Thema: Erstflug- und Sonderflugbelege
Mozart Am: 26.06.2009 00:17:59 Gelesen: 431925# 144@  
Die Behauptung, die Brüder Wright, Orville und Wilbur, hätten den ersten kontrollierten Motorflug durchgeführt, ist nicht jedem einsichtig. Unumstritten ist jedoch die Tatsache, dass die Gebrüder Pioniere der Luftfahrt waren und die Entwicklungen der damaligen Zeit um ein gutes Stück vorantreiben konnten.

„Es ist mein Wunsch, mir alles anzueignen, was darüber schon bekannt ist, um dann nach Möglichkeit mein Scherflein zum schließlichen Erfolg eines künftigen Erfinders beizutragen“, äußerte Wilbur Wright einst in einem Schreiben. Der künftige Erfinder sollte dann doch er selbst sein, zusammen mit seinem Bruder Orville. Doch zurück zu den Anfängen. Den Grundstein für die Technikbegeisterung der beiden Brüder, legte laut Erzählungen, der Vater der Jungen, ein protestantischer Bischof. Im Sommer 19878, als Orville sieben und Wilbur elf Jahre alt waren, schenkte er ihnen ein Helicoptere, einen kleinen Schraubenflieger als Spielzeug. Als dieser, offensichtlich viel genutzt, kaputt war, schafften es die Kinder, das Objekt nachzubauen. Ohnehin galten die Gebrüder Wright auch in späteren Jahren noch als äußerst findig und dabei sehr zuverlässig. „Pünktlich, fleißig und bescheiden“, waren die Attribute, die Zeitgenossen an Wilbur und Orville gerne verliehen.

Der amerikanische Traum

Studiert hatten die beiden nie, alles Wissen hatten sie im Selbststudium aus Büchern und beim Basteln und Experimentieren erworben. Allein durch eigene Anstrengung gelangten die Brüder schließlich zu ihrem Ruhm als Flugzeugpioniere. Der amerikanische Traum findet in deren Lebensläufen auf jeden Fall seine Berechtigung. Ab Mitte der 1880er betrieben sie zunächst eine Druckerei, ab 1890 trug eine Reparaturwerkstatt für Fahrräder zu ihrem Lebensunterhalt bei. Hier sammelten sie nicht nur Wissen über Fahrräder – ein eigenes Fahrradmodell vertrieben sie ab 1895 – sondern auch Tricks und Kniffe, die ihnen später beim Flugzeugbau von Nutzen waren. Balance und Gewichtsreduktion, Kettenantrieb und Aerodynamik, stellen Bereiche der Konstruktionstechnik dar, die sowohl beim Fahrrad als auch beim Flieger von primärer Bedeutung sind. Der Tod Otto Lilienthals nach seinem Absturz im Sommer 1896 machte die beiden Brüder zutiefst betroffen. Lilienthal war der Erforscher der Aerodynamik im Dienste der Fliegerei gewesen, zahlreiche Probeflüge mit selbstgebauten, flügelartigen Konstruktionen aus Holz und Leintuch, sowie das Studium des Vogelfluges hatten ihn zu damals Bahn brechenden, heute noch gültigen Erkenntnissen geführt. Allein mit der Steuerung hatte es noch Probleme gegeben. Dies war letztendlich die Ursache des tödlichen Sturzes gewesen und wurde nun zum Punkt, an dem die Gebrüder Wright mit ihren Forschungen einhakten. Im Jahr 1899 fingen Wilbur und Orville an, ihren ersten eigenen Fluggleiter zu konstruieren und zu bauen.

