Thema: Philatelie in der Presse
Richard Am: 21.05.2009 20:04:11 Gelesen: 1307670# 235@  
Briefmarken auf dem Richtertisch - Verfahren gegen Sammler eingestellt

Mainpost.de / scht, Würzburg (04.05.09) - Seit über 40 Jahren sammelt er Briefmarken, er schreibt Artikel für Briefmarken-Zeitschriften, reist durch die Republik, um keine Briefmarken-Messe zu verpassen - und nun ist der 66-Jährige bei seinen Briefmarken-Freunden in Ungnade gefallen. Grund dafür sind mehrere Polar- und Posthörnchen-Marken, die einem Händler bei einer Messe abhanden gekommen sind.

Jetzt ist der Rentner vor dem Amtsgericht wegen Diebstahls angeklagt. Dort streitet er ab, was der Staatsanwalt ihm vorwirft. Es gibt auch niemand, der gesehen hat, wie er die kleinen Bilder mit dem gezahnten Rand hat mitgehen lassen. Aber da ist ein hauptberuflicher Briefmarken-Sachverständiger, der ganz sicher ist, dass er die Polar-Marken schon mal für den Händler zertifiziert hat, bevor der Rentner sie ihm zur Echtheitsprüfung zugeschickt hat. Zumindest hat der Gutachter das den Polizeibeamten gesagt, die gegen den 66-Jährigen ermittelt haben.

Es wird ein schwieriger Prozess. Die Briefmarken-Freunde sind dem 66-Jährigen gram, keiner grüßt ihn. „Der hat Millionen von Marken“, lästert einer, „die sind aber alle nichts wert“. Die Posthörnchen- und Polarmarken, die als Beweismittel auf dem Richtertisch liegen, sollen hingegen rund 1800 Euro kosten.

Die Aussagen vor Gericht sind ziemlich widersprüchlich. Der Angeklagte erzählt, dass er die Marken eingetauscht habe. Der Händler versichert, dass das gar nicht sein könne, weil es seine Marken seien. Und ein Sammler beteuert, dass er auf einer Börse gesehen habe, wie der 66-Jährige Marken einstecken wollte.

Dann kommt der eigens aus Berlin angereiste Briefmarken-Gutachter zu Wort. 20 Jahre schon mache er das Geschäft, teilt er dem Gericht mit, und dass es sich bei den angeblich von dem Angeklagten geklauten Polar-Marken „ganz sicher“ um die des Briefmarkenhändlers handele. Letzteres ist allerdings falsch. Nach einer eingehenden Untersuchung der Klebebildchen steht nämlich fest, dass sie, im Gegensatz zu den Marken des Händlers, nicht signiert sind.

Dieser Irrtum erschüttert den Glauben des Gerichts an die Kompetenz des Gutachters. Zwar gibt es noch immer ein paar Ungereimtheiten. Weil die aber kaum aufzuklären sind, wird das Verfahren eingestellt und die Kosten zahlt der Steuerzahler. Der 66-Jährige muss nur seine eigenen Auslagen tragen.

(Quelle: http://www.mainpost.de/lokales/wuerzburg/Briefmarken-auf-dem-Richtertisch;art780,5102321)
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/135
https://www.philaseiten.de/beitrag/16309