Thema: Realauktion: Warum erfolgt der Zuschlag immer knapp unter Höchstgebot ?
bayern klassisch Am: 04.06.2018 15:28:05 Gelesen: 16177# 27@  
@ ligneN [#26]

Hallo ligneN,

vlt. habe ich das nicht vollständig erklärt mit der sog. "inneren Auktion" durch einen Kommissionär.

Der Kommissionär hat 5 Gebote für ein Los mit 500 Euro Ausruf vorliegen:

500, 600, 700, 800, 900 und 1.000.

Außer ihm bzw. seinen Kunden will das Los keiner kaufen. Dann hebt er die Hand und bekommt für 500 Euro den Zuschlag.

Er kann jetzt hingehen und seinem 5. Kunden sagen: Das habe ich für dich für 950 Euro ersteigert und es wäre dann so, als wären alle 5 Kunden im Saal "live" dabei gewesen, wenn wir mal 50 Euro Steigerungsstufen unterstellen.

Er kann aber auch sagen, dass Kunden Nr. 5 das Los für exakt die 500 Euro bekommt, für die er es auch zugeschlagen bekommen hat. Die Kunden 1 bis 4 tröstet er intern mit dem Hinweis auf ihm vorliegende, wesentlich höhere Gebote und dass sie das Stück sowieso nicht bekommen hätten, auch für 900 Euro, die der 4. geboten hatte, hätte es nicht gereicht.

Früher hat das ein bekannter Bayernprüfer und Kommissionär so gemacht, der vor gar nicht langer Zeit leider verstorben ist.

Aber genau diese Variante hatte den Vorzug, dass ein spezialisierter Kommissionär dies alles ausknobeln konnte und so seinen Kunden viel Geld ersparte (und selbst vom Kunden weniger bekam, denn der zahlte zwischen 2 und 3% für seine Tätigkeit), denn wenn der eine Kunde mal nichts bekam, weil einer intern viel mehr geboten hatte, konnte er bei einem anderen Los der Glückliche sein, weil der Kommissionär andere mit niedrigeren Geboten nicht intern berücksichtigt hatte.

Heute scheint es mir aber so zu sein, dass es so läuft, wie du es beschrieben hast - wer am meisten bietet, bekommt es zu dem Preis, der auch im Saal bei Anwesenheit aller Bieter erzielt worden wäre. Besser für den Kommissonär, besser fürs Auktionshaus, besser für den Einlieferer, schlechter für die Kunden des Kommissionärs, die alle mal auf Platz 1 bis 5 stehen konnten, je nachdem.

Da ich selbst mehrere Auktionatoren persönlich kenne und seit über 35 Jahren Kunde zahlreicher Auktionshäuser bin, kenne ich die Usancen des Geschäfts ganz gut - weniger gut im Ausland natürlich. Ich habe auch das Glück, einige wirklich gute und professionelle Kommissionäre zu kennen, die für mich immer gute Dienste taten und wenn nicht sie selbst, so gaben sie meine Aufträge an andere, befreundete Kommissionäre weiter, die dann für mich tätig wurden.

Ich sitze auch gerne selbst im Saal, aber viel Hundert Kilometer gönne ich mir nur in ganz seltenen Fällen, aber nett ist es immer, weil die Materie Philatelie ohne die Materie Mensch nicht auskommt und gute, persönliche Kontakte sind oft mehr Wert, als Zuschläge mit, oder ohne Aufgeld. :-)

Aber wem sage ich das ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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