Thema: Luftpost Ganzsachen
Cantus Am: 02.01.2018 07:13:57 Gelesen: 14923# 24@  
@ AfriKiwi [#12]

Hallo Erich,

inzwischen sind mehr als neun Jahre seit deinem Beitrag vergangen, Michel führt in seinem Ganzsachenkatalog von Deutschland (21. Auflage 2014) den gezeigten Ganzsachenbrief auf und auch sonst wäre zu dem Beitrag noch etwas zu sagen.

Unter der Überschrift "Bundesrepublik Deutschland (Dauerwertstempel) / Umschläge" findet man unter anderem den von dir gezeigten Umschlag unter der Bezeichnung U 30 B I/01. An der recht komplizierten Katalognummer kann man erkenen, dass es verschiedene Umschläge mit so einer Wertstempelkombination gibt, die unterschieden werden müssen.

Diese Art Umschläge wurden als Luftpostbriefe für das europäische Ausland hergestellt, nicht jedoch für den Postverkehr nach Übersee, was das hinzugeklebte Porto erklärt. Die Umschläge gelangten zwischen Januar 2006 und dem Jahr 2009 zum Verkauf und weisen einen engen Abstand zwischen den beiden Wertstempeln auf. Ab April 2009 erschien eine Folgeauflage mit gleicher Wertstempelkombination, dort aber existieren dann Zwischenräume zwischen den beiden Wertstempeln von 7,5 oder 10 mm Abstand; diese Folgeauflage wird im Katalog mit neuer Bezeichnug als U 36 geführt.

Bei dem aktuell gezeigten Beispiel gibt es Umschläge ohne Fenster (U 30 A) und solche mit Fenster (U 30 B). Bei den Fenster-Umschlägen gibt es verschiedene Unterscheidungsmerkmale, vorderseitig - und damit auf den ersten Blick - unterscheidet man nach den gedruckten Texten im Adressfenster, Druckvermerk genannt.

Es gibt Umschläge ohne Druckvermerk im Fenster, diese lauten auf U 30 B II. Alle Umschläge mit Druckvermerk im Fenster werden unter U 30 B I zusammengefasst. Dabei wird zwischen den verschiedenen FSC-Vermerken (vorletzte Textzeile) unterschieden. Es gibt FSC-Vermerke ohne zusätzlicher BA-Nummer (dein Umschlag), diese werden unter U 30 B I/01 geführt. Wenn aber der eingedruckten Zertifizierungsnummer noch eine BA-Nummer angefügt ist, lautet die Bezeichnug auf U 30 B I/02. Der Druckvermerk bei U 30 BI/01 besteht aus 30 Zeichen, der Druckvermerk bei U 30 BI/02 aus 37 Zeichen.

Die Umschläge der Art U 30 B I/01 wurden ausschließlich in Packungen zu 100 Stück zum Preis von insgesamt 75,20 Euro verkauft, es dürften sich daher nur in Ausnahmefällen solche Umschläge finden lassen, die privat genutzt worden sind, denn wer legt sich privat schon solche Mengen an Umschlägen für den Luftpostverkehr ins europäische Ausland als Umschlagsreserve hin.

In der Anfangszeit der Verwendung von Ganzsachen war es teilweise verboten, den Wertstempel einer Ganzsache mit Poststempel zu entwerten, statt dessen war der Poststempel irgendwo auf der Ganzsache abzuschlagen und der Wertstempel handschriftlich durch einen Strich zu entwerten. Später dann wurde es den Postbeamten freigestellt, ob der Tagesstempel der Post irgendwo auf der Ganzsache abgeschlagen und damit die Ganzsache entwertet wurde oder ob er sich speziell auf dem Wertstempel befinden sollte. Beides gilt als korrekt entwertet.

An der Regelung, dass eine Ganzsache dann entwertet ist, wenn sich irgendwo auf der Adressseite ein Abgangsstempel der Post befindet, hat sich bis heute grundsätzlich nichts geändert, denn die Ganzsache ist das Postwertzeichen und nicht etwa nur der Wertstempel, die Gepflogenheiten der letzten Jahrzehnte haben aber die postalische Abstempelung des Wertstempels bzw. der Wertstempel in den Vordergrund gerückt, sodass, zumindest für Sammler, die Ganzsache nur dann als entwertet angesehen wird, wenn der Poststempel auch den aufgedruckten Wertstempel trifft. Dabei ist es unerheblich, ob auch zugeklebte Ergänzungsfrankaturen vom Poststempel getroffen worden sind, denn im Vordergrund steht die postalische Entwertung der Ganzsache und das ist bei dem von dir vorgestellten Umschlag korrekt erfolgt.

Angesichts des schwierigen Erwerbs des Umschlages durch Privatpersonen und der korrekten und noch lesbaren Entwertung der Wertstempel durch Tagesstempel dürfte der von dir gezeigte Umschlag, selbst wenn er nicht korrekt für den Postverkehr ins europäische Ausland verwendet worden ist, angesichts der sicherlich seltenen Destination Neuseeland zu den selteneren Exemplaren im Ganzsachenbereich gehören, für die ein Katalogpreis von 4 Euro nicht angemessen ist.

Insgesamt ist dein Beleg ein auf den ersten Blick unbedeutender, bei näherem Hinschauen aber sehr interessanter und korrekt entwerteter Ganzsachenbrief, der einen angemessenen Platz in einer entsprechenden Ganzsachensammlung finden sollte.

Viele Grüße
Ingo
 
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