Thema: Auktionen: Los verkauft oder nicht verkauft ?
Reinhard Fischer Am: 17.11.2017 19:44:21 Gelesen: 9116# 8@  
@ marc123 [#5]

Hallo Marc,

die Quote ist so 1 bis 2 %, wobei das auch davon abhängt, was das für Käufer sind. Die Zahlungsmoral ist im deutschsprachigen Raum am besten. Wer weiß, dass man ihn faktisch nicht verklagen kann, benimmt sich im Internet gerne total daneben. Ich kenne Auktionshäuser, die nehmen gar keine Gebote von Chinesen mit Wohnsitz in China an und ich selber habe vor kurzem einen Theaterblock 4 mal (!) versteigern müssen, bis ihn tatsächlich ein Chinese bezahlt hat.

Der Zweitbieter hat m.E. keine Rechte und keine Pflichten in einem solchen Fall. Er muss das Los also nicht kaufen und kann aber auch nicht verlangen, dass es an ihn verkauft wird.

Mit dem Zuschlag erlöschen m.E. alle Verpflichtungen aus den unterliegenden Geboten. Es gibt oder gab bei manchen Auktionshäusern zwar den Passus "Der Bieter ist an sein Gebot 6 Wochen gebunden", aber ich habe so meine Zweifel, ob das rechtlich wirklich zulässig ist. Schließlich kann es ja sein, dass man z.B. danach ein vergleichbares Stück gekauft hat und das Los gar nicht mehr brauchen kann.

Andererseits kann der Zweitbieter sicher auch nicht verlangen, dass ihm nachträglich noch der Zuschlag erteilt wird. Der Auktionator ist ja gar nicht verpflichtet, überhaupt einen Zuschlag zu erteilen (Grundsatz der Vertragsfreiheit, er kann z.B. auch einen Zuschlag verweigern, wenn ihm die Nase des Bieters nicht passt). Selbst wenn das Gebot noch gültig wäre, müsste der Auktionator es nicht berücksichtigen.

In der Praxis ist es für den Auktionator auch meist schwierig, an den Zweitbieter heranzutreten. Der meint nämlich häufig, dass "Der Käufer hat nicht bezahlt" nur eine Ausrede dafür ist, dass der Käufer es nicht abgenommen hat, weil irgendwas an dem Los nicht in Ordnung ist. Auch wenn der Auktionator in 99 % der Fälle ehrlich ist: so misstrauisch ist halt die Welt. Deshalb spart man sich zumindest bei nicht so riesigen Beträgen, den Zweitbieter anzusprechen, zumal auch häufig einige Monate mit erster, zweiter und dritter Mahnung vergangen sind, bis so ein Kauf tatsächlich rückabgewickelt wird.

Noch etwas zum Thema "ethisch gefällt es mir nicht" (dass ein Händler einen Sammler überbietet, um das Stück einem anderen Sammler mit Gewinn zu verkaufen): Das sehe ich als Volkswirt etwas anders. Der Händler sorgt ja gerade dafür, dass der Markt besser funktioniert. Natürlich entgeht dem Sammler, der da mitbietet, sein Schnäppchen, aber dafür muss der Einlieferer auch nicht so viel weinen, dass er so einen niedrigen Preis bekommen hat.

Und ist ja nun nicht so, dass der Käufer moralisch ein größeres Recht hat, zu einem niedrigen Preis zu kaufen als der Einlieferer, einen höheren Preis zu bekommen.

Gruß

Reinhard
 
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