Thema: Altdeutschland Bayern: Ganzsachen der Kreuzerzeit
bayern klassisch Am: 21.06.2009 21:10:08 Gelesen: 47792# 4@  
Ein Vorläufer der bayerischen Ganzsachen war die am 1.7.1870 verausgabte Correspondenzkarte (CK). Diese CK wurden dem Publikum mit bereits aufgeklebter Marke verkauft. Wer 50 Stück oder ein Vielfaches davon abnahm, bekam diese auch blanko zum Preis von 9 Kr. am Schalter.

Üblicherweise bestand die Frankatur aus einer 3 Kr. Marke, in der Regel eine Nr. 23, die am selben Tag erschienen war. Es gibt aber, wesentlich seltener, auch CK mit der Nr. 15.

Die CK waren also wie gewöhnliche Briefe zu frankieren und konnten auch qualifiziert aufgegeben werden (Chargé, Expreß, gegen Rückschein oder poste restante). Alle diese Besonderheiten sind sehr selten und von Spezialisten gesucht und gut bezahlt.

CK für Ortssendungen oder Drucksachen wurden mit der Nr. 22, oder wesentlich seltener, mit der Nr. 14 frankiert abgegeben.

Ab dem 1.1.1872 wurde die Gebühr für CK bzw. Postkarten (PK) auf 2 Kr. reduziert, was ihre Beliebtheit steigerte.

Alle Anderen Frankaturen, also nicht 1, 2 und 3 Kr., sind sehr selten und werden sehr teuer bezahlt.

CK wurden in der Regel gefaltet transportiert, sei es durch die Briefträger, die immer ein ausreichendes Quantum mit sich führen mussten, also auch durch die Kunden, die die Karten platzsparend in Hosen und Jacken bei sich trugen. Daher ist eine Mittelfaltung auch kein Mangel. Nur ganz wenige CK blieben ohne Faltung - vermutlich diejenigen, die am Schalter gekauft und direkt beschrieben wurden (Bleistift).



Eine CK aus Immenstadt vom 30.7.1870, also dem 1. Monat der Verwendung, zeigt eine Nr. 15. Die CK lief nach Rosenheim und war bei der Ankunft links oben mit dem Ortsstempel zu bedrucken. Weil die Verwendung dieser neuen Mitteilungsart noch ganz neu war, benötigten die Gebrauchsvorschriften hierfür noch fast 40% der beschreibbaren Fläche der Vorderseite. Die Mitteilungen hatten rückseitig zu erfolgen.





Wie man es nicht machen sollte, zeigt eine CK aus Augsburg vom 2.3.1872. Die Gebührensenkung war an dem Absender, einem Apotheker, spurlos vorüber gegangen. Er hatte aber, wie oben geschrieben, wohl mindestens 50 CK gekauft und diese selbst frankiert. Hierbei hatte er die Marke aber nicht, wie es die Vorschrift war, vorne oben rechts appliziert, sondern hinten oben links.

Nach der bayer. Transportordnung waren Freimarken, die siegelseitig aufgeklebt worden waren, nicht gültig. Der Augsburger Aufgabepost entging die Marke jedoch nicht, denn man notierte "verte" für "umseitig", entwertete die Marke mit dem Zweikreisstempel der Filialpost in der Stadt und spedierte sie nach München, wo sie einen Tag später eingangsgestempelt wurde - nur nicht vorne oben links, sondern hinten in der Mitte unten.

Dass beide Poststellen die nicht erlaubte Stempelfarbe violett benutzten, macht die Sache nicht wirklich besser.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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