Thema: Altdeutschland Bayern Eingehende Briefe
bayern klassisch Am: 24.12.2017 14:20:03 Gelesen: 229756# 214@  
Liebe Freunde,

weil mich in dem Kontext Ulm - Neu-Ulm immer wieder beschäftigt hat, wann die Post in Neu-Ulm überhaupt eröffnet wurde, schlug ich im Feuser - Katalog nach, wo zu lesen steht:

Neuulm, zwischen 1832 und 1838 BS; ab 1844 PE. Unter der laufenden Nr. 2483-1 gibt es einen Halbkreisstempel Neu = Ulm, der ab 1838 gelistet ist. Schwarz wertet er mit 15 Euro, rot mit 12,50 Euro. BS = Briefsammlung. PE = Postexpedition.

Leider habe ich bisher noch keinen Brief aus Neu-Ulm der 1830er Jahre gesehen und auch unter Ulm, wo man ihn ja dann hätte aufgeben können, wenn er westlich laufen sollte, muss ich derzeit Fehlanzeige melden. Aber vlt. findet sich ja nochmal einer.



Ich hänge mir mal die Ersterwähnung bayerischerseits von Neu-Ulm an, die vom 16.12.1843 datiert und sich auf ein Übereinkommen zwischen Bayern und Taxis in Frankfurt am Main vom 30.5.1843 bezieht.

Erstaunlich für mich ist, dass nur die Rede von einer Fahrpostexpedition ist, nicht aber von einer Briefpostexpedition, wie man weit eher vermuten könnte. Aber vlt. wollte Taxis das gerade vermeiden?

Jedenfalls bleibt hier noch viel Raum für persönliche Recherche und Forschung und ich will diese gerne intensiv betreiben.



Der 1. Brief aus Ulm datiert vom 20.5.1845 und ist an die Firma Caspar Gerhauser in Kaufbeuren gerichtet. Ulm stempelte mit dem alten Zweizeiler Aufgabe, der ab 1840 belegt ist (Feuser Nr. 3643 - 12). Über Neu-Ulm lief er nach Augsburg, wo es augenscheinlich Probleme mit der Taxierung des württembergischen (taxischen) Portos bis zur bayer. Grenze gab. Zuerst waren 2 Kreuzer notiert worden, die im unteren Auslagestempel stehen, dann wurden diese 2 Kr. mit Rötel wieder gestrichen und durch 3 Kr. ersetzt, ehe man auf sie den Auslagestempel abschlug. Mit dem bayer. Inlandsporto von 6 Kr. ergaben sich daher total 9 Kreuzer Porto für Gerhauser.

Für mich stellt sich aber die Frage, warum Ulm mal 2 Kr. und dann 3 Kr. notierte? Es kann nur ein Wiegefehler gewesen sein und der Brief war dann in der 2. Gewichtsstufe (2 Kr. + 1 Kr. = 3 Kr.). Aber warum schlug man in Augsburg auf einer gestrichenen Taxe seinen Auslagestempel ab?

Die Entfernung Ulm bis Kaufbeuren beträgt 75 km, daher war der bayer. Anteil 4 Kr. für einfach und 6 Kr. für Briefe der 2. Gewichtsstufe wie her, also alles richtig gemacht.

In Augsburg war er übrigens schon am selben Tag (eigener Kartenschluß), während er von Augsburg nach Kaufbeuren 2 Tage brauchte!



Der 2. Brief aus Ulm der Firma Mathias Schmidt & Co. datiert vom 19.10.1849 und lief an Benedict von Poschinger in Oberzwieselau bei Zwiesel. Obwohl Neu-Ulm längst eine Post hatte, taxierte Ulm 3 Kreuzer für den über 1/2 bis 1 Loth schweren Brief (wieder 2 + 1 Kr.) und Bayern für Briefe über 30 bis 36 Meilen (248 km) 12 + 6 = 18 Kreuzer, so dass von Poschinger total 21 Kr. zu zahlen hatte. Der Grund des Übergewichts steht innen vermerkt: Man hatte 4 Wechsel beigeschlossen über total 557 Gulden und 48 Kreuzer. Au weia, wenn die weggekommen wären ...

Hätte man diesen Brief in Neu-Ulm aufgegeben, wäre es ein innerbayerischer Portobrief nach dem Reglement vom 1.7.1849 geworden - dieser hätte bis 1 Loth nur 6 Kreuzer gekostet! Es verwundert sehr zu sehen, dass die sonst so sparsamen Schwaben, die Neu-Ulm als verbilligende Poststelle so massiv nutzten, dass es große Klagen gegen Bayern gab, hier viel Geld verschenkt hatten.

Am 20.10.1849 traf er in München ein und ein Auslagestempel dort markierte das fremde Porto. Schon ein Tag später war er in Zwiesel. Wann er beim guten Benedict angekommen ist, kann leider nicht mehr eruiert werden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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