Thema: Antrag des WPhV zum LV-Tag am 07.04.18: Austritt des LV Südwest aus dem BDPh !
Richard Am: 12.03.2018 09:16:24 Gelesen: 154264# 467@  
Im StampsX Forum hat gestern das Mitglied altsax einen der Versachlichung dienenden Beitrag veröffentlicht, den wir hier mit seiner Zustimmung ins Forum stellen :

WPhV Stuttgart im "Brexit-Modus"

Der WPhV Stuttgart hat bekanntlich einen Antrag auf Austritt des LV Südwest aus dem BDPh gestellt. Sein Vorsitzender wirbt für dessen Annahme mit seit Jahren unveränderten Argumenten auf vielen Kanälen, aktuell insbesondere im Forum "philaseiten". Dabei wird die Zukunft der Ortsvereine im LV Südwest in den schönsten Farben gemalt, wenn der Verband erst einmal vom "Ballast" des BDPh befreit ist.

Dank seiner Finanzkraft kann der LV Südwest einen Rettungsplan zur Sicherung und Stärkung der OV konzipieren und auch umsetzen, ohne auf „übergeordnete Interessen“ Rücksicht nehmen zu müssen...

Das erinnert stark an die übliche Vorgehensweise von Politikern, die dann, wenn es irgendwo Probleme gibt (s. beispielsweise Pisa Studien, die einen Rückstand im Schulwesen indizieren) mit mehr Geld für diesen Bereich glauben schon die Lösung zu haben.

Wie beim Brexit verspricht man den Vereinen die Lösung ihren Probleme, ohne auf deren Ursachen einzugehen und auch nur annähernd die zu erwartenden Kollateralschäden in den Blick zu nehmen.

Es lohnt, einmal die zwangsläufig eintretenden Folgen eines solchen Schrittes zu beachten:

1. Der Etat des BDPh ist Makulatur, wenn die Beiträge auch nur eines großen Verbandes entfallen. Es müssen also Leistungen gekürzt und/oder Beiträge für die verbliebenen Mitglieder erhöht werden. Beides wird die Attraktivität einer Mitgliedschaft in den Vereinen der verbliebenen Verbände nicht gerade erhöhen.

2. Die im BDPh geplanten Umstrukturierungen, die die Attraktivität erhöhen und vor allem auch die gesellschaftliche Entwicklung in Bezug auf das Kommunikationsverhalten berücksichtigen sollen, lassen sich kaum noch finanzieren.

Das mag einen Vereinsvorsitzenden im LV Südwest weniger interessieren, aber auch dort kommt es zu erheblichen Veränderungen:

3. Viele Vereine befinden sich im "labilen Gleichgewicht". Ihre Existenz hängt davon ab, daß die wenigen "Macher", also die Vorstandsmitglieder und Aktiven, die den Verein am Leben erhalten, weiter an Bord bleiben. Das gleiche gilt für die Finanzen vieler Vereine, die meist davon abhängen, daß die Mitglieder, die schon länger nicht mehr am Vereinsleben teilnehmen, aber immer noch brav ihren Beitrag leisten, das auch weiterhin tun. Oft genügt in beiden Fällen ein (kleiner) Anlaß, um Aktivitäten einzustellen oder den Austritt zu erklären. Eine drastische Änderung wie der Austritt des Landesverbandes aus dem BDPh nebst Wegfall der Mitgliederzeitschrift "philatelie" hat das Potential, ein solcher Anlaß zu sein. Das Vereinssterben würde also eher beschleunigt als aufgehalten.

4. Der LV Südwest mit seiner intakten Struktur nebst Unterstützung seiner Vereine wird getragen von den Aktiven im Vorstand und seinen Untergliederungen, die sich nach meiner Kenntnis gegen einen Austritt ausgesprochen haben. Glaubt jemand ernsthaft, daß sie nach einem solchen Schritt noch für aktive Mitarbeit zur Verfügung stehen? Es ist also erst einmal mit Verwerfungen zu rechnen, die bis zu einer Spaltung führen können.

Es ist unbestreitbar, daß die Führung des BDPh seit mindestens einem Jahrzehnt keinerlei ernsthafte Versuche einer Strukturanpassung an die gesellschaftliche Entwicklung gemacht hat. Dieses vorwerfbare Versäumnis ist dem aktuellen Vorstand sehr bewußt. Daß Maßnahmen angelaufen sind, die Unterlassungen der Vergangenheit auszugleichen, weiß auch der Vorsitzende des WPhV. Um so unverständlicher ist es, daß dennoch ein Antrag gestellt und aufrechterhalten wird, der geeignet ist, genau das zu verhindern, was vorgeblich dessen Anliegen ist, nämlich eine Stärkung der Vereine durch Attraktivierung einer Mitgliedschaft in der organisierten Philatelie.

Gebraucht wird schließlich beides: Attraktive und aktive Ortsvereine und ein Verband, der als Bindeglied fungiert auch für solche Sammler, die aus welchen Gründen auch immer einem Ortsverein nicht beitreten wollen oder können.

An der Gestaltung dieses Zusammenspiels mitzuwirken wäre weitaus zielführender als das Zerschlagen bestehender Strukturen ohne einen konkreten Plan zur Ausgestaltung des Neuen.

Genau an diesem Punkt manifestiert sich der Vergleich mit dem Brexit:

Versprochen wurde das Paradies auf Erden. Für den Weg dorthin existierte kein Plan. Die Protagonisten haben sich entwder in die Büsche geschlagen oder versuchen nach wie vor, Maximalpositionen durchzusetzen, deren Unerreichbarkeit neutralen Beobachtern längst klar ist.

Man kann nur hoffen, daß die Mehrheit der Vereinsvorstände im LV Südwest mehr Vernunft zeigt, als einst die Mehrheit der britischen Bevölkerung.

Altsax
 
Quelle: www.philaseiten.de
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