Doppelte Flügel = doppelter Auftrieb

Ein Doppeldecker sollte es schließlich werden. Der Doppeldecker hat den Vorteil, bei gleicher Spannweite mehr Auftrieb zu entwickeln, da ja die doppelte Tragfläche vorliegt. Heute sind Doppeldecker außerhalb von Museen und Schauflügen bedeutungslos geworden, da bei den modernen Reisegeschwindigkeiten der Nachteil der Doppeldeckerkonstruktion, der erhöhte Luftwiderstand, extrem zu Tragen kommt. Damals, als ein Flieger noch mit zehn bis zwanzig Stundenkilometer unterwegs war, fiel der Widerstand nicht so extrem ins Gewicht. Im Oktober des darauffolgenden Jahres, testeten die Brüder die Flugfähigkeiten des Gleiters. In Kill Devil Hills an der Küste des Atlantik, hatten sie eigens für ihre Flugversuche ein Gelände gekauft. Noch unbemannt wurde der Doppeldecker damals in die Luft geschickt, im Sommer 1901 arbeiteten die Gebrüder schon mit einer verbesserten Version, die von einem Piloten liegend gesteuert wurde. Einhundert Meter lang waren die Flugstrecken in diesem Sommer, für die damalige Zeit keine schlechte Leistung. Ab Herbst unterstützte Octave Chanute, bereits damals eine amerikanische Fliegerlegende, die Arbeiten der Wrightbrüder, nachdem sie ihn eingeladen hatten, bei den Experimenten zuzusehen.



Das Meisterstück der Flugpioniere

Von 1901 bis 1903 konnten die Wrights mit ihren Gleitflügen beachtliche Weiten erzielen. Der längste Gleitflug erstreckte sich über 622,5 Meter in 26 Sekunden. Im Frühjahr 1903 stellten die Gebrüder einen Patentantrag für ihren Flugzeugentwurf und arbeiteten daran, das Gerät durch einen Motor ein seiner Leistung und Nutzbarkeit wesentlich zu verbessern. Einer ihrer Mitarbeiter in der Reparaturwerkstatt für Räder, Charlie Taylor, war fähig, den passenden Motor für den Gleiter zu bauen. Zwölf PS war die Leistung des 77 Kilogramm schweren Viertakt-Vierzylinders mit Wasserkühlung. Flyer (heute auch Flyer 1 oder Kitty Hawk) hieß der Flieger der Gebrüder Wright. Sein erster Flug, am 17. Dezember 1903, dauerte zwölf Sekunden, in denen er mit Orville Wright eine Strecke von 37 Metern zurücklegte. Der Bruder absolvierte gleich im Anschluss den zweiten Flug, jeder der beiden hob an diesem Wintertag zweimal mit der kleinen Maschine aus Holz und Stoff ab. Der längste der vier Flüge ging auf Wilburs Konto, er schaffte 260 Meter in 59 Sekunden. 12,3 Meter Spannweite und 6,4 Meter Länge hatte das Fluggerät und war nur 2,8 Meter hoch. Laut Orville Wright soll dies das erste Mal gewesen sein, dass eine bemannte Maschine durch eigene Kraft abgehoben und geradeaus geflogen sei und nicht zuletzt unversehrt wieder am Boden aufgesetzt war. Diese Leistung, die im Allgemeinen tatsächlich den Gebrüdern Wright zugesprochen wird, beanspruchen aber auch noch andere Flieger für sich, darunter Clément Ader und Gustav Weißkopf.

Der eigentliche Verdienst der Brüder

Nicht die Flugexperimente sind es jedoch, die die Bedeutung von Wilbur und Orville Wright für den modernen Flug ausmachen. Vielmehr ist es die Erkenntnis, dass sich der Kurvenflug nicht allein durch die Verdrillung der Flügel hervorrufen lässt. Die Ruder sind es, die das Flugzeug erst richtig steuerbar machen und damit das kontrollierte Fliegen ermöglichen. Am 20. September gelang den Brüdern der erste Flug im Kreis, zumindest landete das Fluggerät wieder an dem Platz, an dem es sich vorher in die Luft erhoben hatte. Die Steuerung des Flugzeuges über drei Achsen macht einen wesentlichen Vorteil der modernen Fliegerei aus. Die Verwendung von Höhen- und Seitenruder und die Tragflächenverwindung (der Vorläufer der Querruder) waren und sind bis heute die von Brüdern Wright entwickelte Voraussetzung für die Dreiachssteuerung. 1909 wurden die Wrights mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt. Die Ehrenpromotion der Technischen Hochschule München und die Ehrenmedaille der Regierung der Vereinigten Staaten sind zwei der herausragendsten.


 
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