Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
bayern klassisch Am: 03.03.2018 12:04:29 Gelesen: 288382# 251@  
Liebe Freunde,

der folgende Brief war eigentlich für ein liebes Forumsmitglied bestimmt - bis jemand bei eBay daher kam und ihn einfach überbot. Weil ich aber nicht weiß, ob er auch hier vorgestellt wird, denke ich, dass es das beste wäre, ihn zu zeigen und zu erklären, damit solch eine Pretiose nicht in mentale Vergessenheit gerät.





In Erlangen wurde er als Portobrief am 22.9.1868 nach Bremen aufgegeben. Adresse: "Mister William M. Macgrath Surgeon P & O "Indus" Care of Mess. H. Bischoff & Co. Bremen."

Als einfacher Brief in einen Vertragsstaat kostete er 2 Groschen, die auch in blau taxiert wurden und Bayern zustanden. Doch dann ging einiges schief:

Siegelseitig lesen wir: "Das Schiff "Indus" geht nach London" und darunter "Die Herren H. Bischoff & Co. verweigern unfrankiert die Annahme. Martens, Briefträger".

Weil die Weigerung der Bezahlung des Portos gleich der Weigerung der Annahme bedeutete, musste die Bremer Post ihn als unanbringlich ansehen und Erlangen zurück schicken. Nun waren aus den 2 Groschen 7 Kreuzer zu machen, was man gut hin bekam und leitete ihn am 24.9. retour.

Er dürfte 1 Tag später in Erlangen angekommen sein, was nicht ersichtlich ist, weil man später eine Retourmarke über den Ankunftsstempel klebte, womit wir schon zu der Besonderheit kommen, dass der Absender in Erlange unbekannt war (Siegel, Handschrift usw.). Ergo war die Retourbriefkommission in Nürnberg für die Öffnung des Kuverts zuständig und stellte siegelseitig den Empfänger fest: "Dr. Fr(iedrich) Wiel 7 Kr." wie immer in vorgeschriebener, roter Tinte. Bei Portoretourbriefen war von seiten der Retourbriefkommission auch darauf zu achten, dass die angefallenen Portokosten von dem zu ermittelten Empfänger bezahlt werden mussten.

Da die Zusendung von zu öffenenden Retourbriefen ja mit der (Innen-)Dienstpost erfolgte, wurde bei dergleichen Briefen intern die Abgabe- nicht von der Aufgabepost belastet und nach Eruierung des Empfängers auch nicht wieder entlastet. Das auf dem Brief haftende Porto musste also separat ausgewiesen werden, weil es sonst in Vergessenheit hätte geraten können.

Wer immer der jetzige Besitzer sein mag, er hat einen traumhaften Brief gekauft, der jeden bayerischen Postgeschichtler in Entzückung versetzt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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