Thema: Philatelie in der Presse
Richard Am: 13.06.2009 08:33:22 Gelesen: 1307211# 252@  
Das Sammeln ist seine große Leidenschaft

Von Walter Kaiser

Augsburger Allgemeine Zeitung, Günzburg (12.06.09) - Sammler oder Jäger? Für Wolfgang Bimmerer aus Günzburg hat sich diese Frage nie gestellt. Er war und ist beides. Wobei die Leidenschaft zum Sammeln die Liebe zum Jagen, konkret zum Fischen, noch übertreffen dürfte.

Geschätzt eine Million Briefmarken hat der heute 86-Jährige zusammengetragen, hinzu kommen mehr als 3000 Postkarten. Alte Geldscheine und historische Fotos noch gar nicht mitgerechnet.

Die Sammelleidenschaft von Wolfgang Bimmerer ist einem tragischen Unfall geschuldet. Als knapp Zwölfjähriger waren er und einige Freunde beim Schlittenfahren. Mit Karacho ging es den Kuhberg hinab. Unten, an der Schlachthausstraße, stand eine Aufpasserin, die nach nahenden Autos Ausschau halten sollte. An jenem Februartag des Jahres 1935 genügte ein kleiner Moment der Unachtsamkeit - Wolfgang Bimmerer und seine Freunde prallten mit einem Auto zusammen und wurden schwer verletzt.

Drei Jahre verbrachte Wolfgang Bimmerer danach in Kliniken, ganz gesund ist er nie mehr geworden. Wegen der komplizierten Knochenbrüche ist ein Bein mehrere Zentimeter kürzer geblieben als das andere. Um der Langeweile des Klinikalltags zu entfliehen, lernte Wolfgang Bimmerer Ziehharmonika - und er begann, Briefmarken und Postkarten zu sammeln.

Ordnung ist das halbe Leben. Das gilt erst recht für einen Sammler. In mehr als 120 Ordnern hat Wolfgang Bimmerer in den letzten 70 Jahren seine Schätze sortiert und nach Sachgebieten aufgeteilt. Der Großteil der wertvollen Briefmarken und Postkarten ist einbruchsicher in Tresoren außerhalb des Hauses gelagert. Wolfgang Bimmerer hat nur jene Exponate in seinem Wohnzimmer, die für die nächste Ausstellung vorbereitet werden.

Neue Ausstellung geplant

Momentan ist das Teil 2 der Ausstellung „Bayerische Stempelsorten in der Pfennigzeit 1876 - 1920“, die am 2. Juli in der Sparkasse in Günzburg eröffnet wird. Teil 1 dieser Ausstellung ist bis dahin dort noch zu bewundern. Zur Sparkasse hat Wolfgang Bimmerer eine besondere Verbindung - immerhin hat er mehr als 36 Jahre (von 1939 bis zur Frührente 1975 als Schwerbeschädigter) für das Kreditinstitut gearbeitet. Alle seiner bisher mehr als 400 Ausstellungen hat Bimmerer deshalb in der Sparkasse und ihren zahlreichen Filialen gezeigt.

Die neue Ausstellung von Wolfgang Bimmerer führt den Besucher in eine besondere Sparte der Philatelie ein - die Stempel. Auf alten Marken und Postkarten präsentiert der Günzburger Sammler Einkreis- und Zweikreisstempel, Doppelkreisstempel, Stegstempel, Bahnpoststempel oder Aushilfsstempel. Alles fein säuberlich geordnet, in Folien eingebracht und mit informativen Kurztexten versehen.

Mit den vielen Neuerscheinungen dieser Tage will sich Wolfgang Bimmerer nicht mehr so recht befassen. Seine Hingabe gilt den historischen Briefmarken und Postkarten. Bei den Marken sind das vor allem die Länder Bayern von 1849 bis 1980, Baden bis etwa 1870 und Württemberg bis 1902.

Das nach Bimmerers Worten „bevorzugte Gebiet“ bei den Postkarten sind der Alt-Landkreis Günzburg und seit der Fusion mit Krumbach auch alte Motive aus dem südlichen Teil des Landkreises. Ganze Ordner sind freilich auch voll mit postalischen Grüßen aus Orten an Donau, Günz, Iller und Lech, aus dem Mindel- und dem Kammeltal, aber auch aus entlegeneren Gegenden wie Genfer See und Bodensee, Böhmen oder Tirol.

Eine umfangreiche Sammlung von Geldscheinen aus der Inflationszeit von 1916 bis 1924 nennt Wolfgang Bimmerer ebenfalls sein Eigen, dazu eine Vielfalt von Fotos über die Fliegerei - „vom Schneider von Ulm über den Zeppelin bis zum heutigen Tag“, wie der Günzburger Sammler sagt. Ein Schwerpunkt dabei sind alte Fotos über die Feldfliegerabteilung der Luftwaffe im Ersten Weltkrieg, bei der Bimmerers Vater als Monteur gedient hat.

Bei den Briefmarkensammlungen dürfen natürlich auch Sportmotive nicht fehlen. Marken, die an die Olympischen Winterspiele seit 1924 erinnern, besitzt Bimmerer ebenso wie Postwertzeichen der Olympischen Sommerspiele seit 1896, den ersten Spielen der Neuzeit. Dass auch Briefmarken der Fußball-Weltmeisterschaften zu Bimmerers umfangreicher Sammlung gehören, liegt nahe. Ungewöhnlicher sind seine philatelistischen Raritäten, die dem Boxsport gewidmet sind.

Was mit Bimmerers dritter Leidenschaft zu tun hat: dem Faustkampf. In jungen Jahren war er Boxer beim VfL Günzburg - in der leichtesten Gewichtsklasse, dem Fliegengewicht. „Ohne den Sport“, ist Bimmerer überzeugt, „wäre ich nicht so alt geworden“. Auch nach seiner aktiven Laufbahn ist Wolfgang Bimmerer dem Boxen verbunden geblieben, als Trainer und Abteilungsleiter: Nach seiner Günzburger Zeit noch in Offingen und anschließend in Leipheim.

Schon kurz nach Ende des Krieges hatte der Günzburger Deutschlands bekanntestes Box-Idol Max Schmeling kennengelernt. Bis zu dessen Tod waren beide in regelmäßigem schriftlichen Kontakt - dass Bimmerer Max Schmeling einen eigenen Sammelordner gewidmet hat, versteht sich von selbst. Das Fischen muss gesundheitsbedingt jetzt ein bisschen kürzertreten. Aber hin und wieder wirft Wolfgang Bimmerer auch die Angel noch aus - ein Sammler und Jäger eben.



(Quelle: http://www.augsburger-allgemeine.de/Home/Nachrichten/Startseite/Artikel,-Das-Sammeln-ist-seine-grosse-Leidenschaft-_arid,1656231_regid,2_puid,2_pageid,4288.html)
 
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