Thema: Börse Sindelfingen 26.-28.10.2017 - Philaseiten war dabei
olli0816 Am: 11.11.2017 11:00:46 Gelesen: 18846# 39@  
Hallo Richard,

für Außenstehende ist Briefmarkensammeln tatsächlich eher wunderlich, manche meinen piffig und ungefähr so interessant wie das Liebesleben der Kieselsteine. Außerdem würden sich nur alte Männer dafür interessieren und wenn man sich das Durchschnittsalter anschaut, ist das in gewisser Weise so. Dazu gibt es tatsächlich einige mehr als eigenwillige Zeitgenossen (soll nicht abwertend gemeint sein, sondern nur eine Beobachtung meinerseits), was sich auch in den Foren durch epische Diskussionen bei mancherlei Themen zeigt.

Zum anderen ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass heute junge Menschen wiederum ganz anders aufwachsen, als in den 50er/60er oder 70er Jahren. Die Welt ist heute komplett anders, kleiner geworden und viele Dinge, die damals spannend - weil neu - waren, sind heute entweder verschwunden oder ggü. anderen Möglichkeiten nicht interessant genug. Deshalb hat das Briefmarkensammeln längst nicht mehr den hohen Stellenwert, es gibt heute schlicht sehr viel mehr Möglichkeiten. Trotzdem wird es auch in Zukunft viele Sammler geben, weil gerade Briefmarken eine Zeit abbilden, die so heute immer weniger existiert und in absehbarer Zeit verschwunden ist. Irgendwo in deinem Forum habe ich gelesen, dass Kindern das Briefe schreiben gezeigt wird. Meine Patenkinder schreiben keine Briefe und haben noch nicht mal das Bedürfnis dazu. Die kennen natürlich Briefmarken, nutzen diese aber so gut wie nie. Wofür auch?

Mein Computer z.B. hat sich leider verabschiedet und ich habe mir jetzt einen neuen zugelegt. Es ist ein recht flotter Desktop-Computer und gestern hatte ich die Diskussion, warum kein Notebook? Das wäre viel praktischer und mit den gleichen Leistungsdaten zwar etwa 300 € teurer, ich könnte damit aber auch in einem Cafe was machen und es überall mitnehmen. Ich persönlich habe das Bedürfnis nicht, aber man sieht, durch Aufwachsen mit der Technologie denken die Leute anders. Nachdem ich das gute Stück aufgestellt und so nach und nach alles installiert habe, fielen mir ein paar neue Funktionen auf. Zum Beispiel habe ich ein Programm gefunden, das sich 3D Vision Fotoanzeige nennt. Damit kann man Virtual Reality steuern mit 3D-Brillen. Ich hatte das explizit nicht bestellt, es war nicht in der Beschreibung, aber es zeigt mir, dass die wichtigen großen Grafikkartenhersteller dem Thema großes Gewicht einräumen. Das heißt, es ist eine Grundfunktion der Grafikkarte und der Hersteller hat sich über das Thema viele Gedanken gemacht. Ist auch meine Meinung, aber das wird sehr viele Dinge in unserem Zusammenleben die nächsten Jahre in einem Ausmaß verändern, wie wir uns das heute noch schlecht vorstellen können. Also wieder ein Konkurrent ggü. alten Hobbies

Den Journalisten sollte man also keine großen Vorwürfe für ihre Formulierungen machen, es ist nur ihre Sicht der Dinge gemessen wie sie die Welt wahrnehmen. Ich bin trotzdem sehr optimistisch für das Hobby Briefmarkensammeln, da sich der Mensch sehr gerne einen Ruhepol von seinem normalen Alltag sucht, egal was es ist. Alte Briefmarken und Briefe sind sehr schön anzusehen und übt eine gewisse Faszination auf denjenigen aus, der sich darauf einlässt. Und selbst heute moderne Briefmarken werden irgendwann alt und stellen eine Technologie dar, die es im normalen Leben so nicht mehr gibt. Es ist absehbar, dass Briefmarken komplett überflüssig werden. Aber es gibt sie nunmal und sie zeigen die Gesellschaft und das Denken der Länder in jenen Zeiten, wo sie erschienen sind. Man muß sich damit abfinden, dass Briefmarken ein Randthema sind und es in Zukunft sein werden. Aber was ist daran so schlimm? Man kann sich als Mensch nicht für alles interessieren und diejenigen, die Freude am Sammeln finden, werden mit und ohne große Attraktionen genauso Freude haben. Briefmarken unterliegen einer gewissen Kommerzialisierung und die letzten Jahre haben gezeigt, dass dies für große Teile von Sammelgebieten immer weniger gilt. Nur die teuren seltenen ganz alten Marken haben einen sehr hohen Wert. Andersherum finde ich es inzwischen äußerst angenehm, dass eine Bund-Sammlung für übersichtliches Geld zu haben ist, sprich der finanzielle Gedanke wird unwichtiger. Was hatte es denn z.B. für einen Wert für einen Sammler, wenn er in den 80er-Jahren für den Olympiablock München 1972 40 DM zahlen mußte? Heute bekommt man den Block kübelweise für 1 - 2 EURO, was natürlich die Leute nicht freut, die damals das Geld bezahlt haben. Oder die Erben, die glauben, viel Geld zu bekommen. Nur für einen heutigen Briefmarkensammler ist das überhaupt nicht wichtig. Und der Block ist nur als Beispiel für ganz viele Marken.

Meines Erachtens hat sich dadurch die Situation verbessert. Leute, die an dem Thema sowieso nicht interessiert sind, werden nie sammeln und auch immer denken, was sie wollen. Der Journalismus ist da nicht anders, wenn derjenige, der den Artikel schreibt, keinen Bezug zum Thema hat. Aber das ist doch OK so. Für mich ist z.B. Golf spielen genauso grenzwertig wie für andere Briefmarken sammeln. Trotzdem habe ich Freunde, die das leidenschaftlich betreiben. Die ziehe ich genauso auf, umgekehrt dürfen die das auch. Wichtig ist doch, dass darüber berichtet wird und viele Leute sind erstaunlicherweise so schlau, dass sie ganz selbstständig die Dinge finden, die ihnen Spaß machen oder für sie wichtig sind. Von daher sollte man über abweichende Meinungen stehen. Das tut keinem weh, sondern zeigt nur, dass unsere Welt glücklicherweise immer noch vielfältig ist.

Grüße
Oliver
 
Quelle: www.philaseiten.de
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