen, was eine einzige Kategorie von Umschlägen à 30 c für ein Jahr kosten würde.

Folglich sprechen wir uns weiterhin gegen die Verwendung von Umschlägen aus und haben die Ehre, Ihnen die Einführung von Briefmarken von 2 und 3 Silbergros und von 30 und 40 Centimes vorzuschlagen. Wir glauben Sie darauf aufmerksam machen zu müssen, dass die von Herrn Liez zu liefernden Marken durch typographischen Druck hergestellt würden, also wie diejenigen Preußens.“ (ANL H1228)

Damit war die Diskussion über die frankierten Umschläge geschlossen; ich habe dazu keine weitere Spur in den Archiven gefunden.

Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Ausgabe neuer Briefmarken-Werte

Das Gesetz vom 30. November 1852 hatte für die Entwertung der Briefe Marken von 10 Centimes und 1 Silbergros geschaffen. Das erleichterte bedeutend die Versendung der Korrespondenzen zwischen Privatleuten. Die Erfahrung zeigte aber, dass diese beiden Marken nicht ausreichten für die Zwecke des Handels und der regelmäßigen Beziehungen.

Am 11. Juni 1856 informierte der Generaldirektor des Inneren den Generaldirektor der Finanzen über diesen Sachverhalt wie folgt: „Da die Schaffung dieser Briefmarken durch ein von der Finanzverwaltung ausgehendes Gesetz verfügt werden muss, bitte ich Sie, Herr Generaldirektor, mir zur Kenntnis zu bringen, ob diese Vorschläge Ihre Zustimmung finden und angenommen werden können. Die Herstellung würde auf Grund einer Abmachung mit dem Herrn Liez geschehen und es würden Vorkehrungen getroffen, um den Staat vor Missbräuchen zu schützen.“ (Postarchiv)

Am 16. September teilt der Generaldirektor mit: „… ich beabsichtige, in den Ausgabe-Etat der Generalverwaltung der Finanzen eine Summe einzutragen für die Herstellung von Briefmarken à 25, 37½, 30 und 40 Centimes; dies ist eine Antwort auf Ihre Note vom 14. März 1857 an die Generaldirektion der Finanzen.“ (Postarchiv)

Herr Deny, der Staatsarchivist, unterstreicht ebenfalls den Nutzen und das öffentliche Interesse in einer Eingabe an die Generaldirektion der Finanzen vom 14. März 1857. (Postarchiv)

Am 1. Februar 1858 wird der Generaldirektor der Justiz und der Finanzen an die Notwendigkeit erinnert, neue Werte von Briefmarken herauszugeben; dabei wird die Anwendung der verschiedenen Tarife für die Nachbarländer erklärt. In der Anlage dieses Briefes befinden sich Auszüge der belgischen und französischen Gesetze über die Ausgabe neuer Briefmarken. (Postarchiv)

Schließlich berichtet am 28. Mai 1858 der Generaldirektor der Justiz und der Finanzen dem Prinzen Heinrich: „Ich habe die Ehre Ihrer Königlichen Hoheit respektvoll mitzuteilen, dass ich zwecks Gutachten dem Staatsrat einen Gesetzesvorschlag über zwei Artikel unterbreiten werde, mit dem die Regierung ermächtigt werden soll, neue Arten von Briefmarken herauszugeben und Strafen festzulegen gegen Personen, die Briefmarken verwenden, die als gebraucht abgestempelt wurden…“ (Postarchiv)

Am gleichen Datum wird der Gesetzesvorschlag dem Staatsrat unterbreitet mit Argumenten für die Notwendigkeit dieses Gesetzes: „ … durch die Schaffung von Marken à 25, 30, 37½ und 40 Centimes wird das Publikum mit einer einzigen Marke alle einfachen Briefe nach Frankreich, Belgien (mit Ausnahme der Provinz Luxemburg) und den deutschen Staaten frankieren können. Nur für die Provinz Luxemburg wird man zwei Marken (à 10 c) brauchen. (Postarchiv)

Am 2. Juli verfasste der Staatsrat zu diesem Gesetzesvorschlag einen detaillierten Bericht von 10 Seiten. Interessant daran ist die Bemerkung: „Schon bei der Diskussion des Gesetzes vom 30. November 1852 hatte die Zentralsektion vorgeschlagen, Marken von 20, 30 und 40 Centimes und von 2, 3 und 4 Silbergros hinzuzufügen. Dann hätten wir sofort acht Marken statt zwei gehabt…“ (Postarchiv)

Am 4. November 1858 wird der abgeänderte Gesetzesvorschlag an den Prinzen Heinrich gesandt, der am folgenden Tag seine Genehmigung gibt, den Gesetzesvorschlag der Ständeversammlung vorzulegen.

