Thema: Literatur für Ganzsachensammler
sentawau Am: 08.05.2018 12:01:20 Gelesen: 36457# 11@  
Hier die angekündigte Fortsetzung.

Ich muss sie mit einer Entschuldigung für einen Fehler beginnen: die DEBRIA in Leipzig fand nicht 1948, sondern 1950 statt.



Auf den „Großen Ascher“ von 1928 folgte 1930/1932 der Deutschland-Spezialkatalog von Siegfried Ascher und Theodor Junker, über den ich bereits in [#7] berichtet habe. 1938 brachte der BGSV dann noch als Kurzfassung den „Weltganzsachenkatalog“ auf 880 Seiten heraus. Er baute auf dem Großen Ganzsachenkatalog auf und war für Sammler bestimmt, die keinen Wert auf Besonderheiten und Abarten legten. Bearbeiter waren Walter Beckhaus, Otto Krause, Albert Maaß und sicherlich auch Siegfried Ascher, dessen Name aber nirgends erscheint, denn er war ja Jude. Immerhin hat er in der Vereinszeitschrift noch, wenn auch zuletzt anonym, bis 1938 publiziert. 1939 konnte er sich in letzter Minute nach Palästina retten.

Schließlich ist noch der „Weltkatalog der Bild-Ganzsachen“ zu nennen. Er erschien zur Jahresmitte 1933 im Verlag Horodisch & Marx in Berlin-Wilmersdorf und war auf Veranlassung des BGSV und des Wiener Ganzsachensammler-Vereins von Theodor Junker bearbeitet.

Dieser Katalog wirft Fragen zur Vereinsgeschichte des BGSV auf. Warum erschien er nicht im „Hausverlag“ des BGSV in Borna bei Noske? Horodisch & Marx war ein bedeutender und bekannter jüdischer Verlag. Ich empfehle, die Biografie Abraham Horodischs (emigriert 1933) in der Wikipedia nachzulesen. Im Januar 1933 war Hitler an die Macht gehievt worden. In den Straßen Berlins grölte der braune Mob antisemitische Hassgesänge. Trotzdem brachte der BGSV, ein typischer Honoratiorenklub von stramm konservativer Gesinnung, noch 1933 eine Veröffentlichung bei einem jüdischen Berliner Verlag heraus! Der Verfasser Theodor Junker war im Majorsrang verabschiedeter kaiserlicher Offizier, der es reaktiviert als Kommandant eines Kriegsgefangenenlagers noch bis zum Oberst brachte.

Meine Darstellung beruht auf der Interpretation einer Postkarte, die in der „Ganzsache“ 86. 2012, S. 134 veröffentlicht ist.

Junkers Bildganzsachenkatalog ist extrem selten und fehlt auch in meiner Sammlung. Ich vermute, dass der geächtete jüdische Verlag schuld ist. Die Idee zu einem solchen Spezialkatalog wurde erst wieder 1985 und nochmals 2008 in der Reihe der Michel Kataloge wieder aufgegriffen. Bearbeiter war Gerhard Weileder vom Münchener Ganzsachensammlerverein. Sie sind für Spezialisten ersetzt durch die drei Handbücher, die Michael Bokisch seit 2010 für die Gebiete Österreich, Deutsches Reich und Deutschland nach 1945 herausbrachte (Abbildungen bei Google. Die Deutsche Post gibt seit 1999 keine herkömmlichen Bildpostkarten mehr heraus.
 
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