Thema: Luxemburg: Besondere Stücke der Luxemburger Wappenausgabe
marc123 Am: 01.01.2018 22:26:01 Gelesen: 17667# 1@  
Die UN FRANC-Marke mit umgekehrtem Aufdruck

Die 37,5 centimes-Marke (Abb.1) wurde 1872 mit dem Aufdruck „UN FRANC“ über dem alten Wert versehen (Abb.2). Hierbei entstand eine Variante mit umgekehrtem Aufdruck. Nur drei Exemplare dieser Variante sind bis heute bekannt. Alle sind zwischen Mai und September 1873 in Diekirch abgestempelt. Der alte Wert 37,5 wurde auf beiden Seiten anhand eines Federstrichs durchgestrichen. Genauso selten wie die Marke, sind auch die Informationen, die man über diese findet.



Abb. 1 u.2: 37,5 centimes und UN FRANC-Marke

Der Prifix-Katalog der Banque du Timbre erwähnte erstmals 1960/61 und bis 2009 unter der Katalognummer 24b (25b) die Abart „surcharge renversée; umgekehrter Aufdruck“ der UN FRANC-Marke farbig durchstochen und bewertete diese zuletzt mit 3100 Euro in gestempelter Form. Ungebraucht ist sie nicht bekannt. Anschließend verschwindet die Marke aus den Katalogen.

Aus der Literatur ist nur sehr wenig über diese Marke mit umgekehrtem Aufdruck zu erfahren. Sie scheint erst sehr spät entdeckt bzw. dem Luxemburger Sammlerkreis bekannt geworden zu sein. Erstmals erwähnt wird die Marke (Abb. 3) 1940 von dem berühmten belgischen Briefmarkensammler René Berlingin (1). Er erwähnt die Abstemplung von Diekirch vom 21. 05. 73., beschreibt sie kurz und sagt, dass an der Echtheit der Marke und dem Stempel kein Zweifel besteht (2). Das Stempeldatum ist auf der Abbildung nicht überprüfbar. Zwei Seiten zuvor stellt Berlingin die Frage nach der seltensten Briefmarke Luxemburgs, kommt zur Schlussfolgerung, dass es die „Un Franc renversé“ ist, erwähnt tabellarisch, dass nur ein Exemplar existiert und stellt sie sogar mit der berühmten 3sk. orange von Schweden gleich (3).



Abb. 3: Marke mit umgekehrtem Aufdruck., nach Berlingin 1940

Vierzehn bzw. fünfzehn Jahre später widmet Bernard Wolff (1954, 52; Abb.2; 1955, 32; Abb. 2) der „Marke mit verkehrtem Aufdruck“ wie er sie nennt, gerade mal acht Zeilen und bildet sie ab. Hierbei handelt es sich allerdings nicht mehr um die Marke, die von Berlingin gezeigt wurde, sondern um zwei Marken, die „umgekehrt als Paar zusammengeklebt“ wurden (Abb. 4). An neuen Informationen liefert er, außer der Abbildung nur, „Es ist noch hervorzuheben, dass bei den Naumannschen Überdrucken sich ein Bogen mit verkehrtem Aufdruck UN Franc befand.“ Weiter: „Zwei von diesen seltenen Marken, umgekehrt als Paar zusammengeklebt, wurden vor einigen Jahren (4) zu dem hohen Preise von 60 000 Fr. verkauft (5).“ Diese Angaben sind leider, wie in der Luxemburger Literatur aus dieser Zeit und leider auch heute noch oft anzutreffenden, unwissenschaftlichen Art, auf Quellenangaben zu verzichten. Das Argument, dass es sich um einen Bogen (6) gehandelt hat, der umgekehrt überdruckt wurde, erscheint uns, ohne Beweis, als Spekulation. Leider konnten wir bis jetzt auch nicht nachweisen wo das „Paar“ verkauft wurde und wer der Besitzer war.



Abb. 4: „Paar“ mit umgekehrtem Aufdruck, nach Wolff 1954, 52, Abb. 2

Sieben Jahre später tritt die Marke noch einmal Mal in der Literatur auf. Klein (1963, 50; 75) erwähnt in nur fünf Zeilen auf Deutsch und auf Französisch, über die Marke. Etwas Neues erfahren wir hieraus nicht. Auf Quellenangaben wird verzichtet. Er erwähnt, dass nur drei Exemplare bekannt sind, erwähnt, dass „die alte Wertziffer 37,5 mit Federstich entwertet wurde“. Der hier im deutschen Text unglücklich benutzte Begriff „Federstrich entwertet“ ist im französischen mit „barrée à la plume“ besser gewählt. Weiter wird erwähnt, dass nur drei Stück mit Stempel dem Einkreisstempel Diekirch bekannt sind und dass „an ihrer Echtheit kein Zweifel besteht“. Es ist keine Marke abgebildet. Die drei bekannten Stücke sind wohl die drei in diesem Artikel vorgestellten Stücke.