Der Vorschlag wurde von dieser Versammlung in der Sitzung vom 23. November 1858 angenommen.

Der Regierungsrat gab ebenfalls sein positives Gutachten ab am 30. November 1858:

„… der Gesetzesvorschlag betr. Schaffung neuer Briefmarken, angenommen durch die Ständeversammlung am 23. Des laufenden Monats, ist Ihrer Königlichen Hoheit, dem Prinzen Stellvertreter, zwecks Genehmigung zu unterbreiten.“

Das Gesetz wurde am 2. Dezember 1858 durch den Prinzen Heinrich unterzeichnet.

Wahl des Herstellungsverfahrens der neuen Briefmarken

Am 30. Dezember 1858 bat der Generaldirektor der Justiz und der Finanzen den Direktor der Enregistrement- und Domänenverwaltung um sein Gutachten über die billigste und zugleich fälschungssichere Herstellungsweise der neuen Briefmarkenwerte, die eingeführt werden sollten.

Mehrere Luxemburger Drucker und ausländische Verwaltungen waren kontaktiert worden, um sich über die verschiedenen Herstellungsmethoden der Briefmarken zu informieren, und zwar:

Herr Barth-Wahl aus Luxemburg;

Herr Behrens Sohn, Drucker und Lithograph in Luxemburg;

Herr Nicolas Liez, Architekt, Graveur und Lithograph in Luxemburg;

die preußische Postverwaltung (Berlin);

die Direction der grossherzoglich Badischen Verkehrs-Anstalten;

die Postverwaltung von Oldenburg;

die eidgenössische Postverwaltung

und ein Luxemburger Drucker, der anonym bleiben wollte.

Auf Grund der erhaltenen Antworten erstellte Herr Schon, der Aufseher des Briefmarkenlagers, einen ausführlichen Bericht für den Direktor der Enregistrement- und Domänenverwaltung, über den er am 7. Februar den Generaldirektor der Justiz und der Finanzen genauestens unterrichtet.

Dieser Bericht ist technisch so interessant und informiert so gut über die verschiedenen Herstellungsverfahren der Briefmarken im 19. Jahrhundert, dass er hier vollständig wiedergegeben wird:

„Herr Generaldirektor,

Ich habe die Ehre, Ihnen den Bericht des Herrn Barth-Wahl über die Herstellung von Briefmarken im Auftrag der Regierung gemäß dem Gesetz vom 2. Dezember 1858 zurückzuschicken und Ihnen Rechenschaft abzulegen über das Ergebnis der Nachfragen, mit denen Sie mich durch Randvermerk Nr. 3602 vom vorigen 30. Dezember beauftragt haben.

Wie Sie aus den beiden beiliegenden Berichten des Aufsehers des Briefmarkenlagers ersehen werden, Herr Generaldirektor, hatte ich diesem Beamten den Bericht des Herrn Barth mitgeteilt, damit er dazu die nötigen Erkundigungen anstellen und Aufklärungen geben sollte.

Zu diesem Zwecke hat er sich über den Direktor der Post des Großherzogtums an die Postdirektionen in Berlin, an jene der Herzogtümer Baden und Oldenburg und an die der schweizerischen Staaten gewandt.

Die Antworten, die er erhalten hat, befinden sich in der Anlage.

Daraus ergibt sich:

1) dass in Preußen die Briefmarken nicht auf dem Wege der Lithographie, sondern durch Typographie, mit Hilfe so genannter galvanoplastisch fabrizierter Reliefplatten durch die königliche Druckerei hergestellt werden zum Preise von 8,73 Fr pro 100 Blatt zu 150 Marken.

2) dass das gleiche Herstellungsverfahren vom Großherzogtum Baden angewandt wird, nur dass es dort so viele verschiedene Typen [Klischees] gibt wie herzustellende Abdrucke.

Das dort verwendete Verfahren ist genau erklärt in der Depesche der Postdirektion des Großherzogtums Baden vom 17. Januar 1859.

3) dass im Großherzogtum Oldenburg man die Lithographie durch Übertragung angewandt hat (siehe Depesche vom 24. Januar 1859).

4) schließlich, dass in der Schweiz man das lithographische Verfahren aufgegeben und durch die Relieftypographie ersetzt hat (siehe Depesche vom 1. Februar 1859).

