Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
bayern klassisch Am: 20.05.2018 13:59:36 Gelesen: 284419# 267@  
Liebe Freunde,

anläßlich unserer JHV (http://www.arge-bayern.net) dieses Jahres durfte ich ja einen Vortrag über die Laufzettel und deren Zustandekommen halten. Der Brief hier aus Fürth vom 19.12.1870 scheint nichts mit dem Verfahren der Laufzettel zu tun zu haben und doch sehe ich ihn im Kontext zu einem später auszustellenden in Bamberg. Der Text lautet wie folgt:

Unter Bestätigung unseres Ergebenen vom 10. d(ieses Monats) wollen wir nicht unterlassen, Ihnen mitzutheilen, daß die uns am 2. d(ieses Monats) facturirte Sendung, die am 8. d(dieses Monats) von doren abgegangen sein soll, bis heute noch nicht in unseren Besitz gelangte & wollen Sie doch gefl(issentlich) recherchiren lassen, ob die Waare nicht in Bamberg liegen blieb, da wir eine so lange Verschleppung nichit erklären können, wenn die 2 Ballen am 8. wirklich abgegangen sind.

Hochachtungsvoll!




Von Bamberg nach Fürth waren es auch 1870 nur 97 Kilometer. Eine Sendung hätte wohl kaum mehr als ein paar Stunden benötigt, um von da nach dorthin zu kommen. Es darf also davon ausgegangen werden, dass eine Sendung mit Abgang in Bamberg am 8.12.1870 spätestens am 9.10.1870 dort eingeschlagen wäre. Da sie, wie wir aus diesem Brief wissen, am 19.12.1870 noch immer nicht angekommen war, ist ein Verschulden der Post offensichtlich. Gerade hierfür war dieser Brief richtig, konnte die Mechanische Baumwoll - Spinn- & Weberei in Bamberg nun mit ihm und ihrem Postschein an den Schalter treten und die Abfertigung eines kostenlosen Laufzettels verlangen. Ohne dieses Schreiben hätte man einen kostenpflichtigen Laufzettel für 7 Kreuzer auf die Reise schicken müssen.

Dergleichen Schreiben sind heute äußerst selten und blieben kaum erhalten. Ein schöneres als dieses kann ich mir nicht vorstellen, zumal die blauen Unterstreichungen vom Bamberg eindeutig sind und der ganze Brief so frisch wie gestern geschrieben daher kommt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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