1985 wird das „Paar“ in der bekannten Sammlung „JUAN DEL PUENTE“ (7) von Jean Dupont verkauft. Diesmal mit FSPL-Attest. Es schafft es nicht einmal in die Farbabbildungen, sondern wird schwarzweiß abgebildet. Der Schätzpreis betrug 2500 Schweizer Franken. Zugeschlagen wurde es für nur 2000 Schweizer Franken. Erstaunlich ist hier die Beschreibung, dass es sich um ein Exemplar mit Variante, zusammen mit einer normalen Marke gehandelt haben soll (8). Auffallend ist auch, dass die Marken jetzt etwas versetzt abgebildet werden. Unklar ist, ob sie sich vorher auf einem kleinen Fragment befanden oder nicht.

Zuletzt taucht „das Paar“ (Abb. 5) 2000, anlässlich der Ausstellung vom 1-3 Dezember in Monaco auf (9). Zusammengesetzt sind die Marken wie in der Dupont-Sammlung. Aussteller ist Jean Huys aus Lichtenstein. Hier wird es als zwei der drei bekannten Exemplare genannt. Weiter wird der Fehlaufdruck als der bedeutendste von Luxemburg und als eine große europäische Seltenheit vorgestellt (10).



Abb. 5: „Paar“ mit umgekehrtem Aufdruck (Principauté de Monaco. Catalogue de l’Exposition des 100 Timbres et Documents Philatéliques parmi les plus rares du monde (Monaco 2000), 88)

Erstaunlich ist, dass diese Variante nicht mehr in den Prifix/ Michel-Katalogen erwähnt wird, handelt es sich doch nach der Auffassung Berlingins, der sich die Autoren des vorliegenden Artikels anschließen, um die bedeutendste Abart der Luxemburger Philatelie.



Für weitere Anregungen oder Kommentare zu diesem Artikel sind die Autoren Ihnen dankbar.

Commission pour la Philatélie traditionnelle, les Entiers postaux et l’Histoire postale du Luxembourg

Marc Schaack; Olivier Nosbaum



(1) Berlingin R., Catalogue-Etude. Les Timbres les plus rares de Belgique et des autres Pays. Les Oblitérations de Luxembourg. Les Centres Renversés (Ham-sur-Heure 1940), 32-34.

(2) „Obl. Diekirch 21. 05. 73. L’ancienne valeur a été barré à l’encre lors de l’emploi. : L’erreur a donc été reconnue alors. L’authenticité de la surcharge et de l’oblitération est hors de doute“ Berlingin (1940, 34).

(3) „Enfin au sommet, l’erreur la plus rare d’Europe, avec le 3sk. orange N°24“(Berlingin 1940, 32). „Il n’eiste qu’un exemplaire, coupé dans la marge gauche. C’est l’erreur la plus rare d’europe, à côté du 3 sk.jaune, erreur de Suède“ (Berlingin 1940, 34). René Berlingin war später, von 1950-1878, bzw.1984 Besitzer der 3 sk „Treskilling banco“. Siehe z.B. Feldmann D., Sweden „Treskilling“ yellow. Unique error of color. The world’s most expensive Stamp. Special Auction (Genf 2010), 21.

(4) Im französischen Text: Vor zwei Jahren.

(5) Wolff B., La surcharge erronée „Un Pranc“ au lieu de „Un Franc“, sur les timbres-poste de l’émission 1875 du Grand-Duché de Luxembourg. Balaase Magazine 93, 1954, 52-54. Wolff B., Der irrtümliche Aufdruck „Un Pranc“ anstatt „Un Franc“ auf der nicht verausgabten gezähnten 37 ½ centimes-Marke, Luxemburger Druck, von 1875. In: UTL (Hrsg.), Commémoration du 65e anniversaire (Luxemburg 1955).

(6) Im Gegensatz zu der Un Franc-Marke von Brück wo in zwei Schritten zu jeweils 50 Marken der 100er Bogen überdruckt wurde, war bis jetzt nicht bekannt, wieviel UN FRANC-Marken gleichzeitig überdruckt wurden. Anhand des sogenannten „Bourenstein-Brief“ konnten wir nachweisen, dass der Aufdruck wie bei den Un Franc-Marken in zwei Schritten zu 50 Marken durchgeführt wurde.

(7) Corinphila 1985, Los 5437.

(8) „un franc sur 37 ½ gris-brun var: surch renv - jolie pièce avec deux lég. oblit. de Diekirch et usée avec timbre normal (collées tête-bêche) les valeurs faciales annulées a la main… “

(9) Principauté de Monaco. Catalogue de l’Exposition des 100 Timbres et Documents Philatéliques parmi les plus rares du monde (Monaco 2000), 88; 146.

(10) „ L‘erreur la plus importante du Luxembourg et une grande rareté européenne.“


Siehe Datenbank http://nicht-im-katalog.de/marken/suchen/ablage/8
 
Quelle: www.philaseiten.de
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