Die Untersuchung, die ich über die verschiedenen Herstellungsverfahren angestellt habe, die Erläuterungen und Erklärungen, die mir von sachkundigen Herren geliefert wurden, haben mich zu folgenden Überlegungen geführt:

Was die Herstellung durch ein beliebiges typographisches Verfahren betrifft, mit oder ohne Galvanoplastik, kann man Exemplare mit großer Schnelligkeit drucken, z.B. 5000 Blatt an einem Tag;

Die Ausdrucke werden allerdings immer verschwommener, während beim Kupferstich die Arbeit viel sauberer ist. Wenn man zwar bei diesem Druckverfahren, das viel mehr Zeit erfordert, dem Druckereiarbeiter einige Tage mehr bezahlen muss, so fällt das nicht ins Gewicht angesichts der geringen Zahl von Blättern, die wir jährlich drucken müssen. Auf der andern Seite bietet dieses Verfahren uns einen andern großen Vorteil, weil die Presse, die wir besitzen, zum Druck benutzt werden kann.

Ich glaube aber darauf hinweisen zu müssen, dass die Herstellung im Steindruckverfahren bei der Übertragung, obwohl an sich leicht, doch eine große Genauigkeit und äußerste Sorgfalt erfordert. Auch der Druck in eben diesem System verlangt besondere Sorgfalt vom Drucker, so dass es auf dessen Fähigkeit ankommt, eine Gravur genau und identisch zu übertragen, denn die geringste Abweichung in der Dunkeltönung eines Striches kann die Einheitlichkeit der Tönung verhindern.

Was die Gefahr der Fälschung betrifft, so ist sie bei uns nicht sehr groß zu schätzen angesichts der geringen Anzahl von Briefmarken, die ein Fälscher in Umsatz bringen könnte. Der Anreiz einer Chance auf hohen Gewinn reicht nicht, um die Habsucht zu reizen, wenn die Entdeckung des Betrugs eine sehr strenge Strafe nach sich zieht. In einer anderen Hinsicht, gleich welches System man für die Herstellung von Briefmarken annimmt, ist die Fälschungsgefahr immer die gleiche, unter der Voraussetzung, dass der Fälscher nicht über die ursprüngliche Matrix verfügt, auf deren Aufbewahrung man also immer sehr sorgfältig achten muss; denn mittels Steindruck kann ein Fachmann die Zeichnung immer mehr oder weniger vollkommen, mehr oder weniger ähnlich abbilden. Hier muss ich noch anmerken, dass im Steindruckverfahren die Fälschung es noch leichter hat, denn aus diesem Grund hat die Schweiz auf dieses Verfahren verzichtet.

Daher schlage ich Ihnen, Herr Generaldirektor, vor, sich für das Verfahren zu entscheiden, bei dem der Stich galvanoplastisch auf Kupfer nach einem einheitlichen Typ übertragen wird.

Sollte allerdings die Regierung bei ihrer Wahl sich allein von Gründen der Sparsamkeit und des günstigeren Preises leiten lassen, müsste sie natürlicherweise das Steindruckverfahren annehmen, das zweifellos das billigste ist.

Auf keinen Fall kann ich das Transfert-System (sub 4o im Bericht des Herrn Barth) empfehlen, da es übertrieben hohe Kosten verursachen würde und da ich überzeugt bin, dass das Kupferstich-Verfahren mittels der Galvanoplastik, obwohl weniger kompliziert, doch genau so schöne Produkte erzeugen wird und nicht fälschungsgefährdeter ist.

Der Direktor des Enregistrements und der Domänen

(Postarchiv)

Infolge dieses Berichts erklärt die Postverwaltung am 21. Februar, dass sie sich nicht in Sachkenntnis für ein zu bevorzugendes Herstellungsverfahren aussprechen kann, da sie sich nicht in der technischen Seite dieser Verfahren auskenne.

Parallel dazu war Victor Bück, Drucker in Luxemburg, in Kontakt mit einem deutschen Korrespondenten, dessen Namen er nicht preisgeben wollte. Dieser Korrespondent erwies sich am Ende als die Gesellschaft „Die Dresler’sche Giesserei C. Meyer“ aus Frankfurt am Main, welche die Herstellung der neuen Marken durch das System der galvanoplastischen Typographie vorschlug. Am 26. März 1859 benachrichtigte Victor Bück den Generaldirektor der Justiz und der Finanzen über dieses Angebot. Dieses Verfahren wurde schließlich zurückbehalten, und die Gießerei Dresler erhielt den Auftrag zur Herstellung der Klischees.

Wahl des Motivs und des Graveurs der neuen Briefmarken

In einem von M. Bück übermittelten und vom 5. April datierten Brief haben wir eine Beschreibung des neuen Motivs der Briefmarken gefunden, nämlich ein Wappen mit dem heraldischen Löwen sowie die in die Gravur einzubauende Inschrift „G.D. de LUXEMBOURG“.

Am 7. April 1859 beauftragte der Generaldirektor der Justiz und der Finanzen den deutschen Graveur Ludwig Kurz mit der Gravur des neuen heraldischen Motivs, und zwar immer noch durch Vermittlung des Druckers Victor Bück.

Herstellung und Lieferung der ersten Klischees

Die Herstellung der Klischees wurde der Gießerei Dresler in Frankfurt am 15. April 1859 anvertraut. Am 12. April war beschlossen worden, die neuen Briefmarken auf Bögen von 100 Marken zu drucken und als Reserve pro Wertstufe 20 zusätzliche Klischees (für den häufigsten 10 c-Wert das Doppelte) zu bestellen.

Von Ludwig Kurz erhielt die Gießerei Dresler auf direktem Wege die Originalstempel der 10- und 30-Centimes-Marken für die Herstellung der Klischees.

Am 30. April 1859 sandte Dresler dem Generaldirektor der Justiz und der Finanzen einen ersten Abdruck vom Originalstempel der 10- und 30-Centimes-Marken. Auf Vorschlag Dreslers entfernte man auf dem von Kurz gelieferten Stempel die feinen Linien unter den Ziffern.

Dresler begann mit der Herstellung der Klischees zu 30 Centimes und teilte am 16. Juni 1859 dem Generaldirektor der Justiz und der Finanzen mit, dass er Victor Bück eine Kiste mit 121 Klischees zu 30 Centimes geschickt habe. Herr Bück bestätigte den Erhalt am 20. Juni 1859 und leitete die Sendung am nächsten Tage an den Direktor des Enregistrements und der Domänen weiter.

Die Wahl des Druckers

Am Datum des Erhalts der Klischees zu 30 Centimes, d.h. am 21. Juni 1859, befiehlt der Generaldirektor der Justiz und der Finanzen dem Direktor des Enregistrements und der Domänen

„ … sich sofort mit dem Herrn Victor Bück in Verbindung zu setzen für den Druck der Briefmarken nach dem neuen Verfahren. Sie mögen ihn in Kenntnis setzen über Artikel 4 und folgende obigen Reglements… Verlangen Sie von Herrn Bück einen Preisvorschlag, über dessen Annahme ich entscheiden werde… Ich bitte Sie, sich mit dem Postdirektor zu einigen über die Anzahl der für die jeweiligen Wertstufen herzustellenden Marken. Beraten Sie sich auch mit ihm über die für jeden Wert zu verwendende Farbe… In Erwartung der Ankunft aller Werte kann man mit dem Druck der Marken zu 30 Centimes beginnen…“ (Postarchiv)

Am 29. Juni reichte Herr Bück sein Preisgebot ein mit 10 Blatt Probedrucke der 30-Centimes-Marken in der Anlage. Der Bericht vom gleichen Tag des Lageraufsehers erwähnt: „ … ich wage zu glauben, dass Herr Bück, wenn er sich richtig an die Arbeit gemacht hat, bessere Probedrucke herstellen wird als die angefügten.“ Der Direktor des Inneren war der gleichen Meinung und teilte am 12. Juli 1859 dem Direktor des Enregistrements mit: „… Die Probedrucke, die Herr Bück von den 30-Centimes-Marken geliefert hat, schienen mir so wenig zufriedenstellend in ihrer Ausführung, dass ich darüber an den Hersteller der Klischees geschrieben habe. Dieser hat mir die Antwort gegeben, von der Sie anbei eine Abschrift finden. Auch er stellt fest, dass die Probedrucke vieles zu wünschen übrig lassen und schreibt dies der mangelnden Erfahrung des Druckereiarbeiters zu. Er bietet an, einen Arbeiter nach Luxemburg zu senden, um den Druck unserer Briefmarken in der Werkstatt des Herrn Bück vorzunehmen. Ich bitte Sie, den Herrn Bück zu beauftragen, sich mit dem Hersteller der Klischees in Verbindung zu setzen, insbesondere um zu erfahren, unter welchen Bedingungen dieser Spezialarbeiter für eine bestimmte Zeit zur Verfügung gestellt werden könne, damit Herr Bück sein Preisgebot entsprechend ändern kann…“ (Postarchiv)

Schließlich wurde der Arbeiter, der nach Luxemburg kommen sollte, um bei der Herstellung der Briefmarken zu helfen, durch einen Auftrag in Frankfurt zurückgehalten. Angesichts der mangelnden Erfahrung des Herrn Bück und des Zeitdrucks beschloss der Generaldirektor der Justiz und der Finanzen, unsere Briefmarken in Frankfurt drucken zu lassen, bei der „C. Naumann’sche Druckerei“.

Am 26. Juli wurde die Gießerei Dresler kontaktiert mit der Bitte, sich mit der Druckerei Naumann in Verbindung zu setzen.

Inzwischen hatte Dresler die Klischees der 10-Centimes-Marken fertiggestellt und unmittelbar an Naumann für die Probedrucke weitergeleitet. Diese ersten Proben zu 10 Centimes wurden am 4. August 1859 nach Luxemburg gesandt und fanden sofort Zustimmung.

Am 10. August 1859 schrieb der Generaldirektor der Finanzen an den Direktor des Enregistrements und der Domänen:

„Ich habe die Ehre, Ihnen mitzuteilen, dass ich, nach Erhalt des beigefügten Probedrucks unserer Briefmarken durch die Druckerei Naumann aus Frankfurt, bei ihr folgende Anzahlen bestellt habe:

10 cent, 2000 Blatt, hellblau

12,5 cent, 500 Blatt, rosa

25 cent, 500 Blatt, braun

30 cent, 500 Blatt, violett

37,5 cent, 1000 Blatt, grün

40 cent, 500 Blatt, orange.

[Schließlich wurde die doppelte Zahl bestellt.]

Da das Filigranpapier nicht günstig zu sein scheint für den typographischen Druck und außerdem wenig gebräuchlich ist für die Herstellung von Briefmarken, geschieht der Druck auf gewöhnlichem Papier.

Ich bitte Sie, den Herrn Aufseher des Briefmarkenlagers zu beauftragen, durch die Messagerie die Klischees der 30-Centimes-Marken nach Frankfurt zu senden, nachdem er sie mit größter Sorgfalt verpackt hat.“ (Postarchiv)

Von der Lieferung bis zur ersten Ausgabe der neuen Briefmarken

Da der Drucker in Frankfurt ansässig war, wurde die Gesellschaft Dresler beauftragt, die Herstellung der Luxemburger Briefmarken beim Drucker Naumann zu beaufsichtigen.

Die erste Kiste mit Briefmarken wurde am 9. September von Frankfurt abgeschickt und ist am 13. September in Luxemburg angekommen. Sie enthielt 4.052 Blatt Briefmarken zu 10 Centimes. Bei einer Kontrolle am 21. September wurden 4044 Blatt angenommen und 8 Blatt, die beim Druck oder bei der Gummierung beschädigt worden waren, wurden in Gegenwart der Direktoren der Post und des Enregistrements sowie des Aufsehers des Briefmarkenlagers verbrannt.

Die zweite Kiste Briefmarken wurde am 17. September 1859 von Frankfurt aus versandt und ist am 21. September 1859 in Luxemburg angekommen. Sie enthielt 1.020 Blatt Briefmarken zu 30 Centimes und 1050 Blatt zu 12,5 Centimes. Bei einer Kontrolle am 21. September wurden 1017 Blatt zu 30 Centimes und 1018 Blatt zu 12,5 Centimes angenommen. Die 35 Blatt, die beim Druck oder bei der Gummierung beschädigt worden waren, wurden in Gegenwart der Direktoren der Post und des Enregistrements sowie des Aufsehers des Briefmarkenlagers verbrannt.

Am 29. September 1859 wurde im Memorial folgende Mitteilung veröffentlicht:

„Gemäß Gesetz vom 2. Dezember 1858 wird die Postverwaltung ab heute für die Frankierung der Briefe neben den durch Gesetz vom 30. November 1852 eingeführten Marken von 10 Centimes und 1 Silbergros Briefmarken im Wert von 30 Centimes verausgaben. Die Marken zu 30 Centimes sind in Lilafarbe gedruckt. Sie tragen das Wappen des Großherzogtums; darüber abgekürzt die Worte „Grand-Duché de Luxembourg“; darunter der Wert in Centimes.

Wenn der jetzige Vorrat an Marken von 10 Centimes und einem Silbergros mit dem Bildnis des König-Großherzogs erschöpft ist sein wird, werden neue Marken dieser beiden Wertstufen herausgegeben, von gleicher Form und Zeichnung wie die von 30 Centimes, und gedruckt in Blau für die 10 Centimes und in rosa für die von 12½ Centimes. Selbstverständlich behalten die alten Marken ihren Wert und können neben den neuen zur Frankierung der Briefe dienen.

Die Regierung wird außerdem Briefmarken von 25, 37½ und 40 Centimes herstellen lassen. Das Publikum wird über ihr Ausgabe informiert werden.“

Olivier
 
Quelle: www.philaseiten.de
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